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MDR1-Defekt beim Windhund? Nein!

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In den vergangenen Tagen wurde sehr fleißig ein über 10 Jahre alter Artikel verbreitet, der für viel Verunsicherung gesorgt hat. Wieder mal.
Er heißt „Neues zum MDR1-Defekt“ von Dr. med. vet. Anna Laukner und es steht prinzipiell nichts Unwahres darin, aber sehr wohl etwas an überholtem Wissen.
Und weil ich langsam ein wenig müde werde, immer wieder die passenden Links herauszusuchen, um die Leute aufzuklären, fasse ich jetzt einfach mal alles zusammen.

Was ist denn nun genau so aufregend an diesem Artikel?
Diese Passage:

Möglicherweise betroffen sind auch die folgenden Rassen: Australian Terrier, Australian Kelpie, Australian Cattle Dog, Barsoi, Grey­hound, Irish Wolfhound und Belgischer Schäferhund. Dr. Geyer begründet dies mit der genetischen Verwandtschaft zu den Collie-Rassen.

Wie kam Dr. Geyer, der im Artikel zitiert wird, zu dieser Annahme?
Anfang der 2000er begann man damit, die Entstehungsgeschichte der Hunderassen mittels genetischer Untersuchungen, und nicht mehr nur durch historische Berichte, genauer nachzuvollziehen.
2005 erschien zum Beispiel eine Arbeit mit dem schönen Titel „The canine genome“ und darin wurden die untersuchten 85 Hunderassen bereits in 4 Cluster eingeteilt – Asian/Ancient, Herding, Hunting und Mastiff.
Und, siehe da, einige der Windhundrassen fanden sich im Herding-Cluster und nicht im Hunting-Cluster.
Es waren dies der Barsoi, der Grey und der IW.

Structure analysis of 85 dog breeds. Cluster results from a structure analysis of 414 dogs from 69 breeds and based on 96 microsatellite markers. Each breed was usually represented by five dogs, and all dogs were unrelated to one another at the grandparent level.

http://genome.cshlp.org/content/15/12/1706.full

Heute gibt es natürlich viel feinere Analysen, allein Loris Analyse bei MyDogDNA umfasst mehr als 20.000 solche Marker (SNPs) und in wenigen Monaten werden auch Analysen mit 180.000 Markern für jeden erschwinglich sein.
Damals war das aber der Stand der Dinge und so viel hat sich am Ergebnis nicht geändert, 2017 wurde eine neue Studie mit 161 Rassen veröffentlicht und es zeigt sich, dass auch bei über 150.000 analysierten SNPs die Hütehunde und die Windhunde sehr, sehr nahe verwandt sind (hellgrün).


http://dx.doi.org/10.1016/j.celrep.2017.03.079

Wer sich ein bisschen mit Lurchern oder auch nur ein bisschen mit britischen Hütehunden oder der Herkunft von Hüteverhalten und Jagdverhalten beschäftigt, für den wird das keine Überraschung sein.
Sie harmonieren ja auch super, meine kommen alle sehr gut aus mit Collies, Border Collies und Aussies 😉

Lori und Boder Collie Lee (Arbeitslinie, 12kg) laufen und raufen nahezu ebenbürtig miteinander.

Was kam bei den weiteren Untersuchungen von Dr. Geyer heraus?
Die Antwort findet sich bereits im Titel des Beitrags: Windhunde tragen keine Mutation des MDR1-Gens!
Is so, da muss man nicht diskutieren und das weiß man schon seit 2010.

The study included dog breeds that show close genetic relationship or share breeding history with one of the predisposed breeds but in which the occurrence of the MDR1 mutation has not been reported. The breeds comprised Bearded Collies, Anatolian Shepherd Dog, Greyhound, Belgian Tervuren, Kelpie, Borzoi, Australian Cattle Dog and the Irish Wolfhound. The MDR1 mutation was not detected is any of these breeds, although it was found as expected in the Collie, Longhaired Whippet, Shetland Sheepdog, Miniature Australian Shepherd, Australian Shepherd, Wäller, White Swiss Shepherd, Old English Sheepdog and Border Collie with varying allelic frequencies for the mutant MDR1 allele of 59%, 45%, 30%, 24%, 22%, 17%, 14%, 4% and 1%, respectively.

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20655253

Die Ausnahme bilden eben Silken Windsprite (noch immer gelegentlich als Langhaarwhippet bezeichnet und auch in der Arbeit als solche geführt, da damals die Sache mit dem Namen noch nicht so klar war 😉 ) und der Silken Windhound, bei beiden aufgrund der Hütehundeinkreuzung.
Mit 45% lagen die getesteten „Langhaarwhippets“ damals auch an zweiter Stelle, wie genau aktuell die Verteilung innerhalb der Rasse aussieht, weiß ich nicht. Da die Gentests auf den MDR1-Defekt aber schon einige Jahre verpflichtend sind, gibt es sicherlich grobe Zahlen, die man bei den Zuchtclubs erfragen kann.

Es ist also nichts dran an dem Gerücht und es wundert mich seit Jahren, dass immer wieder so viele langjährige Windhundleute darauf anspringen.
Nur weil im Titel das Adjektiv „neu“ zu lesen ist, ist der Inhalt nicht zwangsweise „neu“.
Bitte schaut ein bisschen kritischer hin, wenn ihr etwas teilt.

