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MDR1-Defekt beim Windhund? Nein!

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In den vergangenen Tagen wurde sehr fleißig ein ĂŒber 10 Jahre alter Artikel verbreitet, der fĂŒr viel Verunsicherung gesorgt hat. Wieder mal.
Er heißt „Neues zum MDR1-Defekt“ von Dr. med. vet. Anna Laukner und es steht prinzipiell nichts Unwahres darin, aber sehr wohl etwas an ĂŒberholtem Wissen.
Und weil ich langsam ein wenig mĂŒde werde, immer wieder die passenden Links herauszusuchen, um die Leute aufzuklĂ€ren, fasse ich jetzt einfach mal alles zusammen.

Was ist denn nun genau so aufregend an diesem Artikel?
Diese Passage:

Möglicherweise betroffen sind auch die folgenden Rassen: Australian Terrier, Australian Kelpie, Australian Cattle Dog, Barsoi, Grey­hound, Irish Wolfhound und Belgischer SchĂ€ferhund. Dr. Geyer begrĂŒndet dies mit der genetischen Verwandtschaft zu den Collie-Rassen.

Wie kam Dr. Geyer, der im Artikel zitiert wird, zu dieser Annahme?
Anfang der 2000er begann man damit, die Entstehungsgeschichte der Hunderassen mittels genetischer Untersuchungen, und nicht mehr nur durch historische Berichte, genauer nachzuvollziehen.
2005 erschien zum Beispiel eine Arbeit mit dem schönen Titel „The canine genome“ und darin wurden die untersuchten 85 Hunderassen bereits in 4 Cluster eingeteilt – Asian/Ancient, Herding, Hunting und Mastiff.
Und, siehe da, einige der Windhundrassen fanden sich im Herding-Cluster und nicht im Hunting-Cluster.
Es waren dies der Barsoi, der Grey und der IW.

Structure analysis of 85 dog breeds. Cluster results from a structure analysis of 414 dogs from 69 breeds and based on 96 microsatellite markers. Each breed was usually represented by five dogs, and all dogs were unrelated to one another at the grandparent level.

http://genome.cshlp.org/content/15/12/1706.full

Heute gibt es natĂŒrlich viel feinere Analysen, allein Loris Analyse bei MyDogDNA umfasst mehr als 20.000 solche Marker (SNPs) und in wenigen Monaten werden auch Analysen mit 180.000 Markern fĂŒr jeden erschwinglich sein.
Damals war das aber der Stand der Dinge und so viel hat sich am Ergebnis nicht geĂ€ndert, 2017 wurde eine neue Studie mit 161 Rassen veröffentlicht und es zeigt sich, dass auch bei ĂŒber 150.000 analysierten SNPs die HĂŒtehunde und die Windhunde sehr, sehr nahe verwandt sind (hellgrĂŒn).


http://dx.doi.org/10.1016/j.celrep.2017.03.079

Wer sich ein bisschen mit Lurchern oder auch nur ein bisschen mit britischen HĂŒtehunden oder der Herkunft von HĂŒteverhalten und Jagdverhalten beschĂ€ftigt, fĂŒr den wird das keine Überraschung sein.
Sie harmonieren ja auch super, meine kommen alle sehr gut aus mit Collies, Border Collies und Aussies 😉

Lori und Boder Collie Lee (Arbeitslinie, 12kg) laufen und raufen nahezu ebenbĂŒrtig miteinander.

Was kam bei den weiteren Untersuchungen von Dr. Geyer heraus?
Die Antwort findet sich bereits im Titel des Beitrags: Windhunde tragen keine Mutation des MDR1-Gens!
Is so, da muss man nicht diskutieren und das weiß man schon seit 2010.

The study included dog breeds that show close genetic relationship or share breeding history with one of the predisposed breeds but in which the occurrence of the MDR1 mutation has not been reported. The breeds comprised Bearded Collies, Anatolian Shepherd Dog, Greyhound, Belgian Tervuren, Kelpie, Borzoi, Australian Cattle Dog and the Irish Wolfhound. The MDR1 mutation was not detected is any of these breeds, although it was found as expected in the Collie, Longhaired Whippet, Shetland Sheepdog, Miniature Australian Shepherd, Australian Shepherd, WĂ€ller, White Swiss Shepherd, Old English Sheepdog and Border Collie with varying allelic frequencies for the mutant MDR1 allele of 59%, 45%, 30%, 24%, 22%, 17%, 14%, 4% and 1%, respectively.

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20655253

Die Ausnahme bilden eben Silken Windsprite (noch immer gelegentlich als Langhaarwhippet bezeichnet und auch in der Arbeit als solche gefĂŒhrt, da damals die Sache mit dem Namen noch nicht so klar war 😉 ) und der Silken Windhound, bei beiden aufgrund der HĂŒtehundeinkreuzung.
Mit 45% lagen die getesteten „Langhaarwhippets“ damals auch an zweiter Stelle, wie genau aktuell die Verteilung innerhalb der Rasse aussieht, weiß ich nicht. Da die Gentests auf den MDR1-Defekt aber schon einige Jahre verpflichtend sind, gibt es sicherlich grobe Zahlen, die man bei den Zuchtclubs erfragen kann.

Es ist also nichts dran an dem GerĂŒcht und es wundert mich seit Jahren, dass immer wieder so viele langjĂ€hrige Windhundleute darauf anspringen.
Nur weil im Titel das Adjektiv „neu“ zu lesen ist, ist der Inhalt nicht zwangsweise „neu“.
Bitte schaut ein bisschen kritischer hin, wenn ihr etwas teilt.

Vor allem Whippetneulinge sind seit Jahren verunsichert und es ist geradezu unverschĂ€mt, wenn teilweise von Langhaarwhippetleuten bewusst behauptet wird, auch der Whippet wĂŒrde die MDR1-Mutation tragen. Nein, er trĂ€gt sie nicht! Er trĂ€gt ja auch keine CEA 😉
Der sog. Langhaarwhippet ist unzweifelhaft aus einer Kreuzung von Sheltie und Whippet entstanden, daher trÀgt er leider, so wie der genetisch meist identische Silken Windsprite, sowohl die MDR1-Mutation als auch die CEA (Collie Eye Anomaly).
Ich bin froh, dass hier von Seiten der Silken Windsprites offener mit der Abstammung umgegangen wird.

Wer mehr ĂŒber die MDR1-Mutation lesen möchte und auch an aktuellen Publikationen interessiert ist, der möge bitte auf der Homepage der Forschungsgruppe der Uni Gießen unter der Leitung von Dr. Geyer vorbeischauen.
https://www.transmit.de/mdr1-defekt/index.html

Und jetzt mal schauen, wie oft ich diesen Beitrag in den kommenden Jahren verlinken muss
 😉


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Suprelorin – mehr als nur ein „Kastrationschip“

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Da ich immer wieder zu den Einsatzbereichen von Suprelorin befragt wurde und es neulich Thema einer ZĂŒchterschulung war, möchte ich dem Wunsch nach einem kurzen Beitrag heute gerne nachkommen.

Die chemische Kastration hat in der Tiermedizin bereits eine lange Tradition.
Vor 30 Jahren ließ mein Vater unseren MalamuterĂŒden mit einer „Kastrationsspritze“ vorĂŒbergehend unfruchtbar machen, das Ergebnis könnt ihr hier bewundern:

Mein Vater stieg daraufhin auf die Sterilisation des RĂŒden (Vasektomie) um, eine noch Ă€ltere, effektivere und nebenwirkungsĂ€rmere Form der Unfruchtbarmachung 😉

Die alten „Hormonspritzen“ sind kĂŒnstliche Geschlechtshormone, die die Rezeptoren blockieren bzw. die Wirkung der körpereigenen Geschlechtshormone aufzuheben versuchen. Die AusdrĂŒcke „LĂ€ufigkeit wegspritzen“ oder „Pille“ und „3-Monats-Spritze“ fĂŒr die HĂŒndin sind ebenso gelĂ€ufig und Hormonspritzen wirken, indem die LĂ€ufigkeit oder der Eisprung unterdrĂŒckt werden.
Mit Suprelorin haben diese Hormonspritzen jedoch nichts zu tun und das ist wichtig zu erwĂ€hnen, denn mit Recht sind diese Methoden als unsicher und nebenwirkungsreich (Tumore, Zystenbildungen, GebĂ€rmutterentzĂŒndungen usw.) verschrien.

Das Suprelorin-Implantat mit dem Wirkstoff Deslorelin wird hĂ€ufig als Kastrationschip fĂŒr RĂŒden bezeichnet und die Art der Applikation erinnert auch an den Chip, den mittlerweile ja alle unsere Hunde tragen sollten.
Man setzt das weiße, lĂ€ngliche und 1,2cm bzw. 2,4cm große Implantat nĂ€mlich mit einer scharfen KanĂŒle unter die Haut des Hundes, und zwar zwischen die SchulterblĂ€tter, wo es ĂŒber Monate bis Jahre hinweg seinen Wirkstoff abgibt und sich irgendwann auflöst. Also meistens.
Der etwas kleinere Transponder/Chip aus Glas zur Identifikation des Hundes wird auf die selbe Art links oder rechts am Hals platziert und macht dort gar nichts, außer manchmal zu wandern.
Das Suprelorin-Implantat kann dagegen sogar noch mehr, als nur einen RĂŒden unfruchtbar zu machen und den Testosteronspiegel zu senken, ihn also chemisch zu kastrieren.
Deshalb ist die Bezeichnung „Kastrationschip“ fĂŒr mich nicht wirklich stimmig und ich werde den Begriff „Implantat“ verwenden, es meint aber das selbe Produkt.

Vergleich Chip und Implantat
Vergleich Chip und Implantat

Zuerst möchte ich kurz erklÀren, wie Deslorelin wirkt, damit ihr die Anwendungsmöglichkeiten auch nachvollziehen könnt:

Deslorelin ist ein GnRH-Analogon bzw. GnRH-Agonist, das heißt, es ist eine kĂŒnstliche Form des Hormons GnRH und wirkt im Körper wie dieses, allerdings ca. 150-fach stĂ€rker als natĂŒrliches GnRH!
GnRH ist ausgeschrieben noch viel umstĂ€ndlicher auszusprechen, nĂ€mlich gonadotropin releasing hormone, und wichtig ist eigentlich nur zu wissen, was der Name aussagt: GnRH wirkt im Gehirn, indem es die Hypophyse (eben eine HormondrĂŒse) anregt, die Hormone FSH und LH auszuschĂŒtten. FSH (Follikelstimulierendes Hormon) und LH (Luteinisierendes Hormon) regulieren die Produktion von Eizellen (eben Follikeln) und Spermien und die der Geschlechtshormone Östrogen und Testosteron.

Und damit sind wir auch schon bei einem Knackpunkt: Deslorelin wirkt bei beiden Geschlechtern!

Der Rest ist schnell erklÀrt:
Durch einen Überschuss an kĂŒnstlichem GnRH reduzieren sich die Rezeptoren fĂŒr GnRH in den dafĂŒr empfĂ€nglichen Zellen und es wird weniger FSH und LH produziert, demnach eben auch weniger Sexualhormone. Der RĂŒde produziert keine Samen, die HĂŒndin hat keinen Zyklus mehr. Man nennt das GnRH-(Rezeptor-)Downregulation, also ein „Herunterschrauben“ der GnRH-Rezeptoren und GnRH-Produktion. Es kommt zur Suppression der Hypophysen-Gonaden-Achse, was auf gut Deutsch die UnterdrĂŒckung des Regelkreises zwischen Hypophyse und Gonaden (das sind die KeimdrĂŒsen, Eierstöcke und Hoden) meint.
Davor kommt es allerdings zu einem extremen Anstieg der Sexualhormone, da ja erst mal viel neues GnRH im Körper zirkuliert und viel FSH und LH freigesetzt wird. Dieser Peak findet in den ersten 4-6 Wochen nach dem Setzen des Implantats statt und nachdem ich ihn vor bald 8 Jahren selbst bei einem RĂŒden getestet habe, kann ich bestĂ€tigen: HypersexualitĂ€t tritt auf 😉
Wie dieser Mechanismus bei HĂŒndinnen genutzt wird, beschreibe ich weiter unten.
Je nach Wirkstoffmenge und GrĂ¶ĂŸe des Hundes (plus anderer, individueller Faktoren) wirkt das Implantat 6-12 Monate oder sehr viel lĂ€nger!
Ist der Wirkstoff aufgebraucht, lÀuft die körpereigene Hormonproduktion wieder an, die Hunde werden im Regelfall wieder normal fruchtbar.
Wie bereits erwÀhnt, löst sich das Implantat theoretisch vollstÀndig auf, was aber bei manchen Hunden sehr lange dauern kann. LÀnger, als die Wirkung anhÀlt.

Die aktuelle Zulassung bezieht sich zwar auf den Einsatz bei RĂŒden, Katern und mĂ€nnlichen Frettchen, doch die Anwendung bei weiblichen Tieren ist dennoch möglich und seit Jahren auch ĂŒblich. Neben Heimtieren werden auch Zootiere oft hormonell ruhiggestellt, um Gruppenhaltung zu erleichtern und dennoch zu einem spĂ€teren Zeitpunkt wieder auf „das Genmaterial“ zugreifen zu können. Sogar HĂŒhner werden damit behandelt, sie hören dann auf, Eier zu legen.
Beim Menschen werden GnRH-Analoga hauptsĂ€chlich bei der Frau eingesetzt, es ist also ein wirklich gut untersuchter Mechanismus, der der Anwendung von Suprelorin zugrunde liegt und er ist bedenkenlos auch bei der HĂŒndin möglich, insofern man generell keine Bedenken hat.
Dass ein Produkt vor allem in der Tiermedizin nicht immer fĂŒr jede mögliche und sinnvolle Anwendung zugelassen ist, hat auch den Grund, dass so ein Zulassungsverfahren aufwendig und teuer ist. Die Anwendung ohne Zulassung nennt man Off-Label Use und ich bin mir ziemlich sicher, dass auch die allermeisten von euch schon Medikamente off-label bekommen oder verabreicht haben. Mir fallen fĂŒr mich zumindest auf Anhieb eine ganze Reihe ein. Daran ist also nichts schlimm oder verwerflich und ich wiederhole: Suprelorin kann bei beiden Geschlechtern zur Anwendung kommen und es ist so sicher (sprich nebenwirkungsarm oder nebenwirkungsreich), wie eine chemische Kastration eben sicher sein kann.

Wozu kann man Suprelorin nun nutzen?

1. Zur vorĂŒbergehenden Unfruchtbarmachung von RĂŒde oder HĂŒndin, wobei man bei der HĂŒndin den Zeitpunkt des Setzens beachten muss, um keine LĂ€ufigkeit auszulösen (Implantation im Metöstrus!).
Die Wirkung hĂ€lt bei RĂŒden oft deutlich lĂ€nger als 12 Monate an, bei HĂŒndinnen kann sich eine LĂ€ufigkeit um bis zu 27 Monate verschieben.
Vorsicht ist geboten, wenn die HĂŒndin bereits Zysten an den Eierstöcken hat. Durch die hormonelle Stimulation kann es zum Anwachsen der Zysten, in Folge auch zu DauerlĂ€ufigkeiten und zu einer GebĂ€rmutterentzĂŒndung/Pyometra kommen, die ja eigentlich hormonell bedingt und nicht, wie manchmal angenommen wird, auf eine Infektion zurĂŒckzufĂŒhren ist. Zysten treten vor allem bei Ă€lteren HĂŒndinnen auf, aber manchmal auch bei jungen, was vorher abgeklĂ€rt werden sollte.

2. Zur Induktion einer LĂ€ufigkeit bei der HĂŒndin.
Durch die anfĂ€nglich verstĂ€rkte Freisetzung von FSH und LH kommt es beim Setzen des Chips im Anöstrus zu einer vorgezogenen LĂ€ufigkeit mit Eisprung, das heißt, die HĂŒndin kann gedeckt werden und ist fruchtbar. Danach muss jedoch das Implantat wieder entfernt werden, denn sonst tritt ja die negative RĂŒckkopplung ein. Auch hier gilt der Hinweis zu Zysten, DauerlĂ€ufigkeiten und Pyometra. Anders herum kann bei einer hormonell ruhiggestellten HĂŒndin durch die Entfernung des Implantats eine LĂ€ufigkeit induziert werden und der Deckakt kann terminlich gut passend durchgefĂŒhrt werden.

3. Zur Verschiebung der PubertÀt und damit der Geschlechtsreife.
Dazu muss das Implantat sicherheitshalber bereits im Alter von 4 Monaten gesetzt werden, da es sonst uU eine verfrĂŒhte PubertĂ€t/LĂ€ufigkeit auslöst. Das hat jedoch weitreichende Konsequenzen fĂŒr die körperliche und geistige Entwicklung des jungen Hundes, einige davon sind nicht wieder aufzuholen oder zu reparieren. Theoretisch ist es jedoch möglich, eine junge HĂŒndin mit 4 Monaten mit Suprelorin zu behandeln und wenn die Wirkung des Implantats nachlĂ€sst, bekommt sie ihre erste LĂ€ufigkeit bereits in einem Alter, indem man sie laut Zuchtverband decken lassen darf.

