Prinzipiell bin ich ein starker Gegner von Kastrationen aus Bequemlichkeit und mache daher immer wieder auf Komplikationen im Verhalten oder Gesundheitsrisiken aufmerksam, sodass die Thematik den meisten schon ziemlich zum Hals heraus hängen dürfte. Diesmal gehts aber um die andere Seite.

Unbestritten ist die Kastration leider bei manchen Hunden nötig, um ihnen ein Weiterleben zu ermöglichen und/oder das Wachstum von Streunerpopulationen einzudämmen und damit großes Leid zu vermeiden. Auch bei der Haltung von Kleintieren ist eine Kastration oft die einzige Möglichkeit, um verträgliche Gruppen zu bilden.
Die Kastration von Freigängerkatzen ist darüber hinaus in Österreich seit einigen Jahren gesetzlich geregelt und aufgrund ihrer Biologie leider ebenfalls nötig.
Bundestierschutzgesetz Tierhalteverordnung § 12 (Mindestanforderungen für die Haltung von Katzen), Punkt 10:
“Werden Katzen mit regelmäßigem Zugang ins Freie gehalten, so sind sie von einem Tierarzt kastrieren zu lassen, sofern diese Tiere nicht zur kontrollierten Zucht verwendet werden oder in bäuerlicher Haltung leben”.
Bisher gab es als dauerhafte Lösung nur die chirurgische Kastration, die vergleichsweise aufwendig und kostenintensiv ist und ein nicht unerhebliches Narkose- und Infektionsrisiko für das Tier mit sich bringt. Besonders in Tierheimen mit niedrigen Standards und bei Streunerprojekten ist die chirurgische Kastration problematisch.
Seit einigen Jahren wird an nicht-chirurgischen Lösungen zur Unfruchtbarmachung gearbeitet und die Ergebnisse einer italienischen Studie zu Calciumchloridinjektionen wurden vor einiger Zeit veröffentlicht.

Worum gehts?
Ganz kurz: Injektionen mit Calciumchlorid machen die Rüden/Kater/männliche Säuger (ich denke da besonders auch an Kaninchen, Ratten, Meerschweinchen, Mäuse usw.) dauerhaft unfruchtbar und reduzieren den Testosteronspiegel auf eine ähnliche Art wie die chirurgische Kastration (um 63-85%), was die in manchen Fällen gewünschte Verhaltensänderung (weniger Streunen bei Katern, weniger Revierkämpfe allgemein, reduziertes Sexualverhalten etc.) bewirkt.
Die Methode ist sehr kostengünstig, überall durchführbar, an die Komponenten (Calciumchlorid, Ethanol) kommt jeder TA auch in strukturschwachen Gegenden mit Leichtigkeit und man spart so Ressourcen für wichtigere Operationen.
Die Methode kann aber nur Verbreitung finden, wenn man das Wissen darum verbreitet – deshalb möchte ich euch die folgenden Links ans Herz legen und euch bitten, sie an die entsprechenden Stellen in Organisationen und Vereinen weiterzuleiten.
Allgemeine und sehr umfassende Infos
Ansonsten bleibe ich weiterhin dabei, dass Hunde, die in die Vermittlung gehen, nicht zwangsweise kastriert werden sollten und der Durchschnitts-Familienhund auch aus rechtlicher Sicht eigentlich nur aus einem Grund kastriert werden dürfte – wenn es medizinisch unumgänglich ist. Die Gesetzeslage ist bei Hunden nämlich ganz anders als bei Katzen, zu Recht, denn auch ihre Fortpflanzungsbiologie ist eine andere und eine Kastration ein folgenschwerer Eingriff.
Dazu laufend aktualisiert der obligatorische Link zur Hauptseite: http://www.lobito-azul.at/gesundheit/kastration-eine-entscheidungshilfe/
Nachtrag 29.11.2014: Ein Artikel im Wall Street Journal, Too Many Dogs: A Simple Solution
A cheap, quick, relatively painless procedure could make a big dent in overpopulation. What’s stopping it?