Vor allem Whippetneulinge sind seit Jahren verunsichert und es ist geradezu unverschämt, wenn teilweise von Langhaarwhippetleuten bewusst behauptet wird, auch der Whippet würde die MDR1-Mutation tragen. Nein, er trägt sie nicht! Er trägt ja auch keine CEA 😉
Der sog. Langhaarwhippet ist unzweifelhaft aus einer Kreuzung von Sheltie und Whippet entstanden, daher trägt er leider, so wie der genetisch meist identische Silken Windsprite, sowohl die MDR1-Mutation als auch die CEA (Collie Eye Anomaly).
Ich bin froh, dass hier von Seiten der Silken Windsprites offener mit der Abstammung umgegangen wird.

Wer mehr über die MDR1-Mutation lesen möchte und auch an aktuellen Publikationen interessiert ist, der möge bitte auf der Homepage der Forschungsgruppe der Uni Gießen unter der Leitung von Dr. Geyer vorbeischauen.
https://www.transmit.de/mdr1-defekt/index.html

Und jetzt mal schauen, wie oft ich diesen Beitrag in den kommenden Jahren verlinken muss… 😉



Suprelorin – mehr als nur ein „Kastrationschip“

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Da ich immer wieder zu den Einsatzbereichen von Suprelorin befragt wurde und es neulich Thema einer Züchterschulung war, möchte ich dem Wunsch nach einem kurzen Beitrag heute gerne nachkommen.

Die chemische Kastration hat in der Tiermedizin bereits eine lange Tradition.
Vor 30 Jahren ließ mein Vater unseren Malamuterüden mit einer „Kastrationsspritze“ vorübergehend unfruchtbar machen, das Ergebnis könnt ihr hier bewundern:

Mein Vater stieg daraufhin auf die Sterilisation des Rüden (Vasektomie) um, eine noch ältere, effektivere und nebenwirkungsärmere Form der Unfruchtbarmachung 😉

Die alten „Hormonspritzen“ sind künstliche Geschlechtshormone, die die Rezeptoren blockieren bzw. die Wirkung der körpereigenen Geschlechtshormone aufzuheben versuchen. Die Ausdrücke „Läufigkeit wegspritzen“ oder „Pille“ und „3-Monats-Spritze“ für die Hündin sind ebenso geläufig und Hormonspritzen wirken, indem die Läufigkeit oder der Eisprung unterdrückt werden.
Mit Suprelorin haben diese Hormonspritzen jedoch nichts zu tun und das ist wichtig zu erwähnen, denn mit Recht sind diese Methoden als unsicher und nebenwirkungsreich (Tumore, Zystenbildungen, Gebärmutterentzündungen usw.) verschrien.

Das Suprelorin-Implantat mit dem Wirkstoff Deslorelin wird häufig als Kastrationschip für Rüden bezeichnet und die Art der Applikation erinnert auch an den Chip, den mittlerweile ja alle unsere Hunde tragen sollten.
Man setzt das weiße, längliche und 1,2cm bzw. 2,4cm große Implantat nämlich mit einer scharfen Kanüle unter die Haut des Hundes, und zwar zwischen die Schulterblätter, wo es über Monate bis Jahre hinweg seinen Wirkstoff abgibt und sich irgendwann auflöst. Also meistens.
Der etwas kleinere Transponder/Chip aus Glas zur Identifikation des Hundes wird auf die selbe Art links oder rechts am Hals platziert und macht dort gar nichts, außer manchmal zu wandern.
Das Suprelorin-Implantat kann dagegen sogar noch mehr, als nur einen Rüden unfruchtbar zu machen und den Testosteronspiegel zu senken, ihn also chemisch zu kastrieren.
Deshalb ist die Bezeichnung „Kastrationschip“ für mich nicht wirklich stimmig und ich werde den Begriff „Implantat“ verwenden, es meint aber das selbe Produkt.

Vergleich Chip und Implantat
Vergleich Chip und Implantat

Zuerst möchte ich kurz erklären, wie Deslorelin wirkt, damit ihr die Anwendungsmöglichkeiten auch nachvollziehen könnt:

Deslorelin ist ein GnRH-Analogon bzw. GnRH-Agonist, das heißt, es ist eine künstliche Form des Hormons GnRH und wirkt im Körper wie dieses, allerdings ca. 150-fach stärker als natürliches GnRH!
GnRH ist ausgeschrieben noch viel umständlicher auszusprechen, nämlich gonadotropin releasing hormone, und wichtig ist eigentlich nur zu wissen, was der Name aussagt: GnRH wirkt im Gehirn, indem es die Hypophyse (eben eine Hormondrüse) anregt, die Hormone FSH und LH auszuschütten. FSH (Follikelstimulierendes Hormon) und LH (Luteinisierendes Hormon) regulieren die Produktion von Eizellen (eben Follikeln) und Spermien und die der Geschlechtshormone Östrogen und Testosteron.

Und damit sind wir auch schon bei einem Knackpunkt: Deslorelin wirkt bei beiden Geschlechtern!