4. Bei ProstatavergrĂ¶ĂŸerungen und gutartigen ProstataverĂ€nderungen beim RĂŒden.

5. Zur Verbesserung der SamenqualitĂ€t beim RĂŒden, nach einem „Reset“ kann diese besser sein als vorher.

6. Als „Kastration auf Probe“, um zu testen, ob gewĂŒnschte oder unerwĂŒnschte Wirkungen eintreten.

7. Zur Behandlung von kastrationsbedingter Inkontinenz, FellverÀnderungen, WesensverÀnderungen und ggf. anderer Nebenwirkungen der Kastration.
Das ist nur auf den ersten Blick paradox. Da bei der Kastration nur die KeimdrĂŒsen (wir erinnern uns –> Gonaden = Eierstöcke/Hoden) entfernt werden, produziert der Körper weiterhin FSH und LH, er will also Sexualhormone bilden. Schließlich melden die zustĂ€ndigen Stellen „Zu wenig Testosteron/Östrogen vorhanden!“, also versucht er diesen Mangel auszugleichen. Da Sexualhormone nicht nur in den KeimdrĂŒsen gebildet werden, sind andere Gewebe nun aktiver, z.B. die Nebennierenrinde.
Das ist auch der Grund dafĂŒr, dass bspw. HĂŒndinnen mit einem hohen Testosteronspiegel (gerne als RĂŒdinnen bezeichnet 😉 ) nach der Kastration noch deutlich rĂŒdenhafter und durchaus problematischer in ihrem Verhalten werden. Der Körper produziert nun ungehemmt vom Gegenspieler Östrogen u.a. in der Nebennierenrinde das Hormon Testosteron, es kommt zu einer VermĂ€nnlichung.
Aber man kann durch den Einsatz von Suprelorin diese Entgleisungen und die entsprechenden Nebenwirkungen reduzieren.
Insbesondere Harninkontinenz ist ein belastendes Problem fĂŒr Mensch und HĂŒndin, die genauen Ursachen der kastrationsbedingten Inkontinenz sind dabei jedoch unterschiedlich. Die Folgen sind neben der eigentlichen Inkontinenz leider auch chronische BlasenentzĂŒndungen, die sich auf die Nieren ausweiten können, und ScheidenentzĂŒndungen durch die chronisch gereizte Schleimhaut. Je nach Ursache kann aber auch hier Suprelorin helfen, indem es die BlasenkapazitĂ€t verbessert/erhöht, was bei 50% der HĂŒndinnen in den gemachten Untersuchungen der Fall war.

Wie empfehlenswert alle diese Anwendungsbereiche sind, muss jeder selbst fĂŒr sich entscheiden. Die Recherche im Internet bringt Informationen en masse, man sollte jedoch auf die SeriösitĂ€t der Quellen achten. Die Schweizer waren schon vor Jahren ziemlich aktiv, weshalb eine sehr gute Zusammenfassung mit umfassender Literaturangabe diese hier ist: Der Einsatz von Deslorelinazetat (SuprelorinÂź) in der Kleintiermedizin von Palm/Reichler, Klinik fĂŒr Fortpflanzungsmedizin der UniversitĂ€t ZĂŒrich
Noch detaillierter kann man Einsatzgebiete bei intakten und kastrierten Hunden und Katzen hier nachlesen: Klick!
Da beim letzten ZĂŒchterseminar des ÖKWZR vom Referenten, Mag. Wolfgang Brynda (Tierarzt und fĂŒr den Hersteller Virbac tĂ€tig), recht ausfĂŒhrlich ĂŒber die Anwendungsbereiche in der Zucht (Induktion der LĂ€ufigkeit, vorĂŒbergehende Unfruchtbarmachung, Verbesserung der SamenqualitĂ€t und Verschiebung der PubertĂ€t) informiert wurde, wĂŒrde ich mich bei Interesse an Virbac oder an den Tierarzt meines Vertrauens wenden und Informationen anfordern.
Dass Suprelorin neben der vorĂŒbergehenden Unfruchtbarmachung des RĂŒden auch noch zahlreiche andere Einsatzgebiete hat, ist eigentlich schon seit Jahren bekannt. Bereits 2010 habe ich in meinem Text zur Kastration auf der Hauptseite darauf hingewiesen, dass Suprelorin die Nebenwirkungen der Kastration teilweise reduzieren kann. Dennoch zeigt sich immer wieder, dass Halter betroffener Kastraten nichts davon wissen, was schade ist.

Zum Schluss noch diese Anmerkungen:
Nebenwirkungen sind bei der Anwendung am intakten Hund selbstverstĂ€ndlich vorhanden und auch zu erwarten. Diese umfassen zu einem großen Teil die ĂŒblichen Nebenwirkungen der Kastration, wie WesensverĂ€nderungen, FellverĂ€nderungen, Harninkontinenz der HĂŒndin, oder eben DauerlĂ€ufigkeit durch hormonell aktive Zysten usw.
Berichtet wird immer wieder auch von anderen Nebenwirkungen, die sich nicht im Beipackzettel oder in den Zusammenfassungen dazu finden.
Zur Inkontinenz ist anzumerken, dass eine Harninkontinenz bei der intakten HĂŒndin unter Suprelorin sehr sicher fĂŒr eine Harninkontinenz auch nach der chirurgischen Kastration spricht. Auch so gut wie alle anderen Nebenwirkungen wĂŒrden bei der endgĂŒltigen Kastration auftreten, sodass man es eben als eine Art Probelauf werten kann.
Wenn es um die Unfruchtbarmachung oder die chemische „FrĂŒhkastration“ geht, ist eine reversible Methode der endgĂŒltigen Kastration vorzuziehen. Die Nebenwirkungen verschwinden hier zumindest grĂ¶ĂŸtenteils wieder, wobei die durch eine chemische „FrĂŒhkastration“ ausgelösten Probleme am Bewegungsapparat oft nicht mehr zu beseitigen sind. Es fehlen dazu aber mehr Daten, zumindest sind mir keine bekannt. Da die Hoden schrumpfen (sie stellen ja ihre AktivitĂ€t ein), muss man bei jungen RĂŒden vor dem endgĂŒltigen Verschluss des Leistenspalts ebenfalls vorsichtig sein, sie können sonst wieder „nach oben“ rutschen und wir haben einen kĂŒnstlichen Kryptorchiden


Die Anwendung von Suprelorin wirft aber auch ethische Fragestellungen auf.
Beim Menschen ist die Anwendung von GnRH-Analoga nur in einem strengen Rahmen möglich und nicht als Daueranwendung, da die Nebenwirkungen sehr schwer sind. Oft werden sie als so unertrĂ€glich empfunden, dass selbst medizinisch dringend notwendige Behandlungen abgebrochen werden oder man eine Add-back-Therapie durchfĂŒhrt, also geringe Mengen Geschlechtshormone zufĂŒhrt. Das schĂŒtzt aber trotzdem nicht vor allen Nebenwirkungen und reduziert andere nur etwas. Hunde bekommen dieses Add-back-Verfahren nicht.
Die Anwendung bei transsexuellen oder intersexuellen Kindern vor der PubertĂ€t fĂŒhrt dazu, dass sie keine sekundĂ€ren Geschlechtsmerkmale ausbilden und erst durch das HinzufĂŒgen weiblicher oder mĂ€nnlicher Sexualhormone ein eindeutiges biologisches Geschlecht entwickeln. Bei Hunden, die Suprelorin vor der PubertĂ€t gesetzt bekommen, behĂ€lt man diesen kindlichen und mehr oder weniger undefinierten Zustand bei.
FĂŒr manche mag es Vorteile haben, einen ewigen Welpen zu halten. Ob wir das Recht haben, einen Hund mental, emotional und körperlich, teilweise sogar kognitiv derart in seiner Entwicklung zu hemmen, darf man sich jedoch ruhig fragen.
Ich möchte jetzt ungerne die Kastration per se ablehnen, denn das fĂŒhrt bei Haltern von Kastraten oft zu Ablehnung und Informationen werden nicht mehr aufgenommen. Aber im Endeffekt basteln wir Menschen uns mit einer chirurgischen Kastration bei beiden Geschlechtern einen hormonell ziemlich entgleisten Körper, und das bezieht sich nicht nur auf Sexualhormone. Die Auswirkungen dieser hormonellen Entgleisung kann ich hier gar nicht alle auffĂŒhren, man kann nĂ€mlich ganze BĂŒcher damit fĂŒllen (z.B. Kastration und Verhalten von Strodtbck/Gansloßer) und es kommen laufend neue Untersuchungen dazu. Aber egal, ob man selbst den Hund kastrieren ließ oder ihn kastriert ĂŒbernommen hat, Suprelorin kann helfen, einige der SchĂ€den etwas in Grenzen zu halten.
Im Falle der Inkontinenz, die leider bei großen Rassen hĂ€ufig auftritt, wĂŒrde ich Suprelorin einer lebenslangen Gabe von Propalin oder Caniphedrin & Co definitiv vorziehen. Selbes gilt fĂŒr FellverĂ€nderungen und andere Nebenwirkungen der Kastration, die gerade bei Tierschutzhunden leider oft nicht aus medizinischen GrĂŒnden vorgenommen wurde. Verschlimmern werde ich daran nichts.
Im Regelfall ist aber der intakte Körper doch der gesĂŒndere Körper.


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Wie aus dem Nichts? Was wir aus Gendefekten lernen könnten

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Seit gestern wird auf FB eine sehr lesenswerte PrĂ€sentation geteilt, die kĂŒrzlich als Vortrag auf dem 1. Greyhound World Congress in Oslo gehalten wurde.
Man könnte jetzt einfach ein Like setzen und den Beitrag teilen, vielleicht noch die Aufforderung „Lesenswert!“ dazupacken und weiter zum TagesgeschĂ€ft ĂŒbergehen.
Aus Erfahrung weiß ich aber, dass das leider nicht unbedingt den gewĂŒnschten Effekt hat – nĂ€mlich mit dem Inhalt auch die zu erreichen, die es nötig hĂ€tten. Es ist natĂŒrlich fraglich, ob das hiermit besser funktioniert, aber weil ich das Thema so wichtig finde und weil steter Tropfen bekanntlich selbst die hĂ€rtesten Steine irgendwann höhlt, möchte ich die Gelegenheit nutzen und einige der darin erwĂ€hnten Aspekte wieder einmal aufgreifen.

Der Vortrag lief unter der Überschrift
Greyhound Neuropathy – what lessons to learn?
und kann mit einem Klick auf den Link im Beitrag heruntergeladen werden. (Macht das, jetzt! 😉 )

Erbliche Neuropathie beim Greyhound – schon wieder so Greyhound-Kram, sollte das Whippetleute ĂŒberhaupt interessieren?
Ja, sehr sogar. Dieser Vortrag sollte fĂŒr alle HundezĂŒchter und fĂŒr gut informierte WelpenkĂ€ufer interessant sein!
Nebenbei bemerkt ist er auch gut aufgebaut und gut verstÀndlich, einzig die Sprache könnte ein Hemmnis darstellen.
Schön wĂ€re außerdem, wenn tatsĂ€chlich etwas gelernt und vor allem angewandt werden wĂŒrde

Zur Vortragenden: Dr.med.vet. Barbara Kessler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Department fĂŒr Molekulare Tierzucht und Biotechnologie der LMU MĂŒnchen, darĂŒber hinaus GreyhoundzĂŒchterin und beteiligt an der Forschung zur Polyneuroptahie beim Greyhound. Genaueres zur Polyneuropathie des Greyhounds und zur Entdeckung der verantwortlichen Genregion findet man ĂŒbrigens hier: A Deletion in the N-Myc Downstream Regulated Gene 1 (NDRG1) Gene in Greyhounds with Polyneuropathy

Es handelt sich bei dieser PrĂ€sentation also um fundiertes Wissen, ernstzunehmende Informationen und AnsĂ€tze 😉

Da die HereditĂ€re Polyneuropathie als AufhĂ€nger dient, kurz ein paar Worte dazu: Die erbliche Polyneuropathie beim Greyhound ist eine neurodegenerative Erkrankung mit  autosomal rezessivem Erbgang, die bereits in einem jungen Alter (etwa ab 3 Monaten) auftritt und unweigerlich zum Tod fĂŒhrt, meist noch im 1., spĂ€testens aber im Laufe des 2. Lebensjahres. Bedingt durch VerĂ€nderungen an den Nervenfasern kommt es zu verschiedenen Symptomen, die anfangs vor allem das Gangbild betreffen, es gesellen sich jedoch rasch weitere neurologische AuffĂ€lligkeiten hinzu, die Muskeln atrophieren, der Hund hat Probleme beim Schlucken, Bellen usw.
Unter „Gesundheit“ kann man hier mehr dazu auf Deutsch lesen: Rumford Greyhounds

Durch den 2009 entwickelten Gentest lassen sich jedoch WĂŒrfe mit erkrankten Welpen verhindern, sodass bei verantwortungsvollem Umgang mit der Mutation heute kein Greyhound mehr daran sterben muss. Bei einem Anteil von etwa 25% TrĂ€gern (1 von 4 Hunden) in der Population war das auch dringend notwendig.
Was jedoch nicht notwendig ist, und da gibt es immer wieder VerstĂ€ndnisprobleme, ist ein vollkommener Ausschluss von TrĂ€gern aus der Zucht. In diesem Fall wĂ€re das eine Katastrophe gewesen, eine enorme EinschrĂ€nkung des Genpools mit unabsehbaren Folgen fĂŒr die Gesundheit der Hunde. Aber auch bei weniger verbreiteten Mutationen kann ein vollstĂ€ndiger Ausschluss von TrĂ€gern zum Auftreten neuer Erkrankungen fĂŒhren, denn ich reduziere damit immer die durch geschlossene ZuchtbĂŒcher ohnehin geringe DiversitĂ€t innerhalb einer Rasse.
An dieser Stelle möchte ich auf diesen Artikel verweisen, in dem ich kurz versucht habe, auf ein paar Grundlagen und die Wichtigkeit genetischer DiversitÀt einzugehen.
Beim Thema Kryptorchismus kommt die Frage nach einem zĂŒchterischen Einsatz von Eltern und Geschwistern immer wieder auf und wie hier bereits ausgefĂŒhrt: Es ist nicht sinnvoll, potentielle TrĂ€ger auszuschließen, erst recht nicht bei komplexen ErbgĂ€ngen mit möglicher Umweltbeteiligung.
Rund 70% der genetisch bedingten Gesundheitsprobleme beim Rassehund sollen durch rezessive Mutationen ausgelöst werden (Quelle: ICB), wir stĂŒnden also direkt vor dem Aus, wĂŒrden wir hier allzu rigoros vorgehen.

Prinzipiell ist der Greyhound nicht die einzige betroffene Rasse, die ursĂ€chlichen Mutationen betreffen jedoch unterschiedliche Gene, sodass man nicht einfach „einen Test fĂŒr alle“ anwenden kann. Es zeigte sich im Rahmen der Forschung auch, dass diese spezielle Mutation nur in Showlinien auftrat, nicht in den untersuchten Rennlinien und nicht in anderen untersuchten Windhundrassen.
Und ab hier kann man nun auch als Whippetmensch bzw. generell als Hundemensch etwas lernen.
Denn wie kommt es zu so einer Verteilung und warum war dieser bereits bei Junghunden auftretende und tödliche Defekt ĂŒberhaupt so weit verbreitet?
Statt der Neuropathie lĂ€sst sich eine beliebige andere Mutation mit rezessivem Erbgang einsetzen, z.B. die Myostatin-Mutation bei den Whippets, die nur in Rennlinien vorkommt (um das Fingerzeigen auf die Showhundezucht gleich mal zu unterbinden), MDR1 bei HĂŒtehunden und deren Verwandtschaft und was es leider noch so alles gibt.

Zwei Hauptursachen fĂŒr die Verbreitung werden in diesem Vortrag genannt:
Die Matadorzucht (bekannt auch der Begriff Popular-Sire-Effekt) und die massive Inzucht zur Produktion immer einheitlicherer Greyhounds mit den gewĂŒnschten optischen Merkmalen.
Dass Inzucht nicht gesund ist und Matadorzucht schÀdliche Effekte mit sich bringt, ist nicht neu. Inzuchttabus gibt es in jeder Gesellschaft und so gut wie alle Tiere und Pflanzen versuchen durch zahlreiche Mechanismen, anatomische bzw. reproduktive Besonderheiten und Verhaltensweisen Inzucht zu vermeiden.
Das wissen wir doch eigentlich alle, oder sollten es zumindest wissen.
Die Geschichte vom Malzhund, die die Genetikerin Irene Sommerfeld-Stur ĂŒbersetzt und auf ihrer Homepage zur VerfĂŒgung gestellt hat, ist ebenfalls bereits seit 20 Jahren im Umlauf.
Aber es ist viel zu vielen Menschen egal, denn entweder hatten sie bisher GlĂŒck und mussten noch keine negativen Folgen dieser Zuchtpraktiken erleben, oder aber, was sehr viel wahrscheinlicher ist, sie fĂŒhren es nicht darauf zurĂŒck.
Als dritte Möglichkeit ist eine gewisse „Wurschtigkeit“ anzufĂŒhren, nicht fĂŒr jeden hat ein Hund den selben Stellenwert und man kann ĂŒber das produzierte Leid hinwegsehen, wenn dafĂŒr Show- oder Sporterfolge winken.