Der Rest ist schnell erklärt:
Durch einen Überschuss an künstlichem GnRH reduzieren sich die Rezeptoren für GnRH in den dafür empfänglichen Zellen und es wird weniger FSH und LH produziert, demnach eben auch weniger Sexualhormone. Der Rüde produziert keine Samen, die Hündin hat keinen Zyklus mehr. Man nennt das GnRH-(Rezeptor-)Downregulation, also ein „Herunterschrauben“ der GnRH-Rezeptoren und GnRH-Produktion. Es kommt zur Suppression der Hypophysen-Gonaden-Achse, was auf gut Deutsch die Unterdrückung des Regelkreises zwischen Hypophyse und Gonaden (das sind die Keimdrüsen, Eierstöcke und Hoden) meint.
Davor kommt es allerdings zu einem extremen Anstieg der Sexualhormone, da ja erst mal viel neues GnRH im Körper zirkuliert und viel FSH und LH freigesetzt wird. Dieser Peak findet in den ersten 4-6 Wochen nach dem Setzen des Implantats statt und nachdem ich ihn vor bald 8 Jahren selbst bei einem Rüden getestet habe, kann ich bestätigen: Hypersexualität tritt auf 😉
Wie dieser Mechanismus bei Hündinnen genutzt wird, beschreibe ich weiter unten.
Je nach Wirkstoffmenge und Größe des Hundes (plus anderer, individueller Faktoren) wirkt das Implantat 6-12 Monate oder sehr viel länger!
Ist der Wirkstoff aufgebraucht, läuft die körpereigene Hormonproduktion wieder an, die Hunde werden im Regelfall wieder normal fruchtbar.
Wie bereits erwähnt, löst sich das Implantat theoretisch vollständig auf, was aber bei manchen Hunden sehr lange dauern kann. Länger, als die Wirkung anhält.

Die aktuelle Zulassung bezieht sich zwar auf den Einsatz bei Rüden, Katern und männlichen Frettchen, doch die Anwendung bei weiblichen Tieren ist dennoch möglich und seit Jahren auch üblich. Neben Heimtieren werden auch Zootiere oft hormonell ruhiggestellt, um Gruppenhaltung zu erleichtern und dennoch zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf „das Genmaterial“ zugreifen zu können. Sogar Hühner werden damit behandelt, sie hören dann auf, Eier zu legen.
Beim Menschen werden GnRH-Analoga hauptsächlich bei der Frau eingesetzt, es ist also ein wirklich gut untersuchter Mechanismus, der der Anwendung von Suprelorin zugrunde liegt und er ist bedenkenlos auch bei der Hündin möglich, insofern man generell keine Bedenken hat.
Dass ein Produkt vor allem in der Tiermedizin nicht immer für jede mögliche und sinnvolle Anwendung zugelassen ist, hat auch den Grund, dass so ein Zulassungsverfahren aufwendig und teuer ist. Die Anwendung ohne Zulassung nennt man Off-Label Use und ich bin mir ziemlich sicher, dass auch die allermeisten von euch schon Medikamente off-label bekommen oder verabreicht haben. Mir fallen für mich zumindest auf Anhieb eine ganze Reihe ein. Daran ist also nichts schlimm oder verwerflich und ich wiederhole: Suprelorin kann bei beiden Geschlechtern zur Anwendung kommen und es ist so sicher (sprich nebenwirkungsarm oder nebenwirkungsreich), wie eine chemische Kastration eben sicher sein kann.

Wozu kann man Suprelorin nun nutzen?

1. Zur vorübergehenden Unfruchtbarmachung von Rüde oder Hündin, wobei man bei der Hündin den Zeitpunkt des Setzens beachten muss, um keine Läufigkeit auszulösen (Implantation im Metöstrus!).
Die Wirkung hält bei Rüden oft deutlich länger als 12 Monate an, bei Hündinnen kann sich eine Läufigkeit um bis zu 27 Monate verschieben.
Vorsicht ist geboten, wenn die Hündin bereits Zysten an den Eierstöcken hat. Durch die hormonelle Stimulation kann es zum Anwachsen der Zysten, in Folge auch zu Dauerläufigkeiten und zu einer Gebärmutterentzündung/Pyometra kommen, die ja eigentlich hormonell bedingt und nicht, wie manchmal angenommen wird, auf eine Infektion zurückzuführen ist. Zysten treten vor allem bei älteren Hündinnen auf, aber manchmal auch bei jungen, was vorher abgeklärt werden sollte.

2. Zur Induktion einer Läufigkeit bei der Hündin.
Durch die anfänglich verstärkte Freisetzung von FSH und LH kommt es beim Setzen des Chips im Anöstrus zu einer vorgezogenen Läufigkeit mit Eisprung, das heißt, die Hündin kann gedeckt werden und ist fruchtbar. Danach muss jedoch das Implantat wieder entfernt werden, denn sonst tritt ja die negative Rückkopplung ein. Auch hier gilt der Hinweis zu Zysten, Dauerläufigkeiten und Pyometra. Anders herum kann bei einer hormonell ruhiggestellten Hündin durch die Entfernung des Implantats eine Läufigkeit induziert werden und der Deckakt kann terminlich gut passend durchgeführt werden.

3. Zur Verschiebung der Pubertät und damit der Geschlechtsreife.
Dazu muss das Implantat sicherheitshalber bereits im Alter von 4 Monaten gesetzt werden, da es sonst uU eine verfrühte Pubertät/Läufigkeit auslöst. Das hat jedoch weitreichende Konsequenzen für die körperliche und geistige Entwicklung des jungen Hundes, einige davon sind nicht wieder aufzuholen oder zu reparieren. Theoretisch ist es jedoch möglich, eine junge Hündin mit 4 Monaten mit Suprelorin zu behandeln und wenn die Wirkung des Implantats nachlässt, bekommt sie ihre erste Läufigkeit bereits in einem Alter, indem man sie laut Zuchtverband decken lassen darf.

4. Bei Prostatavergrößerungen und gutartigen Prostataveränderungen beim Rüden.

5. Zur Verbesserung der Samenqualität beim Rüden, nach einem „Reset“ kann diese besser sein als vorher.

6. Als „Kastration auf Probe“, um zu testen, ob gewünschte oder unerwünschte Wirkungen eintreten.

7. Zur Behandlung von kastrationsbedingter Inkontinenz, Fellveränderungen, Wesensveränderungen und ggf. anderer Nebenwirkungen der Kastration.
Das ist nur auf den ersten Blick paradox. Da bei der Kastration nur die Keimdrüsen (wir erinnern uns –> Gonaden = Eierstöcke/Hoden) entfernt werden, produziert der Körper weiterhin FSH und LH, er will also Sexualhormone bilden. Schließlich melden die zuständigen Stellen „Zu wenig Testosteron/Östrogen vorhanden!“, also versucht er diesen Mangel auszugleichen. Da Sexualhormone nicht nur in den Keimdrüsen gebildet werden, sind andere Gewebe nun aktiver, z.B. die Nebennierenrinde.
Das ist auch der Grund dafür, dass bspw. Hündinnen mit einem hohen Testosteronspiegel (gerne als Rüdinnen bezeichnet 😉 ) nach der Kastration noch deutlich rüdenhafter und durchaus problematischer in ihrem Verhalten werden. Der Körper produziert nun ungehemmt vom Gegenspieler Östrogen u.a. in der Nebennierenrinde das Hormon Testosteron, es kommt zu einer Vermännlichung.
Aber man kann durch den Einsatz von Suprelorin diese Entgleisungen und die entsprechenden Nebenwirkungen reduzieren.
Insbesondere Harninkontinenz ist ein belastendes Problem für Mensch und Hündin, die genauen Ursachen der kastrationsbedingten Inkontinenz sind dabei jedoch unterschiedlich. Die Folgen sind neben der eigentlichen Inkontinenz leider auch chronische Blasenentzündungen, die sich auf die Nieren ausweiten können, und Scheidenentzündungen durch die chronisch gereizte Schleimhaut. Je nach Ursache kann aber auch hier Suprelorin helfen, indem es die Blasenkapazität verbessert/erhöht, was bei 50% der Hündinnen in den gemachten Untersuchungen der Fall war.

Wie empfehlenswert alle diese Anwendungsbereiche sind, muss jeder selbst für sich entscheiden. Die Recherche im Internet bringt Informationen en masse, man sollte jedoch auf die Seriösität der Quellen achten. Die Schweizer waren schon vor Jahren ziemlich aktiv, weshalb eine sehr gute Zusammenfassung mit umfassender Literaturangabe diese hier ist: Der Einsatz von Deslorelinazetat (Suprelorin®) in der Kleintiermedizin von Palm/Reichler, Klinik für Fortpflanzungsmedizin der Universität Zürich
Noch detaillierter kann man Einsatzgebiete bei intakten und kastrierten Hunden und Katzen hier nachlesen: Klick!
Da beim letzten Züchterseminar des ÖKWZR vom Referenten, Mag. Wolfgang Brynda (Tierarzt und für den Hersteller Virbac tätig), recht ausführlich über die Anwendungsbereiche in der Zucht (Induktion der Läufigkeit, vorübergehende Unfruchtbarmachung, Verbesserung der Samenqualität und Verschiebung der Pubertät) informiert wurde, würde ich mich bei Interesse an Virbac oder an den Tierarzt meines Vertrauens wenden und Informationen anfordern.
Dass Suprelorin neben der vorübergehenden Unfruchtbarmachung des Rüden auch noch zahlreiche andere Einsatzgebiete hat, ist eigentlich schon seit Jahren bekannt. Bereits 2010 habe ich in meinem Text zur Kastration auf der Hauptseite darauf hingewiesen, dass Suprelorin die Nebenwirkungen der Kastration teilweise reduzieren kann. Dennoch zeigt sich immer wieder, dass Halter betroffener Kastraten nichts davon wissen, was schade ist.

Zum Schluss noch diese Anmerkungen:
Nebenwirkungen sind bei der Anwendung am intakten Hund selbstverständlich vorhanden und auch zu erwarten. Diese umfassen zu einem großen Teil die üblichen Nebenwirkungen der Kastration, wie Wesensveränderungen, Fellveränderungen, Harninkontinenz der Hündin, oder eben Dauerläufigkeit durch hormonell aktive Zysten usw.
Berichtet wird immer wieder auch von anderen Nebenwirkungen, die sich nicht im Beipackzettel oder in den Zusammenfassungen dazu finden.
Zur Inkontinenz ist anzumerken, dass eine Harninkontinenz bei der intakten Hündin unter Suprelorin sehr sicher für eine Harninkontinenz auch nach der chirurgischen Kastration spricht. Auch so gut wie alle anderen Nebenwirkungen würden bei der endgültigen Kastration auftreten, sodass man es eben als eine Art Probelauf werten kann.
Wenn es um die Unfruchtbarmachung oder die chemische „Frühkastration“ geht, ist eine reversible Methode der endgültigen Kastration vorzuziehen. Die Nebenwirkungen verschwinden hier zumindest größtenteils wieder, wobei die durch eine chemische „Frühkastration“ ausgelösten Probleme am Bewegungsapparat oft nicht mehr zu beseitigen sind. Es fehlen dazu aber mehr Daten, zumindest sind mir keine bekannt. Da die Hoden schrumpfen (sie stellen ja ihre Aktivität ein), muss man bei jungen Rüden vor dem endgültigen Verschluss des Leistenspalts ebenfalls vorsichtig sein, sie können sonst wieder „nach oben“ rutschen und wir haben einen künstlichen Kryptorchiden…