Das hohe Inzuchtniveau innerhalb der Showgreyhoundpopulation rĂŒhrt daher, dass es sich um eine eher seltene Rasse handelt (auf mich wirkt es momentan jedoch, als gĂ€be es eine Tendenz nach oben, denn noch sind Erfolge mit einer so glamourösen und showigen Minderrasse leicht zu holen), die noch dazu schon seit Jahrzehnten quasi nicht mehr mit der riesigen Rennhundpopulation vermischt wurde. Entsprechende Analysen zeigen das ja auch, genetisch sind die beiden Populationen so weit voneinander entfernt, dass man sie als unterschiedliche Rassen werten könnte.
Auch sind die Folgen der Inzucht schon ein wenig ein Problem der reinen Showhundezucht, denn einheitliche Optik erzielt man am schnellsten und effektivsten eben durch Inzucht. ZusĂ€tzlich mĂŒssen Showhunde in der Regel nicht mehr hart arbeiten und Leistung erbringen, also erfolgt auch keine Selektion auf hohe Widerstandskraft und Belastbarkeit. Verschiedene Untersuchungen am Labrador Retriever und an diversen anderen Rassen zeigten, dass Hunde aus Leistungslinien eine höhere genetische DiversitĂ€t aufweisen.

Aber zurĂŒck zur HereditĂ€ren Neuropathie und all den anderen Defektgenen.
Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurde also ein RĂŒde geboren, der diese zufĂ€llige Mutation trug. Es war offensichtlich ein beeindruckender AusnahmerĂŒde und er wurde gerne zur Zucht verwendet, hatte also entsprechend viele Nachkommen. Da es insgesamt nur wenige Showgreyhounds gab und davon noch weniger in der Zucht eingesetzt wurden, darĂŒber hinaus die Inzucht/Linienzucht die Zuchtpraxis der Wahl war und ist, verbreitete sich diese Mutation rasant.
Ein mutiertes Allel zu tragen ist fĂŒr den Hund kein Nachteil, das „gesunde“ Allel sorgt schon dafĂŒr, dass im Körper alles richtig lĂ€uft. Blöderweise sieht so aber auch niemand, dass hier etwas im Verborgenen schlummert. Das wird erst offensichtlich, wenn Welpen mit zwei mutierten Allelen geboren werden, die Krankheitssymptome zeigen. Und auch dann wird in der Regel erst mal abgewartet, ob sich FĂ€lle hĂ€ufen.
Es ist manchmal also schon 5 vor 12, bevor entsprechende Handlungen gesetzt werden.

Diesen Effekt haben wir in so vielen Rassen mit den verschiedensten Defekten, auch beim Whippet. Beim Whippet sind es eben andere Gesundheitsprobleme, am stĂ€rksten auf dem Vormarsch sind wohl autoimmunbedingte Erkrankungen mit allen Facetten und mit nicht weniger drastischen Auswirkungen (ĂŒbrigens kurz erwĂ€hnt im Vortrag).
Anhand betroffener Hunde und deren Pedigrees lĂ€sst sich bei manchen Erkrankungen sehr leicht ein potentieller Vererber finden, dazu muss man als ZĂŒchter jedoch aufmerksam und in der Lage sein, VerknĂŒpfungen herzustellen. Und es braucht Gleichgesinnte, die sich an der Suche nach Informationen beteiligen.
Bei der Myostatin-Mutation lag der Grund fĂŒr die Verbreitung womöglich darin, dass TrĂ€ger der Mutation leistungsfĂ€higer sind als andere. Man wusste anfangs natĂŒrlich nicht, dass die Hunde eine Mutation tragen, insofern kann man keine bösen Absichten unterstellen.
Dass MDR1 und CEA beim Silken Windsprite vorkommen und dort auch viele Tiere TrÀger oder Betroffene waren, liegt daran, dass in einer neuen Rasse zwangsweise sehr viel Inzucht bzw. Inzest betrieben wird, um Merkmale zu festigen. Nur festigt man eben nie nur das, was man sieht, sondern auch das, was noch verborgen ist. Und 50 Jahre spÀter knabbert man noch immer daran.
Beim Dobermann gibt es seit Jahren das Problem mit der DCM (50-60% der Hunde sind betroffen und sterben daran) und der Zuchtverband negiert es, in verschiedenen Retrieverrassen grassieren unterschiedliche Krebsarten und sorgen fĂŒr den frĂŒhen Tod halber bis ganzer WĂŒrfe und Basenjis gingen am Fanconi-Syndrom fast zugrunde, bevor man mit Importen eine Rettungsmission startete. Die Liste lĂ€sst sich fĂŒr jede einzelne Rasse erweitern.
Die Ursachen sind immer identisch, denn es liegt nicht an einzelnen Hunden, es liegt an den Zuchtpraktiken.

Zu sagen, der Whippet wÀre eine gesunde Rasse, ist also ziemlich naiv.
Wir Whippetleute sind auf dem besten Weg, in die selbe Falle zu tappen wie die Greyhoundleute: Wir trennen immer mehr die Show- und Rennlinien voneinander, nutzen auf beiden Seiten einzelne RĂŒden ĂŒbermĂ€ĂŸig oft, achten viel zu wenig auf kleine Warnzeichen, nutzen noch zu selten die Möglichkeiten von Gesundheitsuntersuchungen und Genanalysen und stellen Showerfolge und Millisekunden vor alles andere.

Gelernt haben auch „wir“ bisher noch nichts, das ist das negative Fazit, das man allerdings fĂŒr viele (alle?) Rassen ziehen kann.
Zu oft heißt es noch, „das“ betrifft „uns“ nicht, leider sogar hĂ€ufig „das“ betrifft „mich“ nicht.
Ich empfinde das Beispiel der Polyneuropathie beim Greyhound als recht eindrĂŒcklich geschildert und gut nachvollziehbar.

Folgendes positives Fazit könnte man ziehen: Wir wissen mittlerweile, dass die gewohnten Zuchtpraktiken ganz konkret Leben kosten. Wenn nicht unmittelbar, dann auf mittel- oder langfristige Sicht. Daher sollten wir sie nicht mehr unreflektiert anwenden.
Wir können mittlerweile auf zahlreiche Defektgene testen und die Forschung schreitet rasch voran. Einzig den richtigen Umgang mit Findings und TrÀgern muss man lernen.
Wir können genomische Inzuchtkoeffizienten ermitteln lassen und darauf bei unseren Verpaarungen achten. Das ist einfach, da bleibt nicht viel Interpretationsspielraum.
Wir können mithilfe moderner Methoden auf die genetische Vielfalt achten, sei es generell oder ganz speziell im Bezug auf die fĂŒr das Immunsystem relevanten DLA-Haplotypen. Auch das liefert eindeutige Handlungsempfehlungen.
Wir können DiversitĂ€t auch auf die „alte“ Art und Weise fördern, indem wir Show- und Leistungslinien wieder durchmischen, alte Linien nutzen und uns nicht von Menschen beeinflussen lassen, die das als Nonsens abtun und Hunde aus solchen Verpaarungen als „weder Fisch noch Fleisch“ bezeichnen. (Kleiner Hinweis am Rande: Die Kritiker haben meistens Unrecht, was sie wĂŒssten, wĂŒrden sie ĂŒber den Tellerrand schauen 😉 )
Wir könnten also die Hunde in den Vordergrund stellen und es wĂŒrde uns nichts kosten, außer ein bisschen Mut, in anderen Bahnen zu denken.
Ok, und vielleicht ein paar Euro. Ein Test auf ĂŒber 170 monogene Erkrankungen und die individuelle genetische DiversitĂ€t ist bereits ab 99,- zu haben


Bitte schaut euch also diese PrĂ€sentation an, besucht oder organisiert gar VortrĂ€ge, lest auf den vielen Seiten von Leuten wie Irene Sommerfeld-Stur (oder kauft ihr Buch) oder eben auch The Greyhound Show (die immer wieder interessante Artikel online stellen), dem Institute of Canine Biology usw., nutzt entsprechende Gruppen und fragt, wenn ihr etwas nicht versteht. Wissen ist dazu da, geteilt und angewandt zu werden. Wer sich mit diesen Themen beschĂ€ftigt, tut das im Regelfall erst mal aus purem Idealismus und nicht, weil er sich ĂŒber andere stellen will. In der Hoffnung, dass eben doch der eine oder andere etwas lernt.


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Whippetzucht im DWZRV 2012 -­ 2017: Eine Analyse & Handlungsempfehlungen

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Whippetzucht im DWZRV 2012 -­ 2017

Unter diesem Link findet sich eine Analyse des Zuchtgeschehens im DWZRV (Deutscher Windhundzucht- und Rennverband) aus populationsgenetischer Sicht und unter einer kurzen Bezugnahme auf die Möglichkeiten moderner genetischer Untersuchungsmethoden (genetische DiversitÀt, siehe dazu auch Genomweite DNA-Analysen als Möglichkeiten in der modernen Hundezucht I).

Ich möchte nur kurze Passagen herausgreifen, die ich fĂŒr sehr wichtig halte, empfehle ZĂŒchtern aber dringend, diese Zusammenfassung komplett zu lesen – mehrfach, wenn es sein muss, damit es verstanden und angewandt werden kann!

Welpeninteressenten möchte ich diesen Text ebenfalls ans Herz legen, auch wenn mir bewusst ist, dass es vielleicht ein bisschen viel verlangt ist, dies zusĂ€tzlich bei der ZĂŒchterwahl zu berĂŒcksichtigen. Es muss WelpenkĂ€ufern aber bewusst sein, dass sie maßgeblich dazu beitragen, wie gezĂŒchtet wird.

„Eine populationsgenetische Betrachtung des Zuchtgeschehens beim Whippet und deren Einbeziehung in die Zuchtplanung erscheint höchst sinnvoll, um den Genpool zu erhalten, die Zunahme des Inzuchtgrades zu kontrollieren und die Ausbreitung von Erbkrankheit einzudĂ€mmen.“

Einfach weiterwurschteln wie bisher bringt es nicht.

„Bedenklich ist dagegen der durchgĂ€ngig hohe Inzucht-­Zuwachs ĂŒber 2,5 % in sĂ€mtlichen betrachteten Jahren, mit 65 WĂŒrfen mit einem Inzucht‐Koeffizienten von ĂŒber 6,25%.
(
)
Es ist also davon auszugehen, dass der Inzuchtgrad in der DWZRV-Whippetpopulation noch wesentlich höher anzusetzen ist, als es die Zahlen in diesem Artikel vermuten lassen. Weil die genetische DiversitÀt bzw. der Mangel daran ein wichtige Rolle beim Entstehen von Autoimmun-Erkrankungen spielt, passen diese Ergebnisse zu den inzwischen hÀufiger bei Whippets aufretenden Krankheiten wie Futtermittelallergie, Demodekose oder Symmetrische lupoide Onychodystrophie.
(
)
Da der Inzuchtkoeffizient immer nur eine berechnete SchĂ€tzgrĂ¶ĂŸe ist, geben DNA‐Untersuchungen zur genetischen DiversitĂ€t des Individuums natĂŒrlich wesentlich genauere Auskunft. Dies ist ein Werkzeug, welches zukĂŒnftig intensiver genutzt werden sollte, will man ernsthaft die genetische DiversitĂ€t der im DWZRV gezĂŒchteten Whippets steigern.“

Es wĂ€re also jetzt Zeit, endlich zu handeln. Und zwar kann man folgendermaßen anfangen:

„‱ Verbot der Inzestzucht. Verpaarungen mit einem höheren Inzucht-­Koeffizient als 6,25 % ĂŒber fĂŒnf Generationen sind genehmigungspflichtig.

‱ Festlegung des durchschnittlichen Inzucht-­Koeffizienten fĂŒr die in einem Jahr geborenen Welpen auf maximal 3,5 % (berechnet auf 7 Generationen).

‱ Limitierung der Nachkommen eines Elterntieres auf maximal 5 % der in fĂŒnf Jahren in europĂ€ischen FCI-­LĂ€ndern eingetragenen Welpen dieser Rasse.

‱ Neben diesen rein zahlenbasierten EinschĂ€tzungen und Maßnahmen kann man inzwischen auch auf andere Mittel zurĂŒckgreifen, um die genetische DiversitĂ€t bei den einzelnen Verpaarungen zu erhöhen. Die Nutzung eines DLA-­Haplotypen-­Tests (Feragen, MyDogDNA) als Werkzeug zur Paarungsplanung erscheint höchst sinnvoll.“

Ich handle bereits entsprechend.
Lori (Naturatas Don’t Worry Be Happy) war u.a. die erste in Österreich stehende WhippethĂŒndin, bei der eine Analyse von MyDogDNA durchgefĂŒhrt wurde, wie man auch im Artikel sehen kann.
Hier findet sich der Link zu ihrem Profil: MyDogDNA-Analyse Naturatas Don’t Worry Be Happy

Das heißt nicht, dass meine Welpen gesĂŒnder sein werden als andere, denn mir stehen auch nur die Hunde zur VerfĂŒgung, die andere haben. Wir sitzen alle im selben Boot, schöpfen aus dem selben Genpool und man kann als ZĂŒchter nicht alles kontrollieren. Aber man kann sich MĂŒhe geben und lernen.
Die Bedingungen, unter denen wir Hunde zĂŒchten, haben sich stark geĂ€ndert und zum Teil durchaus verschlechtert. Nicht zuletzt aufgrund der Zuchtpraktiken vergangener Jahrzehnte (siehe auch Wie aus dem Nichts? Was wir aus Gendefekten lernen könnten).
Es freut mich daher sehr, dass Loris ZĂŒchterin und auch die Besitzerin von Loris „Verlobten“ diesbezĂŒglich so eng mit mir in Austausch stehen.
Vielen Dank fĂŒr euer Vertrauen, ohne konstruktive Zusammenarbeit sieht es nĂ€mlich schlecht aus!

Vielleicht möchten auch andere ZĂŒchter zukĂŒnftig die Anregungen umsetzen oder vielleicht möchten sogar ZuchtverbĂ€nde entsprechende Bestimmungen in ihre Zuchtordnungen aufnehmen und mit anderen ZuchtverbĂ€nden kooperieren. Es wĂ€re sehr sinnvoll und wĂŒrde den Zweck eines Zuchtverbandes unterstĂŒtzen.

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Tod durch KĂ€lte – erfrieren Hunde durch kalte Atemluft innerlich?

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Nein!
SelbstverstÀndlich nicht.
Es ist schade, dass diese Meldung bereits so viele Jahre durch das Internet geistert und noch immer Leute darauf hereinfallen oder sie sogar verbreiten.
In den kommenden Tagen soll es wieder einmal sehr kalt werden, also man rechnet mit fĂŒr diese Region der Erde eigentlich ĂŒblichen Nachttemperaturen von -15°C bis -20°C.

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-15°C und Sonne

Das ist ziemlich kalt, aber nicht zu kalt fĂŒr einen ausgiebigen Spaziergang mit Sprinteinlagen. Also lasst eure Hunde in der kommenden Woche ruhig laufen, aber achtet ggf. auf die Pfoten (AbschĂŒrfungen, Schnitte durch Eis oder auch Verletzungen der Sehnen, BĂ€nder, Kapseln durch zu harten Untergrund) und warme Muskeln.

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-5°C und Tendenz fallend

Wann kalt zu kalt wird:
Lungenprobleme aufgrund kalter Luft sind ein großes Thema im Schlittenhundesport und ein großer Kritikpunkt von TierschĂŒtzern. Es ist kein Geheimnis, dass menschliche Wintersportler gehĂ€uft an Erkrankungen der unteren Atemwege leiden. FĂŒr menschliche Wintersportler gibt es daher auch AtemlufterwĂ€rmer, fĂŒr Hunde selbstverstĂ€ndlich nicht. Hunde brauchen das aber im Normalfall auch nicht, als Ausnahme könnte man neben den Schlittenhunden eventuell (!) brachyzephale Rassen nennen, die extrem verkĂŒrzte Schnauzen und deformierte Atemwege haben. Aber selbst da

2002 wurde jedenfalls eine diesbezĂŒglich interessante Arbeit im American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine veröffentlicht, fĂŒr die 59 „elite racing sled dogs“, also absolute Spitzensportler, 24 bis 48 Stunden nach einem 1100 Meilen langen Ausdauerrennen mittels Bronchoskopie untersucht.
Diese Hunde liefen also 9 bis 14 Tage lang bei bis zu -40°C ĂŒber 1770km, oft nachts, und das auf Volllast vor dem Schlitten.
Nach dieser Untersuchung, die verschiedene TS-Organisationen in ihren Protesten zitieren, hatten knapp die HÀlfte der untersuchten Schlittenhunde nach einem Bewerb moderate bis ernste VerÀnderungen in der Lunge.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12231501

Man sollte die SchÀden durch diesen Sport also nicht unterschÀtzen, aber wir reden hier von Temperaturen weit unter dem, was selbst bei uns erwartet wird, und von extremsten körperlichen Leistungen!
Bei -10°C oder auch -15°C mache ich mir bei fitten Hunden noch lange keine Gedanken um die Lungen, da haben sie teilweise nicht einmal einen Mantel oder einen Pulli an.

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-15°C: Auch nach ĂŒber einer Stunde lachen wir noch.

Also, geht Gassi, solange es euch und den Hunden Spaß macht, oder bleibt einfach im Haus, wenn es euch nicht nach draußen zieht. In beiden FĂ€llen werdet ihr es schadlos ĂŒberleben 😉

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Dauerfrost und Pulverschnee ❀
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MyDogDNA, das Breeder Tool und der Genetic Health Index

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Da erfreulicherweise vereinzelt WhippetzĂŒchter dazu ĂŒbergehen, ihre Hunde bei MyDogDNA testen zu lassen, möchte ich kurz etwas zum Genetic Health Index schreiben. Das ist die Zahl, die den Leuten als erstes in die Augen fĂ€llt, mit der viele aber gleichzeitig auch nur wenig anfangen können.