Die Anwendung von Suprelorin wirft aber auch ethische Fragestellungen auf.
Beim Menschen ist die Anwendung von GnRH-Analoga nur in einem strengen Rahmen möglich und nicht als Daueranwendung, da die Nebenwirkungen sehr schwer sind. Oft werden sie als so unerträglich empfunden, dass selbst medizinisch dringend notwendige Behandlungen abgebrochen werden oder man eine Add-back-Therapie durchführt, also geringe Mengen Geschlechtshormone zuführt. Das schützt aber trotzdem nicht vor allen Nebenwirkungen und reduziert andere nur etwas. Hunde bekommen dieses Add-back-Verfahren nicht.
Die Anwendung bei transsexuellen oder intersexuellen Kindern vor der Pubertät führt dazu, dass sie keine sekundären Geschlechtsmerkmale ausbilden und erst durch das Hinzufügen weiblicher oder männlicher Sexualhormone ein eindeutiges biologisches Geschlecht entwickeln. Bei Hunden, die Suprelorin vor der Pubertät gesetzt bekommen, behält man diesen kindlichen und mehr oder weniger undefinierten Zustand bei.
Für manche mag es Vorteile haben, einen ewigen Welpen zu halten. Ob wir das Recht haben, einen Hund mental, emotional und körperlich, teilweise sogar kognitiv derart in seiner Entwicklung zu hemmen, darf man sich jedoch ruhig fragen.
Ich möchte jetzt ungerne die Kastration per se ablehnen, denn das führt bei Haltern von Kastraten oft zu Ablehnung und Informationen werden nicht mehr aufgenommen. Aber im Endeffekt basteln wir Menschen uns mit einer chirurgischen Kastration bei beiden Geschlechtern einen hormonell ziemlich entgleisten Körper, und das bezieht sich nicht nur auf Sexualhormone. Die Auswirkungen dieser hormonellen Entgleisung kann ich hier gar nicht alle aufführen, man kann nämlich ganze Bücher damit füllen (z.B. Kastration und Verhalten von Strodtbck/Gansloßer) und es kommen laufend neue Untersuchungen dazu. Aber egal, ob man selbst den Hund kastrieren ließ oder ihn kastriert übernommen hat, Suprelorin kann helfen, einige der Schäden etwas in Grenzen zu halten.
Im Falle der Inkontinenz, die leider bei großen Rassen häufig auftritt, würde ich Suprelorin einer lebenslangen Gabe von Propalin oder Caniphedrin & Co definitiv vorziehen. Selbes gilt für Fellveränderungen und andere Nebenwirkungen der Kastration, die gerade bei Tierschutzhunden leider oft nicht aus medizinischen Gründen vorgenommen wurde. Verschlimmern werde ich daran nichts.
Im Regelfall ist aber der intakte Körper doch der gesündere Körper.


Wie aus dem Nichts? Was wir aus Gendefekten lernen könnten

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Seit gestern wird auf FB eine sehr lesenswerte Präsentation geteilt, die kürzlich als Vortrag auf dem 1. Greyhound World Congress in Oslo gehalten wurde.
Man könnte jetzt einfach ein Like setzen und den Beitrag teilen, vielleicht noch die Aufforderung „Lesenswert!“ dazupacken und weiter zum Tagesgeschäft übergehen.
Aus Erfahrung weiß ich aber, dass das leider nicht unbedingt den gewünschten Effekt hat – nämlich mit dem Inhalt auch die zu erreichen, die es nötig hätten. Es ist natürlich fraglich, ob das hiermit besser funktioniert, aber weil ich das Thema so wichtig finde und weil steter Tropfen bekanntlich selbst die härtesten Steine irgendwann höhlt, möchte ich die Gelegenheit nutzen und einige der darin erwähnten Aspekte wieder einmal aufgreifen.

Der Vortrag lief unter der Überschrift
Greyhound Neuropathy – what lessons to learn?
und kann mit einem Klick auf den Link im Beitrag heruntergeladen werden. (Macht das, jetzt! 😉 )

Erbliche Neuropathie beim Greyhound – schon wieder so Greyhound-Kram, sollte das Whippetleute überhaupt interessieren?
Ja, sehr sogar. Dieser Vortrag sollte für alle Hundezüchter und für gut informierte Welpenkäufer interessant sein!
Nebenbei bemerkt ist er auch gut aufgebaut und gut verständlich, einzig die Sprache könnte ein Hemmnis darstellen.
Schön wäre außerdem, wenn tatsächlich etwas gelernt und vor allem angewandt werden würde…
Zur Vortragenden: Dr.med.vet. Barbara Kessler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Department für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie der LMU München, darüber hinaus Greyhoundzüchterin und beteiligt an der Forschung zur Polyneuroptahie beim Greyhound. Genaueres zur Polyneuropathie des Greyhounds und zur Entdeckung der verantwortlichen Genregion findet man übrigens hier: A Deletion in the N-Myc Downstream Regulated Gene 1 (NDRG1) Gene in Greyhounds with Polyneuropathy

Es handelt sich bei dieser Präsentation also um fundiertes Wissen, ernstzunehmende Informationen und Ansätze 😉

Da die Hereditäre Polyneuropathie als Aufhänger dient, kurz ein paar Worte dazu: Die erbliche Polyneuropathie beim Greyhound ist eine neurodegenerative Erkrankung mit  autosomal rezessivem Erbgang, die bereits in einem jungen Alter (etwa ab 3 Monaten) auftritt und unweigerlich zum Tod führt, meist noch im 1., spätestens aber im Laufe des 2. Lebensjahres. Bedingt durch Veränderungen an den Nervenfasern kommt es zu verschiedenen Symptomen, die anfangs vor allem das Gangbild betreffen, es gesellen sich jedoch rasch weitere neurologische Auffälligkeiten hinzu, die Muskeln atrophieren, der Hund hat Probleme beim Schlucken, Bellen usw.
Unter „Gesundheit“ kann man hier mehr dazu auf Deutsch lesen: Rumford Greyhounds

Durch den 2009 entwickelten Gentest lassen sich jedoch Würfe mit erkrankten Welpen verhindern, sodass bei verantwortungsvollem Umgang mit der Mutation heute kein Greyhound mehr daran sterben muss. Bei einem Anteil von etwa 25% Trägern (1 von 4 Hunden) in der Population war das auch dringend notwendig.
Was jedoch nicht notwendig ist, und da gibt es immer wieder Verständnisprobleme, ist ein vollkommener Ausschluss von Trägern aus der Zucht. In diesem Fall wäre das eine Katastrophe gewesen, eine enorme Einschränkung des Genpools mit unabsehbaren Folgen für die Gesundheit der Hunde. Aber auch bei weniger verbreiteten Mutationen kann ein vollständiger Ausschluss von Trägern zum Auftreten neuer Erkrankungen führen, denn ich reduziere damit immer die durch geschlossene Zuchtbücher ohnehin geringe Diversität innerhalb einer Rasse.
An dieser Stelle möchte ich auf diesen Artikel verweisen, in dem ich kurz versucht habe, auf ein paar Grundlagen und die Wichtigkeit genetischer Diversität einzugehen.
Beim Thema Kryptorchismus kommt die Frage nach einem züchterischen Einsatz von Eltern und Geschwistern immer wieder auf und wie hier bereits ausgeführt: Es ist nicht sinnvoll, potentielle Träger auszuschließen, erst recht nicht bei komplexen Erbgängen mit möglicher Umweltbeteiligung.
Rund 70% der genetisch bedingten Gesundheitsprobleme beim Rassehund sollen durch rezessive Mutationen ausgelöst werden (Quelle: ICB), wir stünden also direkt vor dem Aus, würden wir hier allzu rigoros vorgehen.

Prinzipiell ist der Greyhound nicht die einzige betroffene Rasse, die ursächlichen Mutationen betreffen jedoch unterschiedliche Gene, sodass man nicht einfach „einen Test für alle“ anwenden kann. Es zeigte sich im Rahmen der Forschung auch, dass diese spezielle Mutation nur in Showlinien auftrat, nicht in den untersuchten Rennlinien und nicht in anderen untersuchten Windhundrassen.
Und ab hier kann man nun auch als Whippetmensch bzw. generell als Hundemensch etwas lernen.
Denn wie kommt es zu so einer Verteilung und warum war dieser bereits bei Junghunden auftretende und tödliche Defekt überhaupt so weit verbreitet?
Statt der Neuropathie lässt sich eine beliebige andere Mutation mit rezessivem Erbgang einsetzen, z.B. die Myostatin-Mutation bei den Whippets, die nur in Rennlinien vorkommt (um das Fingerzeigen auf die Showhundezucht gleich mal zu unterbinden), MDR1 bei Hütehunden und deren Verwandtschaft und was es leider noch so alles gibt.

Zwei Hauptursachen für die Verbreitung werden in diesem Vortrag genannt:
Die Matadorzucht (bekannt auch der Begriff Popular-Sire-Effekt) und die massive Inzucht zur Produktion immer einheitlicherer Greyhounds mit den gewünschten optischen Merkmalen.
Dass Inzucht nicht gesund ist und Matadorzucht schädliche Effekte mit sich bringt, ist nicht neu. Inzuchttabus gibt es in jeder Gesellschaft und so gut wie alle Tiere und Pflanzen versuchen durch zahlreiche Mechanismen, anatomische bzw. reproduktive Besonderheiten und Verhaltensweisen Inzucht zu vermeiden.
Das wissen wir doch eigentlich alle, oder sollten es zumindest wissen.
Die Geschichte vom Malzhund, die die Genetikerin Irene Sommerfeld-Stur übersetzt und auf ihrer Homepage zur Verfügung gestellt hat, ist ebenfalls bereits seit 20 Jahren im Umlauf.
Aber es ist viel zu vielen Menschen egal, denn entweder hatten sie bisher Glück und mussten noch keine negativen Folgen dieser Zuchtpraktiken erleben, oder aber, was sehr viel wahrscheinlicher ist, sie führen es nicht darauf zurück.
Als dritte Möglichkeit ist eine gewisse „Wurschtigkeit“ anzuführen, nicht für jeden hat ein Hund den selben Stellenwert und man kann über das produzierte Leid hinwegsehen, wenn dafür Show- oder Sporterfolge winken.