Ich werde daher an dieser Stelle vorgreifen und nicht darauf eingehen, was genau MyDogDNA wie testet, sondern wirklich nur den GHI thematisieren.

MyDogDNA gibt zum GHI eine gute ErklÀrung an:

The Genetic Health Index (GHI) describes the relative health level of the dog’s genome in relation to the other tested dogs in the database, considering both disease test results and measured genetic diversity.
The dog’s GHI is not stable and is likely to change when the number of tested dogs increases. The average dog has a GHI value of 100 – the healthier the dog, the higher the index. For instance, severe inherited diseases, as well as low genetic diversity, would lower the index. The GHI value becomes breed-specific when a sufficient number of dogs have been tested within a breed.
Please note that the GHI value should not be used for breeding selections; mating of two dogs with a high GHI will not necessarily lead to healthier offspring as the dogs might be too closely related. Use the Breeder Tool to evaluate the genetic match and to see the estimated genetic health of the offspring.
The genetic health index does not take into account known inherited diseases within a breed for which there are no DNA tests or any test results obtained outside the database.

Auf Deutsch:
Der Genetic Health Index (GHI) beschreibt das relative Gesundheitsniveau des Hunde-Genoms in Relation zu den anderen getesteten Hunde in der Datenbank, wobei sowohl die Testergebnisse auf Erbkrankheiten als auch die gemessene genetische DiversitĂ€t berĂŒcksichtigt werden.
Der GHI des Hundes ist nicht statisch und wird sich wahrscheinlich Ă€ndern, wenn die Anzahl der getesteten Hunde zunimmt. Der durchschnittliche Hund hat einen GHI-Wert von 100 – je gesĂŒnder der Hund, desto höher der Index. Zum Beispiel wĂŒrden schwere Erbkrankheiten sowie eine geringe genetische Vielfalt den Index senken. Der GHI-Wert wird rassespezifisch, wenn eine ausreichende Anzahl von Hunden innerhalb einer Rasse getestet wurde.
Bitte beachten Sie, dass der GHI-Wert nicht fĂŒr die Zuchtauswahl verwendet werden sollte, die Paarung von zwei Hunden mit einem hohen GHI fĂŒhrt nicht notwendigerweise zu gesĂŒnderen Nachkommen, da die Hunde zu eng verwandt sein könnten. Verwenden Sie das Breeder Tool, um die genetische Übereinstimmung zu bewerten und die geschĂ€tzte genetische Gesundheit der Nachkommen zu sehen.
Der genetische Gesundheitsindex berĂŒcksichtigt keine bekannten Erbkrankheiten innerhalb einer Rasse, fĂŒr die keine DNA-Tests oder Testergebnisse außerhalb der Datenbank vorliegen.

Reicht das jetzt als Info?
Nein 😉

Beim Whippet setzt sich der GHI eigentlich ausschließlich aus der genetischen DiversitĂ€t zusammen, denn außer der sehr seltenen Myostatin-Mutation und der noch viel selteneren Blutgerinnungsstörung Faktor VII-Mangel wurden beim Whippet noch keine Erbkrankheiten nachgewiesen. PFKD gilt als rassespezifische Erkrankung, meines Wissens gibt es jedoch nur zwei bekannte FĂ€lle, und das waren BrĂŒder. Es ist also unwahrscheinlich, dass man hier etwas findet. Das betrifft die Erbkrankheiten in diesem Panel, bitte NICHT generell!
Je höher jedenfalls die DiversitÀt beim einzelnen Hund, desto höher der GHI. Ein Whippet mit durchschnittlicher DiversitÀt von ca. 31% ohne Erbkrankheit hat also einen GHI von 100. Punkt. Nicht Prozent, nicht sonstwas, nur 100.
Liegt seine genetische DiversitĂ€t ĂŒberdurchschnittlich hoch, hat er einen höheren GHI als 100. Liegt sie darunter, ist der Wert niedriger als 100.

Lori hatte einen GHI von 100, ihre genetische DiversitÀt liegt mit 30,7% genau an der Grenze. Da in den letzten Wochen viele Sporthunde getestet wurden, hat sich der Wert aller Whippets jedoch minimal verschoben und sie rutschte auf 99 ab. Kommen in Zukunft wieder mehr Showhunde dazu, wird ihr Wert vermutlich wieder ansteigen, denn Showwhippets haben in der Regel eine geringere DiversitÀt als Rennwhippets (warum, das erklÀre ich mal an anderer Stelle, hauptsÀchlich liegt es aber einfach an der hÀufiger und intensiver praktizierten Linienzucht = Inzucht bei Showhunden).

Das ist damit gemeint, dass der Wert nicht statisch ist, sondern sich mit den neu getesteten Hunden Àndert.

Generell ist anzumerken, dass die genetische DiversitÀt beim Whippet leider bereits vergleichsweise niedrig ist.
Beim Whippet liegt der Median aktuell bei 31,3%.
Bei allen Rassehunden in der Datenbank bei 33,8%.
Bei den Mischlingen bei 43,3%.
Beim Italienischen Windspiel bei 33,7%.
Beim Irish Wolfhound bei 25,2%.
Beim Saluki bei 35,1%.
Und beim Greyhound bei 31,7%.
Etc.

Das deckt sich mit der hier erwÀhnten Analyse und ist nicht gerade erfreulich, zumal man etwas bedenken muss, das vielen nun auch nicht wirklich schmecken wird: Es sind nicht alle getesteten Whippets als reinrassig einzustufen, auch wenn das auf dem Papier vielleicht so steht.
Einige Whippets zeigen eine außergewöhnliche genetische NĂ€he zum Greyhound und eine genetische DiversitĂ€t im Bereich eines Mischlingshundes. Und nein, das geht nicht auf die Entstehung der Rasse zurĂŒck und nein, es handelt sich auch nicht um Einkreuzungen, die vor Jahrzehnten vorgenommen wurden.

Diese Hunde drĂŒcken einerseits die Werte der reinrassigen Hunde etwas nach unten, heben andererseits aber die rassespezifische DiversitĂ€t kĂŒnstlich an und zeichnen damit quasi ein geschöntes Bild.
Es dĂŒrfte in Wahrheit also noch ein wenig schlechter um die genetische Vielfalt innerhalb der Rasse stehen.
Was man dagegen tun kann, kann man z.B. hier lesen.

Was fÀngt man aber nun eigentlich mit diesem Wert an?
Wirklich interessant ist der GHI fĂŒr ZĂŒchter. Denn mittels Breeder Tool lĂ€sst sich unter den getesteten und als Zuchthund registrierten Whippets ein Partner finden, der den eigenen Hund möglichst gut ergĂ€nzt und Nachkommen mit einer vielfĂ€ltigen genetischen Ausstattung erwarten lĂ€sst.
„Erwarteter GHI“ ist diesbezĂŒglich das Stichwort, denn natĂŒrlich kann im Vorhinein nicht gesagt werden, welche Gene ein Welpe nun tatsĂ€chlich in welcher Kombination erhĂ€lt (warum, das steht hier).
Ähnlich wie der COI/Inzuchtkoeffizient gibt das Breeder Tool lediglich einen Anhaltspunkt, allerdings einen, der auf tatsĂ€chlich vorhandenen Genen beruht und nicht auf einer mathematischen Formel.
Interessanterweise lassen sich die im verlinkten Beitrag beschriebenen Unterschiede zwischen Geschwistern mit MyDogDNA direkt zeigen.
Aus dem A-Wurf of Goldenblue, dem Y-Wurf und dem Naturatas B-Wurf finden sich Geschwister in der Datenbank, deren GHI-Werte sich deutlich unterscheiden, so z.B. Aramis 100, Avanne 102, Amber 104.
FĂŒhrt man fiktive Verpaarungen durch, zeigt sich, dass selbst in einem sehr homogenen Wurf mit einem sehr hohen COI von ĂŒber 10% Schwestern unterschiedlich gut zu ein und demselben RĂŒden passen. Das Tool greift also tatsĂ€chlich auf die analysierten Sequenzen zurĂŒck und vergleicht diese mit dem Partner, weshalb es logischerweise sinnvoll ist, vor einem Wurf beide Elterntiere zu testen und nicht nur die Mutter oder den Vater in spe.

Das Tool wird demnach so angewandt: Man klickt auf Breeder Tool oder auf das Herz mit der pink unterlegten Zahl, die angibt, wie viele potentielle Zuchtpartner in der Datenbank vorhanden sind. Die Datenbank sortiert weder Geschwister noch sonstige Verwandte aus, was ich eigentlich ganz sinnvoll finde, denn so sieht man gleich, was bei einer Inzestverpaarung passiert – der GHI sinkt dramatisch ab.

In absteigender Reihenfolge werden also die Partner angezeigt, rechts davon der erwartete GHI der Welpen. Dieser ist besonders hoch, wenn sich die Hunde gut ergÀnzen und die Nachkommen eine gewisse Vielfalt an Genen mitbekommen können.
Ideal fĂŒr eine Wurfplanung wĂ€re diesbezĂŒglich, dass der erwartete Wert der Welpen ĂŒber dem der Eltern liegt. Zumindest sollte er nicht niedriger liegen als bei den Eltern/dem Elternteil mit der niedrigeren DiversitĂ€t.
Das wÀre der Fall, wenn man Hunde verpaart, die entweder tatsÀchlich in den letzten paar Generationen nah miteinander verwandt sind, oder aber zufÀllig sehr Àhnliche Genkombinationen tragen.
Das wollen wir ja vermeiden, daher ist ein Partner mit hohen Werten zu bevorzugen.
NatĂŒrlich wĂ€re das bei einer Verpaarung von Sport- mit Showlinien der Fall, etwas, was schließlich auch immer wieder von Menschen mit einem etwas tieferen VerstĂ€ndnis der Thematik gefordert wird 😉 Es wird dennoch sehr selten durchgefĂŒhrt, auch bei anderen Rassen, wobei ich hier gerne dieses sehr löbliche Beispiel beim Greyhound anfĂŒhren möchte.

Naja, und das war’s auch schon.
Über Herzgesundheit, Augengesundheit, das Wesen oder andere Erkrankungen kann man keine Aussage treffen. Diese Dinge muss ein ZĂŒchter abklĂ€ren, so wie er das immer schon gemacht hat. Oder auch nicht gemacht hat. Nur wenn es um Autoimmunerkrankungen geht, da zeigen Studien beim Italienischen Windspiel, Pudel usw., dass Hunde mit einer höheren genetischen DiversitĂ€t seltener betroffen sind.
Über GrĂ¶ĂŸe, Farbe, Morphologie kann man ebenfalls Aussagen treffen, aber das soll hier nicht Thema sein.

Warum ich es sehr wertvoll und spannend finde: Man sieht unmittelbar die Konsequenzen, die zĂŒchterische Entscheidungen auf die genetische Vielfalt der Hunde haben und man kann Vergleiche mit der Pedigreeanalyse im Whippet Archive anstellen.
Welche Auswirkungen haben ein hoher COI, ein hoher AVK auf die genetische DiversitÀt? Und welche ein niedriger COI und AVK? Bei welchen Hunden zeigt sich das stÀrker, bei welchen weniger stark?
Wie verÀndert sich der niedrige GHI eines Showhundes, wenn man ihn mit einem anderen, nicht verwandten Showhund mit niedrigem GHI kreuzt?
Der kann auf einmal ganz schön ansteigen 🙂
Und das wÀre das, was neben den restlichen Gesundheitswerten und dem Wesen eigentlich zÀhlt.
Denn wer bisher noch nicht verstanden hat, warum Inzucht auf Dauer (und wir zĂŒchten unsere Whippets nun schon seit ĂŒber 100 Jahren „in“!) gefĂ€hrlich ist und warum genetische Verarmung DAS Problem der heutigen Hundezucht ist, dem
 Ja, dem ist natĂŒrlich schon zu helfen, nur erfordert das auch ein wenig Offenheit und Motivation 😉

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KrĂ€uterpesto fĂŒr Hunde

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Im FrĂŒhling nutzen Menschen schon seit vielen Jahrtausenden die frisch austreibenden KrĂ€uter, um NĂ€hrstoffdefizite, die sie im Winter durch die weniger abwechslungsreiche Kost erleiden, wieder auszugleichen und den Körper fit fĂŒr das neue Jahr zu machen.
Viele KrÀuter sind reich an Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und an sekundÀren Pflanzenstoffen, die den Stoffwechsel, die Blutbildung, das Immunsystem usw. anregen und vor allem alternden Hunden oder Hunden mit chronischen Erkrankungen gut tun.

Wichtig ist, dass man auch KrÀuter nicht ohne Anleitung in höheren, also medizinisch wirksamen Dosen verabreicht. Nicht alle sind vollkommen harmlos, daher sollte man sich bei Unsicherheiten Rat holen.

Bei der Brennnessel wĂ€re eine medizinisch wirksame Dosis 1 TL getrocknete BlĂ€tter pro Tag, damit behandelt man Blasen- und Harnwegsinfekte, stillt Blutungen oder regt die Blutbildung und bei sĂ€ugenden HĂŒndinnen den Milchfluss an (also generell ein gutes Kraut fĂŒr HĂŒndinnen, die gerade geboren haben und einen Wurf aufziehen).

1 TL trockenes Kraut ist jedenfalls eine ziemlich große Menge, die man, wie beim BĂ€rlauch oder Knoblauch, nicht mal eben aus Versehen gibt.
Ein bisschen ĂŒberlegen sollte man aber dennoch und auch mal checken, was im eigenen Fertigfutter eventuell an KrĂ€utern enthalten ist 😉
Es gibt zahlreiche PflanzenbestimmungsbĂŒcher und jeden FrĂŒhling auch FĂŒhrungen, KrĂ€uterwanderungen, Exkursionen etc. von UniversitĂ€ten, Volkshochschulen und anderen Bildungseinrichtungen oder von Personen, die in diesem Bereich tĂ€tig sind. Bei den meisten KrĂ€utern gibt es „todsichere“ Bestimmungsmerkmale und es ist kein „Hexenwerk“, essbare von weniger bekömmlichen KrĂ€utern zu unterscheiden.

Zum BĂ€rlauch und dem Knoblauch hatte ich hier vor einigen Jahren etwas geschrieben, zu anderen, fĂŒr Hunde geeigneten KrĂ€utern wĂŒrde ich gerne demnĂ€chst noch etwas schreiben. Mal sehen, ob ich dazu Zeit finde.

KrĂ€uter, die ich regelmĂ€ĂŸig verfĂŒttere, sind: BĂ€rlauch, Brennnessel, Löwenzahn, Spitz- und Breitwegerich, Giersch, Frauenmantel, Brombeere, Himbeere, Erdbeere, BĂ€renklau, Schafgarbe, 
 und KĂŒchenkrĂ€uter wie Pfefferminze, Melisse, Basilikum, Majoran, Oregano, Petersilie, Schnittlauch, Koriander etc.

Diese kommen im Normalfall einfach zusammen mit dem GemĂŒse/Obst in den Mixer und werden zum Fleisch verfĂŒttert.
Alternativ kann man KrĂ€uter trocknen, einfrieren oder ein Pesto zubereiten, so kommt man auch gut ĂŒber den Winter.

Wikipedia sagt, „das (auch: der) Pesto (von italienisch pestare, „zerstampfen“) ist eine pastose, ungekochte Sauce (
)“, fĂŒr mich persönlich ist Pesto aber einfach eine praktische Form der Haltbarmachung und auch ein praktisches ErgĂ€nzungsfutter, das Hunde gerne annehmen. Die meisten Hunde fressen es pur.

Dazu benötigt man nicht mehr als einen guten Mixer oder einen PĂŒrierstab, eine Flasche Pflanzenöl (ich verwende ein gutes Olivenöl und kombiniere mit Kokos- und Leinöl), ca. zwei große SchĂŒsseln KrĂ€uter und die passenden GlĂ€ser mit Deckel.

Zuerst gibt man das Öl in den Mixer, dann nach und nach die KrĂ€uter dazu, bis alles gut pĂŒriert ist, fĂŒllt alles in GlĂ€ser und bedeckt das Pesto mit Öl. Wenn es luftdicht unter Öl liegt, hĂ€lt es im KĂŒhlschrank problemlos mehrere Wochen. Nach der Entnahme immer wieder mit Öl bedecken.

Denkbar einfach.
Ich gebe dann einen Teelöffel pro Tag.

Eine andere Möglichkeit ist, das Pesto in kleinen Formen (z.B. EiswĂŒrfelformen oder Backmatten) einzufrieren. Man kann die kleinen WĂŒrfelchen dann aus der Form lösen und in einem Gefrierbeutel aufbewahren, das spart Platz und lĂ€sst sich leicht dosieren.

Beim Sammeln solltet ihr beachten, dass

  • die KrĂ€uter möglichst nicht feucht vom Regen oder Tau sind. Sonst hĂ€lt das Pesto nicht so gut. Daher auch nicht abwaschen!
  • die KrĂ€uter nicht von gespritzten oder gedĂŒngten Wiesen stammen. Auch sollte nicht in der NĂ€he von Straßen oder von Schutthaufen gesammelt werden, die Pflanzen nehmen schĂ€dliche Stoffe auf, welche sich auch in den BlĂ€ttern anreichern.
  • nur Pflanzen gesammelt werden, von denen ihr sicher wisst, um welche es sich handelt!
  • BlĂ€tter mit Bedacht einzeln gezupft werden. Das dient einerseits der Sicherheit, keine unerwĂŒnschten (= giftigen) Pflanzen mit einzusammeln, und andererseits kann so die Pflanze weiterwachsen und geht nicht ein. Außerdem vermeidet ihr so, Insekten, Schnecken und andere Kleintiere versehentlich zu zerquetschen oder aus ihrem Lebensraum zu entfernen.
  • möglichst wenig BlĂŒten vernichtet werden, da diese von Insekten als Nahrungsquelle genutzt werden.
  • nur frische Triebe oder faserarme Pflanzenteile verwendet werden, sonst streikt der Mixer schnell.
  • nicht einfach unerlaubt von fremden GrundstĂŒcken gesammelt wird. Gut wĂ€re, wenn man das EinverstĂ€ndnis hat oder zumindest bekannt ist, dass das Sammeln geduldet wird.

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Loris Augenuntersuchung

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Als Vorbereitung fĂŒr Loris ersten Wurf waren wir heute in Oberalm bei Dr. Hannes Meissel, der im In- und Ausland fĂŒr seine herausragende Kompetenz beim Thema Augen bekannt ist. Ich habe das GlĂŒck, nur exakt 50km Anreise bewĂ€ltigen zu mĂŒssen, aber ich kenne auch Hundehalter, die von sehr viel weiter zu ihm kommen, z.B. aus SĂŒdtirol.

Dr. Meissel ist Mitglied im Arbeitskreis VeterinĂ€r Ophtalmologie (AKVO), im European College of Veterinary Ophthalmologists (ECVO), der European Society of Veterinary Ophthalmology (ESVO) und der Fortbildungsgemeinschaft VeterinĂ€rophthalmologie (FVO) und die Untersuchung wurde nach entsprechenden Standards durchgefĂŒhrt.

Ergebnis: Lori ist frei von allen getesteten Augenerkrankungen 🙂
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In 1-2 Jahren wird die Untersuchung wiederholt.

Warum ist eine Augenuntersuchung vor dem Zuchteinsatz wichtig?

Whippets sind nicht stark von Augenerkrankungen betroffen, dennoch sind mir einige FĂ€lle von erblich bedingten Augenerkrankungen bekannt, die bereits in jungen Jahren zur Erblindung fĂŒhrten oder aber nur mittels kostspieliger Operationen behoben werden konnten. Sowohl Show- als auch Rennlinien sind betroffen und die familiĂ€re HĂ€ufung ist, neben der Tatsache, dass der Erbgang auch bei anderen Rassen sehr gut untersucht ist, leider der Beweis fĂŒr eine erbliche Ursache.
Vor allem PRA oder Kararakte und Glaukome kommen vor.

Eine Studie aus Brasilien (2016) zeigte, dass von 51 routinemĂ€ĂŸig untersuchten Whippets erschreckende 16 Hunde an einer erblich bedingten PRA erkrankt waren!

Bei der PRA handelt es sich um das Absterben der Netzhaut und sie fĂŒhrt so gut wie immer zur Erblindung, oft schon frĂŒh im Leben eines Hundes. Eine Behandlung ist nicht möglich.

Die Pedigree-Analyse sprach fĂŒr einen autosomal-rezessiven Erbgang.

Die Retinadystrophie, die hier beim Whippet beschrieben wird, hat einen einzigartigen PhĂ€notyp, gekennzeichnet durch einen initialen Mangel an P-Wellen im ERG, die Entwicklung von Bullae in der Retina und schließlich der Entwicklung einer progressiven generalisierten Degeneration der Retina.

http://www.vetcontact.com/ophthalmologie/art.php?a=7930&t=&f=25

Wer jetzt meint, brasilianische Hunde seien fĂŒr uns nicht von Interesse, der darf sich gerne einmal die Pedigrees dieser Hunde anschauen – sehr relevant fĂŒr viele europĂ€ische Hunde!
Aber, wie angemerkt, das sind ja nun auch nicht die einzigen betroffenen Hunde

DarĂŒber hinaus helfen solche gĂŒnstigen und fĂŒr den Hund vollkommen harmlose Untersuchungen, mögliche vorhandene Probleme zu erkennen. Sie ermöglichen auch, dass man sofort eingreifen kann und Defekte nicht unerkannt in der Population weiterverbreitet. Nach wie vor ist die bevorzugte Art zu zĂŒchten die Linienzucht, was schnell dazu fĂŒhrt, dass sich schĂ€dliche Mutationen anhĂ€ufen.

Lori wurde zwar auf verschiedene Augenerkrankungen mittels der MyDogDNA Genanalyse getestet, aber ein Gentest kann immer nur eine einzelne Erkrankung, die mit einem Gendefekt einhergeht, aufzeigen. Wie man an der brasilianischen Studie sieht, ist auch nicht jeder Gentest fĂŒr jede Form der PRA bei jeder Rasse möglich. Es gibt Hunderassen, die mehrere Formen von Katarakt, PRA & Co aufweisen können.
Eine umfassende Augenuntersuchung deckt alles ab, muss aber, fĂŒr zuverlĂ€ssige Ergebnisse, spĂ€ter im Leben wiederholt werden.

Zum Ablauf der Untersuchung, die immer bei einem zertifizierten Spezialisten vorgenommen werden muss: Die Sache ist denkbar unaufregend. Geradezu langweilig 😉

Weder muss der Hund nĂŒchtern sein, noch ist etwas anderes zu beachten, als dass nach der Untersuchung 2-3 Stunden Ruhe in einem eher dunklen Raum angesagt sind.
Zuerst werden die Augen im Normalzustand untersucht, anschließend werden Augentropfen eingebracht, um die Pupillen weitzustellen. Das ist nötig, damit der Augenhintergrund beurteilt werden kann.
Der Hund hat dabei keine Schmerzen, lediglich helles Licht sollte vermieden werden, damit er nicht geblendet wird. Es bietet sich also fast an, die Untersuchung auf einen Nachmittag in der Winterzeit zu legen, ansonsten sorgt man fĂŒr eine abgedunkelte Box auf der Heimfahrt und ein abgedunkeltes Zimmer.
Nebenwirkungen der Augentropfen gibt es nur selten, sie sind darĂŒber hinaus nicht gravierend. RegelmĂ€ĂŸige Behandlungen gegen Zecken, Flöhe oder WĂŒrmer sind definitiv eine grĂ¶ĂŸere Belastung fĂŒr den Körper, daher muss sich niemand Sorgen machen 😉

Etwa eine Stunde spĂ€ter hĂ€lt man dann seine Zertifikate in der Hand und kann sich (hoffentlich glĂŒcklich) auf den Heimweg machen.

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War halb so wild 😉

Auf dem Konto fehlen lediglich rund 100 Euro (ich habe 98,- bezahlt, in Deutschland sind die GebĂŒhren i.d.R. niedriger), was angesichts der Tatsache, dass die Welpenpreise beim Whippet schon eine ganze Weile bei 1500 Euro und mehr pro Welpe liegen, echt fĂŒr absolut jeden ZĂŒchter leistbar ist! Anders ausgedrĂŒckt: Das sind gerade mal die MeldegebĂŒhren fĂŒr zwei CACIB Ausstellungen


Also, einfach mal machen bzw. beim ZĂŒchter des Vertrauens nachfragen, ob er seine Hunde testen lĂ€sst.
Es ist auf jeden Fall sinnvoll, unschĂ€dlich und kostengĂŒnstig, mit einem guten Effekt.

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Loris Herzuntersuchung

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Zur Herzuntersuchung war es heute ein StĂŒck weiter als zur Augenuntersuchung vor einer Woche – was daran liegt, dass es in Österreich nur drei TierĂ€rzte gibt, die nach den Standards des Collegium Cardiologicum (Gesellschaft zur QualitĂ€tssicherung kardiologischer Zuchttauglichkeitsuntersuchungen in der Tiermedizin) untersuchen und von diesem zertifiziert sind. NatĂŒrlich sind auch andere TÄ kompetent in Sachen Herz, aber wenn ich mir schon die MĂŒhe mache, kann ich es auch gleich richtig machen 😉
Einer dieser drei TÄ ist Dr. Peter Modler in Sattledt, ein sehr sympathischer TA, so wie ĂŒberhaupt das ganze Personal dieser (fĂŒr unsere VerhĂ€ltnisse) riesigen Tierklinik.

Um die 20 TÄ kann man dort konsultieren, die von einer kleinen Armee an Assistenten unterstĂŒtzt werden. Bei meiner Ankunft taten drei Empfangsdamen Dienst, wĂ€hrend zum Vergleich kein einziger der örtlichen bzw. nachbarörtlichen TÄ auch nur eine einzige Assistentin hat


Auf der hauseigenen Hundewiese konnten wir uns vor und nach der Untersuchung ein wenig die FĂŒĂŸe vertreten, ebenfalls ein toller Service!
Überhaupt war die Wartezeit nicht langweilig, durch die großen Fenster konnte man allerlei Spannendes beobachten:

Die Herzuntersuchung selbst findet, wenn ich mich nicht tĂ€usche, in diesem Raum statt und sollte fĂŒr einen Zuchthund keine große Sache sein, auch wenn es natĂŒrlich nicht so prickelnd ist, seitlich liegend auf dem Untersuchungstisch fixiert zu werden. Es haben aber bisher noch alle unsere Hunde ohne Trauma ĂŒberlebt 🙂

Lange Rede, kurzer Sinn: Auch das Herz ist gesund!

Eine solche Untersuchung fĂŒr die Zucht schlĂ€gt mit €160,- zu Buche und sollte, wie vermerkt, alle zwei Jahren wiederholt werden. Auch hier muss ich sagen: Das kann sich wirklich jeder ZĂŒchter leisten.

Warum eine so umfassende Herzuntersuchung wichtig ist, und nicht nur ein Abhören (Auskultation)?
Bei Windhunden kann es zu einem gehÀuften Auftreten von angeborenen, erworbenen oder genetisch bedingten Herzerkrankungen kommen, der Whippet ist besonders von Mitralklappeninsuffizienzen betroffen.
Dieses gehĂ€ufte Auftreten von MI beim Whippet wurde frĂŒher damit begrĂŒndet, dass Sporthunde eben anfĂ€lliger seien bzw. die MI eine Art Verschleißerscheinung darstellt. Dies ist so nicht richtig und Studien zeigen eindeutig eine genetische Disposition, insbesondere fĂŒr das frĂŒhe Auftreten einer MI, sodass eine Herzuntersuchung bei einem Spezialisten unbedingt vor einem Zucht- oder Sporteinsatz vorgenommen werden sollte.
Ein mildes HerzgerÀusch, das beim Abhören auffÀllig klingt, ist jedoch noch kein Hinweis auf eine tatsÀchliche Erkrankung, sondern kann physiologisch bedingt sein. Umgekehrt zeigen sich auch angeborene oder erblich bedingte AuffÀlligkeiten oft nicht beim Abhören.
Mehr gibt es hier zu lesen.

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Bald Thigh Syndrome – Studie und Aufruf zur Fellspende

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Wer mag mitmachen?

Das Bald Thigh Syndrome, also die Haarlosigkeit an den Oberschenkeln, betrifft viele Greyhounds, Whippets und vereinzelt Galgos (eher aus dem TS, Greyeinkreuzung). Manchmal liegt eine undiagnostizierte SchilddrĂŒsenfehlfunktion zugrunde, die behoben werden kann. DĂŒnnes Fell betrifft dann hĂ€ufig auch andere Regionen (Bauch, Brustkorb oder in schweren FĂ€llen den ganzen Körper). Manchmal sind auch ein NĂ€hrstoffmangel oder chronischer Stress Schuld und die Haare wachsen bei guter Pflege wieder nach, insbesondere das FĂŒttern von Haferflocken hat einen sehr positiven Einfluss auf das Fellwachstum an diesen kahlen Stellen.
Manchmal findet man aber keine Ursache und spricht dann vom Bald Thigh Syndrome.

Eine Studie in der Schweiz geht nun diesem PhÀnomen auf den Grund und benötigt Haar- und eventuell auch Blutproben. Gesucht werden betroffene Hunde und Hunde ohne Fellprobleme.

Was war bisher bekannt?
– Haarausfall hauptsĂ€chlich am Oberschenkel
– Gesunde Hunde
– GeschlechtsunabhĂ€ngig
– Rennhunde und Familienhunde betroffen
– Genetische Komponente

Was haben wir bereits gefunden?
Mittels einer Haaranalyse konnten wir zeigen, dass bei betroffenen Hunden vermehrt abgebrochene Haare und Haare mit strukturellen Defekten vorhanden sind.
Eine Haarzyklusstörung wie bislang vermutet liegt nicht vor.
Die Ergebnisse einer sogenannten Transkriptionsanalyse von Hautbiopsien haben gezeigt, dass bei erkrankten Hunden die genetische Information (RNA), welche zur Bildung von 87 verschiedenen Proteinen fĂŒhrt, deutlich reduziert ist. Diese Proteine sind alle fĂŒr die fĂŒr die Struktur und StabilitĂ€t von Haaren verantwortlich.
Aus unseren Ergebnissen schliessen wir, dass beim „bald thigh syndrome“ eine verminderte HaarqualitĂ€t aufgrund einer mangelhaften Synthese von Haareiweissen zu der Haarlosigkeit fĂŒhrt.

Hier könnt ihr den Flyer ansehen und die Kontaktdaten finden.

Ich nehme dann Proben all unserer Hunde mit in die Schweiz, wenn wir zum Decken fahren 😉

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Wie wichtig ist FolsĂ€ure fĂŒr die ZuchthĂŒndin?

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FolsĂ€ure ist ein Vitamin aus dem B-Komplex, das im Körper u.a. fĂŒr die Blutbildung notwendig ist. Frauen mit Kinderwunsch und schwangeren Frauen wird standardmĂ€ĂŸig nahegelegt, FolsĂ€ure bereits rechtzeitig vor einer Schwangerschaft und jedenfalls mit Bekanntwerden einer Schwangerschaft einzunehmen.

FolsÀure 5mg
FolsĂ€ure fĂŒr die ZuchthĂŒndin

Wozu FolsÀure supplementieren?
FolsĂ€uremangel (in der Schwangerschaft ist der Bedarf deutlich erhöht und wird nicht durch die ErnĂ€hrung gedeckt) geht mit einer erhöhten Fehlgeburtsrate, Fehlbildungen der Mittellinie/Neuralrohrdefekte wie Spina bifida (offener RĂŒcken) oder Fehlbildungen des SchĂ€dels und Gehirns wie z.B. dem“Wasserkopf“, Gaumen- und Kieferspalten und Fehlbildungen des Herzens einher.

Und beim Hund?
Beim Hund gibt es einige Publikationen, die ebenfalls die zusĂ€tzliche FĂŒtterung von FolsĂ€ure vor der TrĂ€chtigkeit und bis zum 40. Tag der TrĂ€chtigkeit nahelegen.
SĂ€mtliche Arbeiten zeigten eine deutliche Verringerung des Auftretens von Gaumen- und Kieferspalten, eine leichtere und schnellere Geburt und eine reduzierte Kaiserschnittrate, und das teilweise ĂŒber das ganze Reproduktionsalter der HĂŒndin (also ĂŒber mehrere WĂŒrfe hinweg).
Anzumerken ist, dass die zusĂ€tzliche FĂŒtterung von FolsĂ€ure natĂŒrlich nicht alle Mittelliniendefekte beseitigt, denn es gibt unzweifelhaft eine genetische Komponente (man nimmt eine rezessive Variante an) und Umweltfaktoren wie Umweltgifte und chronischer Stress sind immer im Auge zu behalten. Aber eine Verringerung von bspw. 17.6% auf 4.2% oder 8.9% auf 4.4% geborener Welpen mit Gaumenspalten ist doch eine gute Sache, zumal diese Defekt oft tödlich fĂŒr den Welpen endet.

Quellen:
Klick mich
oder mich
oder mich
Oder Google (Scholar) mit folic acid und cleft palate fĂŒttern 😉

Wie nun?
FolsĂ€ure ist zwar im Futter enthalten, egal ob standardisierte Fertignahrung oder selbst zubereitet, aber wie beim Menschen nicht in ausreichender Menge. Es empfiehlt sich daher mindestens ab Beginn der LĂ€ufigkeit bis zum 40. Tag der TrĂ€chtigkeit zuzufĂŒttern.
Aber bitte verwendet MonoprĂ€parate! Die KombinationsprĂ€parate fĂŒr Menschen mit Eisen, Jod und anderem sind nicht geeignet, denn davon hat ein Hund normalerweise in einem ausgewogenen Futter genĂŒgend.
FolsĂ€ure ist frei verkĂ€uflich und in jedem Supermarkt, Drogeriemarkt und am besten in Apotheken zu bekommen. Es ist ein wasserlösliches Vitamin und wird vom Hund ausgeschieden, falls er weniger benötigt, als wir zufĂŒhren. Es kann also nicht zu einer Überdosierung kommen, außer, wir legen es auf eine Vergiftung an und stopfen mehrere Packungen in die HĂŒndin. Das wird niemandem einfallen, also keine Sorge 😉
Die Dosis wird unterschiedlich angegeben, aber mindestens 5mg/Tag scheinen ĂŒblich zu sein. Die gibt es praktischerweise auch fĂŒr Menschen in dieser Dosierung.

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Farbzucht beim Whippet? Blauer Whippet gesucht!