Das hohe Inzuchtniveau innerhalb der Showgreyhoundpopulation rührt daher, dass es sich um eine eher seltene Rasse handelt (auf mich wirkt es momentan jedoch, als gäbe es eine Tendenz nach oben, denn noch sind Erfolge mit einer so glamourösen und showigen Minderrasse leicht zu holen), die noch dazu schon seit Jahrzehnten quasi nicht mehr mit der riesigen Rennhundpopulation vermischt wurde. Entsprechende Analysen zeigen das ja auch, genetisch sind die beiden Populationen so weit voneinander entfernt, dass man sie als unterschiedliche Rassen werten könnte.
Auch sind die Folgen der Inzucht schon ein wenig ein Problem der reinen Showhundezucht, denn einheitliche Optik erzielt man am schnellsten und effektivsten eben durch Inzucht. Zusätzlich müssen Showhunde in der Regel nicht mehr hart arbeiten und Leistung erbringen, also erfolgt auch keine Selektion auf hohe Widerstandskraft und Belastbarkeit. Verschiedene Untersuchungen am Labrador Retriever und an diversen anderen Rassen zeigten, dass Hunde aus Leistungslinien eine höhere genetische Diversität aufweisen.

Aber zurück zur Hereditären Neuropathie und all den anderen Defektgenen.
Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurde also ein Rüde geboren, der diese zufällige Mutation trug. Es war offensichtlich ein beeindruckender Ausnahmerüde und er wurde gerne zur Zucht verwendet, hatte also entsprechend viele Nachkommen. Da es insgesamt nur wenige Showgreyhounds gab und davon noch weniger in der Zucht eingesetzt wurden, darüber hinaus die Inzucht/Linienzucht die Zuchtpraxis der Wahl war und ist, verbreitete sich diese Mutation rasant.
Ein mutiertes Allel zu tragen ist für den Hund kein Nachteil, das „gesunde“ Allel sorgt schon dafür, dass im Körper alles richtig läuft. Blöderweise sieht so aber auch niemand, dass hier etwas im Verborgenen schlummert. Das wird erst offensichtlich, wenn Welpen mit zwei mutierten Allelen geboren werden, die Krankheitssymptome zeigen. Und auch dann wird in der Regel erst mal abgewartet, ob sich Fälle häufen.
Es ist manchmal also schon 5 vor 12, bevor entsprechende Handlungen gesetzt werden.

Diesen Effekt haben wir in so vielen Rassen mit den verschiedensten Defekten, auch beim Whippet. Beim Whippet sind es eben andere Gesundheitsprobleme, am stärksten auf dem Vormarsch sind wohl autoimmunbedingte Erkrankungen mit allen Facetten und mit nicht weniger drastischen Auswirkungen (übrigens kurz erwähnt im Vortrag).
Anhand betroffener Hunde und deren Pedigrees lässt sich bei manchen Erkrankungen sehr leicht ein potentieller Vererber finden, dazu muss man als Züchter jedoch aufmerksam und in der Lage sein, Verknüpfungen herzustellen. Und es braucht Gleichgesinnte, die sich an der Suche nach Informationen beteiligen.
Bei der Myostatin-Mutation lag der Grund für die Verbreitung womöglich darin, dass Träger der Mutation leistungsfähiger sind als andere. Man wusste anfangs natürlich nicht, dass die Hunde eine Mutation tragen, insofern kann man keine bösen Absichten unterstellen.
Dass MDR1 und CEA beim Silken Windsprite vorkommen und dort auch viele Tiere Träger oder Betroffene waren, liegt daran, dass in einer neuen Rasse zwangsweise sehr viel Inzucht bzw. Inzest betrieben wird, um Merkmale zu festigen. Nur festigt man eben nie nur das, was man sieht, sondern auch das, was noch verborgen ist. Und 50 Jahre später knabbert man noch immer daran.
Beim Dobermann gibt es seit Jahren das Problem mit der DCM (50-60% der Hunde sind betroffen und sterben daran) und der Zuchtverband negiert es, in verschiedenen Retrieverrassen grassieren unterschiedliche Krebsarten und sorgen für den frühen Tod halber bis ganzer Würfe und Basenjis gingen am Fanconi-Syndrom fast zugrunde, bevor man mit Importen eine Rettungsmission startete. Die Liste lässt sich für jede einzelne Rasse erweitern.
Die Ursachen sind immer identisch, denn es liegt nicht an einzelnen Hunden, es liegt an den Zuchtpraktiken.

Zu sagen, der Whippet wäre eine gesunde Rasse, ist also ziemlich naiv.
Wir Whippetleute sind auf dem besten Weg, in die selbe Falle zu tappen wie die Greyhoundleute: Wir trennen immer mehr die Show- und Rennlinien voneinander, nutzen auf beiden Seiten einzelne Rüden übermäßig oft, achten viel zu wenig auf kleine Warnzeichen, nutzen noch zu selten die Möglichkeiten von Gesundheitsuntersuchungen und Genanalysen und stellen Showerfolge und Millisekunden vor alles andere.