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CorazĂłn trĂ€gt d/d und ist blaugestromt – und als Welpe noch mit blauen Augen zu bewundern

Tasso e.V., die beliebteste Tierdatenbank, die bei der Suche nach vermissten Haustieren hilft, hat die „Top 5“ der 2018 registrierten Rassen veröffentlicht. Tasso ist ein eingetragener Verein und die Registrierung ist kostenlos, ich empfehle sie immer und habe sie auch fĂŒr den A-Wurf und alle meine vermittelten Tierschutzhunde durchgefĂŒhrt. Der B-Wurf war dann bei ifta registriert und der C-Wurf geht ĂŒberwiegend ins Ausland mit eigenen Datenbanken.
DurchgefĂŒhrt wird eine Registrierung also nur von den eher verantwortungsvollen Hundehaltern, also von einem Bruchteil. Das muss man beim Lesen der Zahlen berĂŒcksichtigen, die weniger verantwortungsbewussten Halter scheinen gar nicht erst auf.

Auf Platz 1 der in 2018 registrierten Hunde: Der Mischlingshund mit 87.000 Neuanmeldungen.
Logisch, darunter fallen die meisten Tierschutzhunde, alle Hoppala-WĂŒrfe, alle Designerdogs usw.

Auf Platz 2: Der Labrador Retriever mit 20.548 Hunden.
Auch nachvollziehbar, das Image des sich selbst erziehenden Familienhundes bleibt ihnen trotz zahlreicher gegenteiliger Beispiele. Aber: Aus VDH-Zuchten stammen laut Statistik der letzten Jahre nur rund 2500 Welpen.

Auf Platz 3: Der Deutsche SchĂ€ferhund. 13.402 Hunde wurden hier neu gemeldet, im VDH gezĂŒchtet aber nur rund 10.000 (seit 2009 fĂ€llt die Anzahl der gezĂŒchteten Welpen beim DSH kontinuierlich, damals waren es noch 15.000 pro Jahr). Die Diskrepanz ist nicht so groß, der DSH aber auch kein klassischer Modehund.

Auf Platz 4: Der Chihuahua mit 12.001 angemeldeten Hunden. GezĂŒchtet im VDH in 2017: 677 Welpen, Tendenz stark fallend.

Auf Platz 5: Die Französische Bulldogge mit 11.203 Neuanmeldungen und nicht mal 240 unter kontrollierten Bedingungen im VDH gezĂŒchtete Welpen, Tendenz ebenfalls fallend.

Quelle: Welpenstatistik des VDH

Woher stammen all diese Hunde?

Einige wenige stammen aus FCI-Zuchten im Ausland, je nach Rasse vielleicht eine Hand voll oder beim Labrador auch einige Dutzend.
Der Verdacht liegt allerdings nahe, dass die Mehrheit dieser Hunde, Ă€hnlich wie viele „Mischlinge“, aus unkontrollierten ZuchtstĂ€tten und vor allem aus Massenproduktionen stammen. Seit AufklĂ€rungskampagnen und Dokumentationen das Leid der Zuchthunde und der Welpen in deutsche Wohnzimmer tragen, dĂŒrfte das Bewusstsein dafĂŒr zwar gestiegen sein, zu vielen Menschen ist die Herkunft ihres Hundes aber schlichtweg egal. Sie wollen ihn heute und sie wollen ihn in einer speziellen Farbe. Wer liefern kann, bekommt den Zuschlag.
Diese MentalitĂ€t macht natĂŒrlich auch vor kontrollierten ZuchtstĂ€tten innerhalb der FCI nicht Halt, und zwar auf beiden Seiten, bei KĂ€ufern und ZĂŒchtern.
Die Erfahrung lehrt, dass Hunde mit VDH-Papieren (fĂŒr Deutschland, ÖKV fĂŒr Österreich, SKG fĂŒr Schweiz etc.) nicht zwangsweise verantwortungsvoll (im Hinblick auf Gesundheit und Wesen) geplant und auch gut sozialisiert sind. Ich bin der letzte Mensch, der ZĂŒchtern innerhalb der ZuchtverbĂ€nde einen Persilschein ausstellen wĂŒrde. Es zeigt sich aber leider immer wieder, dass das noch viel weniger bei Welpen ohne Papiere oder von freien Vereinen außerhalb des internationalen Dachverbandes FCI der Fall ist.
Denn was sind die BeweggrĂŒnde dafĂŒr, außerhalb der FCI zu zĂŒchten?
Oft geht es bei der Zucht nur um Optik, besonders spezielle Farben wie Merle oder dilutierte Farben wie Blau, Schoko, Lilac, Silver und wie sie nicht alle heißen, stehen im Vordergrund – und gefĂ€hrden direkt oder indirekt die Gesundheit der Hunde!
Erst kĂŒrzlich wurden eine um durchschnittlich 2 Jahre verkĂŒrzte Lebenszeit und vermehrte Gesundheitsprobleme in Zusammenhang mit der Zucht von schokofarbenen Labrador Retrievern nachgewiesen. Diese Hunde sind im Schnitt nachweislich krĂ€nker, leben kĂŒrzer und haben ein vom Standard abweichendes Verhalten. Letzteres ist unter Labradorhaltern gut bekannt und die BegrĂŒndung lautete immer: Sie wurden nur auf Optik gezĂŒchtet, nie auf ihre Arbeitsleistung und das entsprechende Wesen.
Kommt einem das als Whippethalter bekannt vor? Oh ja, die Showdogs ohne Jagdambitionen, hah 😉
Schuld ist in diesem Falle nicht direkt die Farbe, sondern das Augenmerk in der Zucht auf der Farbe – und nicht auf Wesen und Gesundheit. Schokobraune Hunde sind aber eine anerkannte Farbe, die immerhin kontrolliert innerhalb der FCI gezĂŒchtet wird. Noch viel schlimmer wird es dann bei den nicht anerkannten Farben, wie bspw. Silber, durch Einkreuzung von Weimaranern entstanden und teilweise mit quĂ€lenden Hautproblemen assoziiert. Dass der „AnfĂ€ngerhund Labrador“ plötzlich WesenszĂŒge des sehr anspruchsvollen Weimaraners aufweist, kommt nicht selten ĂŒberraschend fĂŒr die neuen Halter. Und zack, wieder weg damit.
Ähnlich geht es mit dem beliebten Merle beim Chi und French Bulldog, eine Farbe, die innerhalb der FCI aufgrund der Gesundheitsproblematik (Taubheit, Blindheit) und aufgrund der Tatsache, dass sie durch Einkreuzung in die Rasse kam, nicht erlaubt ist. Oder eben bei vielen Rassen „neu“: VerdĂŒnnte Farben mit dem Risiko einer CDA usw.

Aber dieses Problem betrifft auch den Whippet.
Seit Jahren werben ZĂŒchter innerhalb und außerhalb des Verbandes mit „seltenen Farben“ wie Blau oder auch mit weißen Hunden.

Lustig daran ist, dass die Mutation fĂŒr die blaue Farbe beim Whippet aber ausgesprochen verbreitet ist, und selbst wenn man es als ZĂŒchter möchte – man kriegt sie kaum raus 😉 Über 50% der bei MyDogDNA getesteten Whippets tragen ein oder zwei Allele dafĂŒr (gekennzeichnet mit d fĂŒr dilute, also verdĂŒnnt), vererben also die blaue Farbe oder sind selbst blau.
Interessenten suchen also gezielt nach blauen Hunden und ZĂŒchter liefern diese blauen Hunde. Rest egal. Wie beim schokobraunen Labbi. Dass zusĂ€tzlich auch beim Whippet Symptome der CDA, also der Color Dilution Alopecia, der FarbverdĂŒnnungsalopezie/Farbmutantenalopezie auftreten können, wir gerne unter den Tisch gekehrt. Doch die FellqualitĂ€t nicht weniger einfarbig blauer Hunde lĂ€sst sehr zu wĂŒnschen ĂŒbrig, man erkennt Haarbruch und manchmal zeigen sich auch Hautprobleme. Besonders oft ist das der Fall, wenn blaue Hunde mit blauen Hunden verpaart wurden. NatĂŒrlich ist es möglich, dass dies von einer autoimmunbedingten SchilddrĂŒsenunterfunktion herrĂŒhrt – aber das wĂ€re nicht so viel besser, denn auch das ist ein zĂŒchterisches Problem und tritt dann vermehrt auf, wenn es an genetischer DiversitĂ€t mangelt, also Hunde mit verwandten Hunden verpaart werden, um bestimmte (optische) Merkmale zu festigen. Wie Farbe bspw., ich weise erneut auf den Labrador hin.
Es ist also beim Whippet ebenfalls nicht prinzipiell die Farbmutation, die Probleme verursacht – wir haben selbst blaupigmentierte Hunde und blaupigmentierte Hunde gezĂŒchtet, die herausragend dichtes und seidiges Fell haben – es ist die Zucht auf ein optisches Merkmal.

Cielo trĂ€gt d/d und zeigt damit eine verdĂŒnnte, blaue FellfĂ€rbung – ist aber eigentlich, wie der Vater (D/d), rot mit einer dunklen Maske

Die weiße Farbe bzw. die Abwesenheit von gefĂ€rbten Stellen geht dagegen vermehrt mit Taubheit einher. Schuld daran ist wohl eine Fehlentwicklung des Innenohrs, oder besser der HĂ€rchen, die akustische Reize wahrnehmen und weiterleiten. Sie hĂ€ngen in ihrer Entwicklung zusammen mit den Melanozyten, also den Pigmentkörperchen, die fĂŒr die dunkle Pigmentierung bei weißen Hunden verantwortlich ist. Kommt ein blaues Auge hinzu, ist das Risiko groß, einen ein- oder beidseitig tauben Hund vor sich zu haben. Verwechseln darf man hier aber nicht die blauen Augen von dilutierten Welpen mit den blauen Augen der erwachsenen Hunde! Blaue Augen beim Welpen werden immer dunkel, ob brĂ€unlich oder eher ins gelbliche oder gar grĂŒnliche Spektrum gehend, hĂ€ngt von anderen Faktoren ab.
Aus anderen Rassen ist der Zusammenhang zwischen Farbe und Taubheit bekannt (Klassiker Dalmatiner, Pitbull usw.) und in den USA, wo gerne sog. „high whites“, also Hunde mit sehr viel Weißanteil gezĂŒchtet werden, ist ein Hörtest eine der wichtigsten Gesundheitsuntersuchungen. Die Amis sind oft schrecklich konsterniert, wenn sie erfahren, dass wir EuropĂ€er nicht das Gehör der Welpen oder Zuchthunde testen – der Bedarf besteht bei uns aber glĂŒcklicherweise selten. Es wird ĂŒbrigens bei der Zucht von high whites immer darauf geachtet, dass zumindest die Ohren gefĂ€rbt sind – die Zucht von gĂ€nzlich weiße Whippets, wie von manchen gewĂŒnscht, scheidet also aus gesundheitlichen GrĂŒnden eigentlich aus.

Bluni ist ein Starkschecke (high white) und trĂ€gt D/d, also ein Allel fĂŒr die blaue Farbe – das nicht exprimiert wird

Merle wurde kĂŒrzlich explizit als Fehler bzw. als nicht existent im Standard des Whippets fixiert, auch das nicht ohne Grund (KC Standard).

Es spricht in Summe nichts gegen eine verantwortungsbewusste Farbzucht beim Whippet, denn es sind alle Farben außer Merle erlaubt und es gibt durchaus die Möglichkeit, gewisse FarbprĂ€ferenzen zu berĂŒcksichtigen. Meine ZuchtstĂ€tte heißt „de Lobito Azul“, weil ich verdĂŒnnte Farben gerne mag. Es fallen aber nur durch Zufall und niemals geplant blaupigmentierte Hunde, meine WĂŒrfe sind eher bekannt dafĂŒr, kunterbunt gefĂ€rbt zu sein. Und ich finde Überraschungen bei der Geburt ohnehin viel spannender, meine Interessenten zum GlĂŒck auch.
Wenn aber die Farbe das Alleinstellungsmerkmal eines ZĂŒchters ist oder der Fokus auf bedenkliche Art und Weise darauf gelegt wird (eben bspw. auch ohne RĂŒcksicht auf Gesundheitswerte, Untersuchungen, Inzucht etc.), womöglich ein höherer Preis damit gerechtfertigt wird, ist es ratsam, Abstand zu halten.

Bitte schaut darauf, woher ihr eure Welpen holt. Vielleicht habt ihr GlĂŒck und alles passt wunderbar fĂŒr euch und euren Hund, aber viel zu oft ist das nicht der Fall. Die KĂ€ufer sind ein wesentlicher Faktor in der Zucht, wenn nicht der bestimmende Faktor. Die Anfragen bestimmen leider die Produktion, das ist wie ĂŒberall in der Wirtschaft. Was sich ja eindrĂŒcklich bei der Farbzucht zeigt


Anbei noch ein Link zu meinen
Gedanken zu ZĂŒchterwahl

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Ridge, Cowlick, Nackenwirbel, Fellwirbel beim Whippet?

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In der Schweiz wird eine Untersuchung zum Thema Fellwirbel beim Whippet durchgefĂŒhrt, es gibt dazu Ausschreibungen in Deutsch, Englisch und Französisch und es wĂ€re schön, wenn meine Leser hier die Information an betroffene Hundehalter und ZĂŒchter weiterleiten wĂŒrden.

Zu finden sind sie hier:

Aufruf zur Beteiligung an der Studie „Nackenwirbel“

 

Liebe WhippetzĂŒchter                                                                      

Liebe Whippet-Liebhaber

Liebe Zuchtverantwortliche der Rasse Whippet          

 

Auf diversen KanÀlen wurde und wird in Whippet-Kreisen zum Thema «Haarwirbel auf dem Nacken bei Whippets» (auch Halswirbel, Cowlick, Ridge, usw.) diskutiert.

Es scheint, dass ein genetischer Erbgang dafĂŒr verantwortlich sein könnte.

Außerdem interessiert die Frage, ob diese Fellvariante dem FCI-Whippet-Standard entspricht oder nicht, und ob sie gesundheitsrelevant ist.

Wir gelangten daher mit der Frage nach der Entstehung von Haar-/Fell-Wirbeln an die Dermatologen. Diese wiederum haben uns umgehend an die Genetiker verwiesen.

Es ist uns gelungen, die Abteilung Genetik unter Prof Dr. Tosso Leeb an der UniversitÀt von Bern/CH auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Diese bietet uns ab sofort die Möglichkeit, betroffene Hunde zu testen. So könnte es möglich sein, den vermuteten Erbgang zu durchleuchten und wenn möglich nicht betroffene Hunde als «TrÀger» zu identifizieren.

SelbstverstĂ€ndlich ist die sachliche Diskussion offen und wĂŒnschenswert, wie mit diesen «Wirbeln» umgegangen werden soll. Auch die Richtergremien sollten zu gegebener Zeit dazu Informationen erhalten fĂŒr eine einheitliche Handhabung.

 

 

Benötigt werden:

  • 5 ml EDTA Blut
  • Fotos des Wirbels (mit Abtretung des Urheberrechtes zwecks spĂ€terer Veröffentlichung von möglichen Studien)
  • Stammbaum des betroffenen Hundes
  • Dabei sind fĂŒr die Studien weniger die Namen der Hunde von Bedeutung als die verwandtschaftlichen Beziehungen der Hunde. So könnte das z.B. aussehen:


 

Schicken an:
Prof. Dr. Tosso Leeb

Institute of Genetics, University of Bern

Bremgartenstrasse 109a, P.O. Box 3350

3001 Bern, Switzerland

 

Phone: +41 31 631 23 26

E-Mail: Tosso.Leeb@vetsuisse.unibe.ch

www.genetics.unibe.ch

 

Praktischer Hinweis fĂŒr die TierĂ€rzte :

Hundeblut aus der EU darf ohne besondere Bewilligung in die Schweiz importiert werden. Versand der Blutproben und Unterlagen möglichst als Brief mit geeignetem Verpackungsmaterial (und nicht als PÀckchen oder Paket). So oder so sollen die Proben richtig deklariert werden: «Hundeblut zu Forschungszwecken, Wert: 1 CHF». Bitte immer einen geringen Wert angeben, damit kein Zoll bezahlt werden muss.

 

Wir hoffen, mit diesem Aufruf zu möglichst vielen Proben von betroffenen (oder verwandten) Whippets zu kommen.

Wir zĂ€hlen daher auf Ihre Mithilfe, die ZĂŒchter und Besitzer von Hunden in ihrem Land zu motivieren, an diesen Erhebungen raschmöglichst teilzunehmen und bedanken uns jetzt schon fĂŒr Ihre geschĂ€tzte UnterstĂŒtzung.

 

Whippet- und Windspielclub der Schweiz WWCS     

     

 

PrÀsident Herr Simon Wullschleger

Zuchtwartin Frau Antje Wullschleger

Egmethof 1

CH- 5064 Wittnau

 

Im November 2018

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Genomweite DNA-Analysen als Möglichkeiten in der modernen Hundezucht II

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Aufbauend auf den ersten Teil möchte ich diesmal etwas nĂ€her darauf eingehen, was bei sogenannten „genomweiten DNA-Analysen“ in welchem Umfang getestet wird und was verbreitete Vorurteile und MissverstĂ€ndnisse sein können, wenn man von „Gentests“ und deren Anwendung in der Zucht spricht.

Seit Teil I sind gut 2 Jahre vergangen und zwischenzeitlich hat sich viel getan, bezogen auf die Analysen selbst, auf die Stimmung innerhalb der ZĂŒchterszene, aber auch im kleinen Rahmen meiner eigenen ZuchtstĂ€tte. Der C-Wurf, der bereits Jahre im Vorfeld und unabhĂ€ngig von Genanalysen geplant war, ist nun bald 4 Monate alt und der erste Whippetwurf (und bisher auch der einzige Wurf generell, den ich finden konnte), der vollstĂ€ndig bei MyDogDNA analysiert wurde und dessen Analysen öffentlich zugĂ€nglich sind. Welche spannenden und erfreulichen Ergebnisse die Untersuchungen brachten, werde ich aber in einem anderen Beitrag detailliert darstellen. Die Absichten, die ich mit dieser Wurfplanung verfolgt habe, konnten jedenfalls nachweislich sehr gut erfĂŒllt werden.

UrsprĂŒnglich dachte ich, drei Teile zum Thema wĂŒrden ausreichen – aber die Reaktionen auf Teil I und andere BeitrĂ€ge wie die ErklĂ€rung zum Breeder Tool und Genetic Health Index haben gezeigt, dass es noch sehr viel ErklĂ€rungsbedarf gibt. Und weil ich diese genetischen Profile so sinnvoll finde und fĂŒr zukunftsweisend halte, mache ich mir erneut die MĂŒhe, und entspinne fĂŒr manche hoffentlich StĂŒck fĂŒr StĂŒck ein bisschen von diesem Wirrwarr. Das Thema ist jedoch so breit gefĂ€chert und umfangreich, dass auch diesmal nur HĂ€ppchen serviert werden können.
Wer bereits nach den ersten Zeilen gar nichts versteht, dem sei die EinfĂŒhrung noch einmal dringend ans Herz gelegt.

Ich verwende als Beispiel die Analyse MyDogDNA von Genoscoper aus Finnland, da ich sie mit meinen Hunden durchgefĂŒhrt habe und es einige Whippets in der öffentlichen Datenbank gibt, die ich als Beispiele nutzen darf. Auch Embark in den USA oder Feragen in Österreich bieten Ă€hnliche DNA-Analysen an, jedoch unterscheiden sie sich in Details, deren Vor- und Nachteile jeder selbst fĂŒr sich abwĂ€gen muss. Unter anderem hĂ€tte ich eben nicht die Möglichkeit, Profile einzelner Hunde fĂŒr jeden zugĂ€nglich zu machen und zu erklĂ€ren. Aber weder bekomme ich fĂŒr ErwĂ€hnungen hier Rabatte, noch werde ich anderweitig gesponsert. Leider 😉
Ich möchte mit diesem Artikel also keinem einen direkten Vorzug geben, wer sich fĂŒr DNA-Analysen interessiert, muss sich bitte bei den entsprechenden Anbietern schlau machen und das fĂŒr ihn ideale Angebot auswĂ€hlen.
Zugegeben, sich unter all den Angeboten zurechtzufinden, ist fĂŒr Laien nicht ganz einfach. Es tut sich ja viel auf dem Markt, es ist fast eine Art WettrĂŒsten, und wir sind noch lange nicht am Ende der Möglichkeiten.
TatsĂ€chlich gelang es durch das Engagement einiger Privatpersonen, in den vergangenen ein bis zwei Jahren alleine in Deutschland mehrere hundert Windhunde ĂŒber MyDogDNA zu testen und deren öffentlich bereitgestellte Daten fĂŒr populationsgenetische und andere Analysen zu nutzen (siehe die Zuchtberichte zum Whippet und auch zum Greyhound, aber auch intern fĂŒr bspw. Rassemeetings des DWZRV).
War Lori noch die erste WhippethĂŒndin in Österreich, die dort getestet wurde, und ergab die Suche nach DeckrĂŒden im Breeder Tool gerade ein gutes Dutzend Treffer, sind es nun (Stand heute) 81  RĂŒden. 96 HĂŒndinnen sind als ZuchthĂŒndinnen eingetragen. Tendenz stark steigend.
Selbst in ZuchtverbĂ€nden wie dem DWZRV oder dem WWCS bekommt die Analyse MyDogDNA langsam Raum und man kann Rabatte nutzen oder einen Link zum Profil des Hundes in der DeckrĂŒdenliste eintragen lassen.

SelbstverstĂ€ndlich ruft das auch Gegenstimmen unter WindhundzĂŒchtern auf den Plan und im vergangenen Jahr sorgte auch ein Artikel im renommierten „Nature“ fĂŒr Aufregung. Ich habe dazu bereits im Juli 2018 etwas geschrieben, möchte aber erneut darauf hinweisen, da er von Kritikern noch immer unreflektiert genutzt wird.
Der Titel des Artikels „Pet genomics medicine runs wild“ (in etwa zu ĂŒbersetzen mit „Genomische Tiermedizin außer Rand und Band“) bezieht sich auf die tatsĂ€chlich wie Pilze aus dem Boden schießenden Angebote sogenannter „direct-to-consumer (DTC) companies“, die Gentests direkt an Hunde- und neuerdings auch Katzenbesitzer verkaufen.
Diese Kritik ist sehr wichtig und „The Greyhound Show“ hat dankenswerterweise kurz zusammengefasst, was das Problem an der aktuellen Situation ist bzw. wie bereits daran gearbeitet wird, um sie zu verbessern. Beispielsweise mit der „Initiative zur Harmonisierung von Genstests fĂŒr Hunde“ (HGTD)
Wir selbst als ZĂŒchter können nur indirekt zu einer sinnvollen Lösung beitragen, indem wir Labore unterstĂŒtzen, die gemeinsam (!) an der QualitĂ€tssicherung dieser Tests arbeiten. Eines dieser Labore ist Genoscoper, Anbieter der von uns genutzten Analyse MyDogDNA.
Was aber auch getan werden kann bzw. getan wird, so lange die Forderung nach speziell ausgebildeten Beratern noch nicht umgesetzt wurde, ist selbst beratend tĂ€tig zu sein und nicht Zweifel und Missgunst zu schĂŒren.
Hinter „The Greyhound Show“ stehen Menschen, die mit ihrer Expertise auf diesem Gebiet (forschend und lehrend z.B. am Lehrstuhl fĂŒr Molekulare Tierzucht und Biotechnologie der LMU MĂŒnchen) kompetent genug sind, um Fragen zu beantworten. Sie bieten u.a. die neue ZĂŒchterschulung des DWZRV an, ermöglichen Rabattaktionen durch Sammelbestellungen und beraten auch darĂŒber hinaus unermĂŒdlich Interessierte. FĂŒr ZĂŒchter und DeckrĂŒdenhalter oder einfach nur interessierte Menschen, die ihre Hunde testen lassen, wurde die geheime Facebook-Gruppe „Windhunde bei MyDogDNA“ eingerichtet, in der Ergebnisse, Studien und offene Fragen besprochen werden können – in einem geschĂŒtzten Rahmen, denn es sind nur Mitglieder erlaubt, deren Hunde nachweislich getestet wurden.
NatĂŒrlich sind auch BeitrĂ€ge wie dieser hier wichtig und selbstverstĂ€ndlich stehe ich besonders fĂŒr Whippetleute (und zunehmend fĂŒr Silken Windsprites) immer ausfĂŒhrlich Rede und Antwort. Genoscoper selbst ist sehr hilfsbereit und versorgt jeden Interessierten zuverlĂ€ssig und schnell mit wissenschaftlichen Publikationen und Informationen, man muss also keine Scheu haben, schließlich ist man dort (potentieller) Kunde.
Aber auch wenn Geld keine Rolle spielt, sollte Hilfe selbstverstĂ€ndlich sein. Angeblich ist Hundezucht ja ein Hobby, und da muss es doch möglich sein, dass man sich gegenseitig unterstĂŒtzt. Wer allerdings nicht fragt, der wird auch keine UnterstĂŒtzung bekommen, und dann liest man doch immer wieder die merkwĂŒrdigsten Dinge ĂŒber diese Tests oder ĂŒber Testergebnisse

Wir stehen jedenfalls am Beginn einer interessanten und hilfreichen Entwicklung und nur zuzuschauen, oder gar einfach weiterzuwurschteln wie bisher, ist fĂŒr viele Rassen ein Weg in die Perspektivlosigkeit.
Zu diesem Schluss kommen ja auch die Autoren des Artikels, die dabei nicht nur Tiere im Fokus haben (Übersetzung von mir): „Richtig durchgefĂŒhrt, kann die Anwendung genetischer Tests bei Haustieren ein wirksamer Weg sein, Menschen besser mit den Möglichkeiten der Behandlung genetischer Erkrankungen vertraut zu machen. Falsch durchgefĂŒhrt, könnte es das Vertrauen einer zunehmend wissenschaftsskeptischen Öffentlichkeit in die Wissenschaft untergraben.“

Was testen wir also? Oder besser, was testen wir nicht? Und was macht man mit den Ergebnissen?

Vielleicht ist es gut, kurz ein paar Worte zur Analyse an sich zu verlieren:

Mit Profil, Panel, Analyse, Test meine ich das:
Die Analyse von ausgewÀhlten SNPs und von bekannten Mutationen, sei es im Bezug auf Farbe, Morphologie oder mit Erkrankungen verbundenen Mutationen.

SNP, was ist das nun wieder?

SNP steht fĂŒr Single Nucleotide Polymorphism (oder Einzelnukleotid Polymorphismus), wir nutzen im Sprachgebrauch einfach „Snips“, denn mit dem gesprochenen S N P im Wortfluss bricht sich eines Tages noch jemand die Zunge.
Im Text wird auch der Begriff Marker verwendet, was hier SNPs meint.

Ein Nukleotid ist also eine Struktureinheit der DNS (DesoxyribonukleinsĂ€ure, heute eigentlich nur mehr in englischer Form als DNA fĂŒr acid = SĂ€ure bezeichnet) und besteht aus einem Zucker (eben der Desoxyribose), den vier Nukleinbasen A(denin), G(uanin), C(ytosin), T(hymin) und PhosphorsĂ€ure.
Diese Basen paaren sich immer miteinander – G paart sich mit C, A mit T – so entsteht die allseits bekannte Doppelhelix der DNA.

Ändert sich eine Base, Ă€ndert sich damit auch ihr Gegenpart.
Die Entdeckung dieser Struktur 1953 war, wie man sieht, bahnbrechend fĂŒr die genetische Forschung und wurde damals ĂŒbrigens ebenfalls im erwĂ€hnten „Nature“ publiziert, auf ganzen zwei Seiten 😉

Gene, bestimmte Abschnitte auf der DNA, codieren jedenfalls bekanntermaßen fĂŒr Proteine, die den Körper formen und am Leben erhalten (s. Teil I).
Mit einer Änderung von Basenpaaren Ă€ndern sich womöglich Funktionen – oder eben auch gar nichts. Das hĂ€ngt unter anderem davon ab, in welchem Bereich des Genoms VerĂ€nderungen stattfinden. SNPs innerhalb codierender Regionen können dazu fĂŒhren, dass die gebildeten Proteine ein wenig anders aussehen und anders funktionieren, als bei anderen Lebewesen. Wir erinnern uns wieder, dass das ein Vorteil sein kann, aber auch ein Nachteil. Beim Menschen werden bestimmte SNPs mit einem erhöhten Risiko fĂŒr entzĂŒndliche Darmerkrankungen, Diabetes Typ 1, Psoriasis oder andere Erkrankungen mit autoimmunem Hintergrund in Zusammenhang gebracht. Diese Formulierung ist besonders wichtig auch fĂŒr ZĂŒchter, denn es gibt einen Unterschied zwischen einem erhöhten Risiko aufgrund genetischer Disposition und einer Mutation, die immer zu einer Erkrankung fĂŒhrt. Worauf wir ZĂŒchter unsere Hunde testen, sind meist solche monogenen (also nur durch ein Gen ausgelöste) Erkrankungen oder Eigenschaften, wie Farben, FelllĂ€nge und Struktur etc. Es gibt aber auch Erkrankungen wie Typen der PRA (Progressive Retinaatrophie) oder Cystinurie, bei denen erst die Analyse mehrerer beteiligter Gene/Mutationen Aufschluss bringt. Bei der PRA sind es aktuell ĂŒber 20 bekannte Mutationen und beteiligte Gene.
Die StÀrke der AusprÀgung resp. die Schwere der Erkrankung hÀngt bei manchen Mutationen aber auch wieder von Begleitfaktoren ab, wie wir spÀter am Beispiel des Faktor VII-Mangels sehen werden.

SNPs zeigen aber erst mal nur Variationen in einzelnen Basenpaaren und damit Unterschiede im Genom an, einzelne Nukleotide sind polymorph, also vielgestaltig.

Und diese Unterschiede sind fĂŒr uns interessant.

Mit der Analyse MyDogDNA werden nicht nur eine ganze Reihe bekannter und problematischer Punktmutationen (an einer Nukleinbase), Indels (also Insertionen = VerĂ€nderungen durch zusĂ€tzliche Nukleotide oder Sequenzen und Deletionen = Löschung von Sequenzen, s. Teil I), Kopplungsmarker und andere VerĂ€nderungen der DNA untersucht, sondern auch ĂŒber 20.000 standardisierte SNPs.
Besonderes Augenmerk wurde auch auf die DLA-Region, die fĂŒr das Immunsystem zustĂ€ndig ist, gelegt. Dazu und zum Rest aber in einem anderen Beitrag mehr.

Aus der Analyse der SNPs lassen sich Aussagen zum Inzuchtniveau/genomischen Inzuchtkoeffizient, zur genomweiten DiversitÀt, zur DiversitÀt innerhalb der Rasse und im Vergleich mit anderen Rassen und zur Verwandtschaften innerhalb der Rasse und zu anderen Rassen treffen.
Denn jede Rasse, die ja eine Subpopulation innerhalb der Haushunde darstellt, hat ihre eigenen populations- bzw. eben rassespezifischen Haplotypen, damit also Gruppen von Individuen, die die selbe Nukleotidsequenz auf einem Chromosom haben.
Ein Knackpunkt. ZĂŒchterisch wie allgemein fĂŒr die Rassen.

Aus dem letzten Absatz ergibt sich auch, wie diese Analysen Einkreuzungen aufzeigen können, und zwar natĂŒrlich weit besser, als das der von vielen verspottete MARS-Test zur Rassereinheit mit nur 321 getesteten SNPs konnte. Im Vergleich noch einmal die Erinnerung: MyDogDNA testet aktuell ĂŒber 20.000 SNPs.

Man könnte nun sagen, und das ist eine beliebte Kritik, 20.000 SNPs sind noch immer nicht genau genug, da muss schon eine komplette Sequenzierung des Genoms her! Oder, zumindest wie beim Menschen, irgendwas in der GrĂ¶ĂŸenordnung mehrerer 100.000 bis zu 1 Mio. SNPs.
Das ist jedoch nicht nötig, wie in diesem Artikel „Der Hund als Modell fĂŒr den Humangenetiker“ ausfĂŒhrlich dargestellt wird. Ein kurzes Zitat:

FĂŒr einfach mendelnde Merkmale braucht man nur 10 bis 20 Hunde und einen Chip mit etwa 15.000 bis 30.000 SNPs, um das Merkmal völlig zweifelsfrei im Genom zu kartieren. Mit diesem ersten Schritt ist das Merkmal relativ grob im Genom des Hundes zugeordnet. FĂŒr eine exakte Feinkartierung untersucht man in einem zweiten Schritt Tiere von anderen Hunderassen, die zufĂ€llig auch dieses Merkmal zeigen. Das klingt zunĂ€chst ĂŒberraschend, weil man glaubt, diese Mutation kommt nur bei der spezifischen Hunderasse vor. Aber dazu muss man wissen, dass nicht Neumutationen zu den heutigen Rassen gefĂŒhrt haben, sondern dass die selektive ZĂŒchtung von in der Spezies Hund bereits vorhandenen Varianten zur einheitlichen Rasse fĂŒhrte. Die sehr verschiedenen Hunderassen spiegeln die natĂŒrliche Variation in der Ausgangspopulation der Hunde wieder.

Forschung am Hund unterstĂŒtzt nebenbei bemerkt die Forschung am Menschen und hilft damit tatsĂ€chlich nicht nur HundezĂŒchtern.
Aus den Daten, die wir ĂŒber MyDogDNA zur VerfĂŒgung stellen, werden laufend wissenschaftliche Arbeiten erstellt, die peer-reviewed in Zeitschriften publiziert werden. Auf dem Blog von Genoscoper kann man die Veröffentlichungen und die Arbeiten an Projekten verfolgen.

Ein weiterer Kritikpunkt richtet sich gegen die Tests auf Defekte an sich, besser gesagt, auf die Zuchtplanung anhand von Gesundheitsergebnissen.
Jetzt mag man erst mal meinen, dass das an sich ja nicht schlecht wÀre, Zucht nach Gesundheitsergebnissen.
Jein.
Zwar sind viele der bekannten Erkrankungen auf monogene, rezessive Defekte zurĂŒckzufĂŒhren (s.o.), die Genetikerin Carol Beuchart (Institute of Canine Biology) spricht sogar von etwa 70 bis 80% der Erkrankungen. Der Rest allerdings nicht – und vor allem kennen wir bisher nur einen Bruchteil davon.
Je mehr wir aufgrund von Gentests selektieren und womöglich symptomfreie TrĂ€ger aus der Zucht ausschließen, desto schwieriger wird es, gesunde Hunde zu zĂŒchten. Denn diese Hunde tragen ja nicht nur dieses eine schadhafte Allel, sondern jede Menge wertvoller Gene, die damit verloren gehen.
NatĂŒrlich muss man ĂŒberlegen, womit man es zu tun hat. Handelt es sich um eine Erkrankung wie die beim Whippet neu mit MyDogDNA entdeckte Bluterkrankheit Faktor VII-Mangel, die offenbar nur sehr milde Symptome auslöst und einen sehr geringen Krankheitswert hat, dazu auch nur von ganz wenigen Hunden getragen wird, oder hat man es mit etwas Ernsthaftem zu tun, wie bspw. der Greyhound Neuropathie (siehe Wie aus dem Nichts? Was wir aus Gendefekten lernen könnten)?
Als die Myostatin-Mutation, die fĂŒr sogenannte „Bully-Whippets“ sorgte (siehe Myostatin-Mutation beim Whippet), vor einigen Jahren aufkam und ein Gentest dafĂŒr etabliert wurde, brach unter Whippetleuten ja teilweise rechte Panik aus. Blitzartig wurden Bestimmungen erlassen, alle Hunde in der Zucht und im Sport zu testen, um TrĂ€ger auszuschließen. Gefunden hat man nur eine Handvoll Hunde (umgangssprachlich, genaue Zahlen sind zumindest mir nicht bekannt), der Verlust fĂŒr die Rasse hielt sich also in Grenzen. Wirklich gut nachgedacht wurde aber eher nicht.

Der einzige Weg, weg von immer mehr Defekten zu kommen, ist die Zucht auf genetische DiversitÀt.
Rein rechnerisch ist die Sache nĂ€mlich recht einfach: Einen großen Anteil der rezessiven, krankmachenden Mutationen kenne ich aktuell noch nicht, kann also nicht darauf testen. Sehen kann ich sie am TrĂ€ger auch nicht. ZĂŒchte ich mit eng verwandten Hunden, bspw. mit einem COI von 25%, erben die Welpen mit einer Wahrscheinlichkeit von 25% zwei identische Kopien eines Allels, sind also homozygot in diesem Bereich. Sind es zufĂ€llig Allele, die geschĂ€digt sind, bleibt dem Hund keine „gesunde“ Kopie mehr und eine Erkrankung prĂ€gt sich aus.
Gentests schĂŒtzen also nur bedingt davor, kranke Hunde zu zĂŒchten, dennoch sollten sie auf jeden Fall durchgefĂŒhrt werden, wenn sie rassespezifisch sind. Dazu gibt es auch einen aktuellen Beitrag: Fast 20 Jahre DNA-Tests – was können wir daraus lernen?

Ähnlich wie bei der Problematik um das unĂŒbersichtliche Angebot von Genanalysen muss man auch hier sagen, dass sich sehr viele Artikel von Wissenschaftlern und Laien genau auf dieses Thema richten, dass nĂ€mlich Tests auf monogene Defekte alleine keine Heilsbringer sind. Wer sich auch nur oberflĂ€chlich damit auseinandersetzt oder auseinandersetzen will und nicht mit Scheuklappen an das Thema herangeht, weiß das.

Der dritte große Kritikpunkt wĂ€re die ValiditĂ€t: Sind Tests auf monogene Defekte ĂŒberhaupt zuverlĂ€ssig, wie ist es um die QualitĂ€t der Tests und der Wissenschaft dahinter bestellt?

Die meisten Defekte, die MyDogDNA testet (es sind aktuell ĂŒber 150), sind nicht rassespezifisch. Rassespezifisch und nur beim Whippet vorkommend ist aktuell die erwĂ€hnte Myostatin-Mutation. Zu PFKD gibt es meines Wissens nur eine Fallstudie mit zwei BrĂŒdern, gelistet wird sie von sĂ€mtlichen Laboren jedoch als rassespezifische Erkrankung.
Dennoch laufen alle Mutationen bei den Analysen mit, ganz egal, um welche Rasse oder welchen Rassemix es sich handelt, und das ist gut. Denn so hat man eben bspw. die Bluterkrankheit Faktor VII-Mangel beim Whippet durch eine MyDogDNA-Analyse neu entdeckt. Hunde, die zwei defekte Allele tragen, zeigen Blutgerinnungsstörungen und damit starke Blutungen nach Operationen oder schweren Verletzungen.
Diese Mutation kennt man von anderen Rassen und geht aktuell davon aus, dass es sich um eine recht alte Mutation handelt, die daher in vielen Rassen vertreten sein wird. Nun weiß man, der Whippet trĂ€gt sie auch, und er war bei weitem nicht die einzige Rasse, bei der es zur „Neuentdeckung“ durch MyDogDNA kam. Und Faktor VII-Mangel ist auch nicht die einzige Mutation, siehe die Arbeit „Genetic Panel Screening of Nearly 100 Mutations Reveals New Insights into the Breed Distribution of Risk Variants for Canine Hereditary Disorders„, die aus der Auswertung von Probennahmen zwischen 2013 und 2015 erfolgte. Der Whippet war da noch gar nicht dabei.
Interessanterweise scheint es so zu sein, dass der Effekt der Mutation beim Whippet tendenziell gering ist, wĂ€hrend er bei anderen Rassen oft zu deutlich ausgeprĂ€gteren Symptomen fĂŒhrt. Wie ausgeprĂ€gt die Symptome im Einzelfall sind, lĂ€sst sich jedoch nicht vorhersagen und hĂ€ngt vom Individuum selbst ab. Ob die Neigung zu postoperativen Blutungen bei Whippets auch daher rĂŒhren kann? Es wĂŒrde eine Analyse erfordern.
Der Faktor VII-Mangel ist demnach ein Beispiel fĂŒr eine Mutation, die von weiteren Faktoren beeinflusst wird, und nicht nur von dieser einzelnen Mutation.

Andere Mutationen, wie bspw. der als MedikamentenunvertrĂ€glichkeit bekannte Defekt des MDR1-Gens (siehe MDR1-Defekt beim Windhund? Nein!), sind mutmaßlich noch Ă€lter und finden sich ebenfalls bei zahlreichen Rassen bzw. ganzen Rassegruppen. Gleiches gilt fĂŒr die CEA, die Collie Eye Anomalie, deren Namen auf die betroffene Rassegruppe hinweist. Sie legen oftmals Zeugnis davon ab, dass bestimmte Rassen bei der Entstehungsgeschichte einer jĂŒngeren Rasse beteiligt waren.
Bei MDR1 ist das im Bezug auf den Windhund konkret beim Silken Windsprite (ehemals Langhaarwhippet) der Fall, dessen Entstehungsgeschichte ja anders ablief, als vom GrĂŒnder der Rasse und seinen AnhĂ€ngern behauptet. Diese Rasse ist nĂ€mlich keine langhaarige, aber dennoch reinrassige VarietĂ€t des Whippets, sondern entstand aus Whippets, die den Defekt nicht tragen, und Shelties, die diesen Defekt sehr hĂ€ufig tragen. Vor der Möglichkeit, Hundegenome ganz einfach und kostengĂŒnstig analysieren zu lassen, war das Vorhandensein des MDR1-Defekts in der Population der indirekte Nachweis. Heute braucht man sich darĂŒber gar nicht mehr zu streiten, die Analysen sind eindeutig und zeigen die (nur mehr weitlĂ€ufige, aber dennoch vorhandene) Verwandtschaft zum Sheltie und Barsoi, und Probleme haben damit nur mehr ewig Gestrige.
Zu sehen sind im Vergleich auch hier wieder die Hunde (blaue Punkte sind Silken Windsprites), die sich auf halbem Wege zum Whippet (pink) befinden – es sind Hunde, die aus Einkreuzungen von Whippets zur Erhöhung der genetischen DiversitĂ€t beim Silken Windsprite hervorgegangen sind. Interessant ist auch die Tabelle, wer sich genauer damit auseinandersetzen will, der kann das direkt unter diesem Link.

Wer sich konkret dafĂŒr interessiert, auf welcher Basis die Untersuchungen zu einzelnen Mutationen (Krankheiten, MedikamentenunvertrĂ€glichkeiten) durchgefĂŒhrt werden, welche Marker untersucht werden usw., wird in der öffentlichen Datenbank von MyDogDNA schnell fĂŒndig. Unter jeder Mutation findet sich ein Link zu einer pdf-Datei, in der das Merkmal in seinen Eigenschaften kurz beschrieben wird, betroffene Rassen genannt werden und es Verweise zu den herangezogenen Studien gibt.

Beispiele sind:
PFKD, beim Whippet in zwei FĂ€llen beschrieben, aber dennoch rassespezifisch:
https://www.mydogdna.com/crm/disorders/128_PFKM_3breeds/en/128_PFKM_3breeds.pdf

Myostatin-Mutation aka Bully Whippet Syndrom, bisher exklusiv bei der Rasse Whippet aufgetreten:
https://www.mydogdna.com/crm/disorders/129_MSTN_new/en/129_MSTN_new.pdf

Faktor VII-Mangel:
https://www.mydogdna.com/crm/disorders/163_cFVII/en/163_cFVII.pdf

Wird, wie oben erwĂ€hnt, eine Mutation neu in einer Rasse entdeckt, kommt sie auf die „Watchlist“ und es werden tiefergehende Analysen vorgenommen. Daraus entstehen dann auch Arbeiten wie die weiter oben verlinkte, die ebenfalls wieder veröffentlicht werden. FĂŒr die Rasse selbst werden sie als „new potential disorders in the breed“, also potentiell neue rassespezifische Erkrankungen gefĂŒhrt. Stellt es sich heraus, dass die Mutation in der Rasse tatsĂ€chlich vorkommt und nicht auf kĂŒrzlich vorgenommene Einkreuzungen zurĂŒckzufĂŒhren ist, wird sie irgendwann den Status der „known disorders in the breed“, also bekannte Erkrankungen gefĂŒhrt.

Es wird außerdem ausgewiesen, und das gilt ebenfalls fĂŒr die unter „Traits“ angefĂŒhrten Farben, FelllĂ€nge, GrĂ¶ĂŸe etc., wie viele untersuchte Hunde der Rasse und allgemein in der Datenbank diese Mutation aufweisen. 2018 wurde auch die Arbeit „Frequency and distribution of 152 genetic disease variants in over 100,000 mixed breed and purebred dogs“ veröffentlicht, die auf die US-amerikanische Version MyBreedData zurĂŒckgreift.
FĂŒr den Dilute-Faktor, der zur FarbverdĂŒnnung und damit zu „blauen“ Whippets in allen Spielarten fĂŒhrt, liest man bspw.:

Der allerdings wirklich wichtige Aspekt bei der Analyse ist, und das möchte ich wieder einmal betonen, die ermittelte genetische DiversitÀt und das Breeder Tool, das die analysierten Daten der Hunde miteinander abgleicht. Das ist etwas, was wir ohne DNA-Analysen nicht tun können und es zeigt sich immer wieder, und auch bei meinem C-Wurf, dass die mathematische Theorie hinter Inzuchtkoeffizient und Ahneverlust eben nur Anhaltspunkte liefert, aber nicht die RealitÀt abbilden kann. Die Unterschiede zwischen Geschwistern sind teilweise erstaunlich und faszinierend sind die Vergleichsmöglichkeiten.
Siehe dazu auch noch einmal den Beitrag MyDogDNA, das Breeder Tool und der Genetic Health Index.

In Summe bieten sich also eine FĂŒlle an Möglichkeiten, die gar nicht auf einen Schlag zu ĂŒberblicken sind, und es gibt genauso zahlreiche Möglichkeiten, sich zu informieren und sich Hilfe zu holen, wenn es Fragen oder VerstĂ€ndnisprobleme gibt.
Ich finde, dass eine gute Portion Skepsis eine sehr wertvolle Eigenschaft darstellt und die sollte man sich immer behalten. Einfach neue Möglichkeiten in der Hundezucht ungenutzt an einem vorbeiziehen zu lassen, ist dagegen keine gute Idee. Vielleicht hat dieser Beitrag fĂŒr manche ein wenig Hilfe bereitgestellt oder auch die Neugier geweckt, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich auf einen neuen Weg zu machen. Aufhalten kann man diese Entwicklung zumindest nicht mehr 🙂

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Gesundheitsinformationen aus The Breed Archive

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Die Breed Archives machten in den vergangenen Jahren eine sehr gute Entwicklung durch und dienen mittlerweile nicht mehr nur WhippetzĂŒchtern als Hilfe bei der Wurfplanung und Zucht. Immer wieder werden neue Features implementiert, und einige betreffen auch die Gesundheit. Man muss also Gesundheitsinfos zu seinen Hunden und Welpen nicht mehr unbedingt auf der Homepage veröffentlichen, sondern kann sie mit wenigen Klicks der ganzen Welt zugĂ€nglich machen. Ausgesprochen sinnvoll und wertvoll, wenngleich die Nutzung momentan noch nicht so verbreitet ist, wie ich es mir wĂŒnschen wĂŒrde. Aber das hat auch immer mit der Angst zu tun, womöglich fĂŒr etwas stigmatisiert zu werden, was in Wahrheit alle ZĂŒchter etwas angeht. Ganz banal wĂ€re hier der Hodenhochstand zu nennen, sehr verbreitet beim Whippet und, wie hĂ€ufig bei erblichen Anomalien, möglicherweise mit erwĂŒnschten Merkmalen assoziiert – aber eben noch immer kein Thema, mit dem offen umgegangen wird.
Wie auch immer, vergangene Woche kontaktierte mich eine Interessentin, und da ich gerade auf dem Weg aus der TĂŒre war, konnte ich ihr auf ihre beiden sehr klugen Fragen nur den Verweis auf meine Homepage geben. Die erste Frage lautete sinnvollerweise, ob ich denn Whippets zĂŒchten wĂŒrde 😉 Und die zweite, da bereits Whippeterfahrung vorhanden war und der erste Whippet leider verstorben war, wie es mit der Gesundheit aussĂ€he.
Wow, eine Frage, die ausgesprochen selten gestellt wird!
Oft herrscht ja die Annahme vor, ZĂŒchter wĂŒrden strengen Kontrollen unterliegen und man dĂŒrfe ohnehin nur mit „erbgesunden“ Hunden zĂŒchten.
Nein, dem ist nicht so.
Beim Whippet ist in der Regel keine Gesundheitsuntersuchung vorgeschrieben, das bleibt dem ZĂŒchter ĂŒberlassen. Und „erbgesund“ kann kein Hund sein, jedes Lebewesen trĂ€gt genetische Defekte mit sich, wann und wie sie ausgeprĂ€gt werden, lĂ€sst sich zĂŒchterisch nur in einem gewissen Rahmen steuern. Empfehlungen gĂ€be es z.B. wie hier erwĂ€hnt, Stichwort genetische DiversitĂ€t.

Wie kann ich jetzt aber das Whippet Breed Archive nutzen, um mir als Interessent oder ZĂŒchter einen Überblick zu verschaffen?

Als Beispiel sei hier meine nÀchste Wurfplanung genutzt.
Link zum Testmating/Pedigree Enzo x Lori, der Einfachheit halber auf 3 Generationen beschrÀnkt

 

Klickt man nun auf die blau unterlegten Namen, kommt man zum Profil des jeweiligen Hundes. Hier gibt es entweder die Möglichkeit, direkt zum Hund gehörend die Gesundheitsinfos durchzugehen, oder aber auf Gesundheitsanalyse zu klicken.

 

Diese Gesundheitsanalyse zeigt zusĂ€tzlich die Informationen der Eltern an, und wenn man auf dieser Seite weiter nach unten scrollt, werden hier auch die Informationen von Geschwistern und Halbgeschwistern angezeigt. Das alles natĂŒrlich nur, wenn möglichst viel eingetragen wurde. Diese Eintragungen kann ĂŒbrigens jeder vornehmen, der einen Account besitzt, also jeder neue Besitzer und jeder ZĂŒchter. Es wird natĂŒrlich in einem Logbuch ersichtlich, wer wann welche Änderungen vorgenommen hat, so können auch Falschmeldungen zugeordnet werden. Manche Hunde sind auch gesperrt, an ihnen dĂŒrfen nur bestimmte Personen Änderungen vornehmen.

 

That’s it!
Ganz simpel und fĂŒr jeden nachvollziehbar. Wenn fĂŒr eine Verpaarung keine Informationen vorliegen, heißt das nicht, dass es keine gibt. Dann hilft vielleicht ein Blick auf die Homepage des ZĂŒchters weiter. Bei mir stehen die Ergebnisse der Untersuchungen z.B. auf den Erfolgsseiten der jeweiligen Hunde bzw. der WĂŒrfe.
A-Wurf (Enzos Geschwister)
C-Wurf (Loris erster Wurf)

Man findet dort unter „Informationen zu WĂŒrfen“ auch Infos wie diese:
„Informationen zur ZuchtstĂ€tte

Die ZuchtstĂ€tte “de Lobito Azul” steht vor allem fĂŒr gesunde, langlebige und sportliche Whippets, alle Zuchthunde und nach Möglichkeit deren Nachkommen werden umfassenden genetischen Untersuchungen sowie Herz- und Augenuntersuchungen bei zertifizierten Spezialisten unterzogen.
Diese Untersuchungen erfolgen freiwillig, die Gesundheitsergebnisse meiner Hunde und deren Nachkommen werden auf den jeweiligen Erfolgsseiten und im Breed Archive veröffentlicht und sind jedem zugĂ€nglich. (
)
Da mir die Gesundheit der Rasse Whippet sehr am Herzen liegt, enthĂ€lt das Welpenpaket seit dem C-Wurf auch einen Gutschein fĂŒr eine Gesundheitsuntersuchung (einzulösen auf Herz- und Augenuntersuchungen oder eine genomweite DNA-Analyse).“

Wenn man aber gar nicht fĂŒndig wird, hilft letztlich eh nur mehr die Kontaktaufnahme und die Frage: „Wie schaut’s denn mit der Gesundheit aus?“

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