Gelernt haben auch „wir“ bisher noch nichts, das ist das negative Fazit, das man allerdings für viele (alle?) Rassen ziehen kann.
Zu oft heißt es noch, „das“ betrifft „uns“ nicht, leider sogar häufig „das“ betrifft „mich“ nicht.
Ich empfinde das Beispiel der Polyneuropathie beim Greyhound als recht eindrücklich geschildert und gut nachvollziehbar.

Folgendes positives Fazit könnte man ziehen: Wir wissen mittlerweile, dass die gewohnten Zuchtpraktiken ganz konkret Leben kosten. Wenn nicht unmittelbar, dann auf mittel- oder langfristige Sicht. Daher sollten wir sie nicht mehr unreflektiert anwenden.
Wir können mittlerweile auf zahlreiche Defektgene testen und die Forschung schreitet rasch voran. Einzig den richtigen Umgang mit Findings und Trägern muss man lernen.
Wir können genomische Inzuchtkoeffizienten ermitteln lassen und darauf bei unseren Verpaarungen achten. Das ist einfach, da bleibt nicht viel Interpretationsspielraum.
Wir können mithilfe moderner Methoden auf die genetische Vielfalt achten, sei es generell oder ganz speziell im Bezug auf die für das Immunsystem relevanten DLA-Haplotypen. Auch das liefert eindeutige Handlungsempfehlungen.
Wir können Diversität auch auf die „alte“ Art und Weise fördern, indem wir Show- und Leistungslinien wieder durchmischen, alte Linien nutzen und uns nicht von Menschen beeinflussen lassen, die das als Nonsens abtun und Hunde aus solchen Verpaarungen als „weder Fisch noch Fleisch“ bezeichnen. (Kleiner Hinweis am Rande: Die Kritiker haben meistens Unrecht, was sie wüssten, würden sie über den Tellerrand schauen 😉 )
Wir könnten also die Hunde in den Vordergrund stellen und es würde uns nichts kosten, außer ein bisschen Mut, in anderen Bahnen zu denken.
Ok, und vielleicht ein paar Euro. Ein Test auf über 170 monogene Erkrankungen und die individuelle genetische Diversität ist bereits ab 99,- zu haben…

Bitte schaut euch also diese Präsentation an, besucht oder organisiert gar Vorträge, lest auf den vielen Seiten von Leuten wie Irene Sommerfeld-Stur (oder kauft ihr Buch) oder eben auch The Greyhound Show (die immer wieder interessante Artikel online stellen), dem Institute of Canine Biology usw., nutzt entsprechende Gruppen und fragt, wenn ihr etwas nicht versteht. Wissen ist dazu da, geteilt und angewandt zu werden. Wer sich mit diesen Themen beschäftigt, tut das im Regelfall erst mal aus purem Idealismus und nicht, weil er sich über andere stellen will. In der Hoffnung, dass eben doch der eine oder andere etwas lernt.


Whippetzucht im DWZRV 2012 -­ 2017: Eine Analyse & Handlungsempfehlungen

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Whippetzucht im DWZRV 2012 -­ 2017

Unter diesem Link findet sich eine Analyse des Zuchtgeschehens im DWZRV (Deutscher Windhundzucht- und Rennverband) aus populationsgenetischer Sicht und unter einer kurzen Bezugnahme auf die Möglichkeiten moderner genetischer Untersuchungsmethoden (genetische Diversität, siehe dazu auch Genomweite DNA-Analysen als Möglichkeiten in der modernen Hundezucht I).

Ich möchte nur kurze Passagen herausgreifen, die ich für sehr wichtig halte, empfehle Züchtern aber dringend, diese Zusammenfassung komplett zu lesen – mehrfach, wenn es sein muss, damit es verstanden und angewandt werden kann!

Welpeninteressenten möchte ich diesen Text ebenfalls ans Herz legen, auch wenn mir bewusst ist, dass es vielleicht ein bisschen viel verlangt ist, dies zusätzlich bei der Züchterwahl zu berücksichtigen. Es muss Welpenkäufern aber bewusst sein, dass sie maßgeblich dazu beitragen, wie gezüchtet wird.

„Eine populationsgenetische Betrachtung des Zuchtgeschehens beim Whippet und deren Einbeziehung in die Zuchtplanung erscheint höchst sinnvoll, um den Genpool zu erhalten, die Zunahme des Inzuchtgrades zu kontrollieren und die Ausbreitung von Erbkrankheit einzudämmen.“

Einfach weiterwurschteln wie bisher bringt es nicht.

„Bedenklich ist dagegen der durchgängig hohe Inzucht-­Zuwachs über 2,5 % in sämtlichen betrachteten Jahren, mit 65 Würfen mit einem Inzucht‐Koeffizienten von über 6,25%.
(…)
Es ist also davon auszugehen, dass der Inzuchtgrad in der DWZRV-Whippetpopulation noch wesentlich höher anzusetzen ist, als es die Zahlen in diesem Artikel vermuten lassen. Weil die genetische Diversität bzw. der Mangel daran ein wichtige Rolle beim Entstehen von Autoimmun-Erkrankungen spielt, passen diese Ergebnisse zu den inzwischen häufiger bei Whippets aufretenden Krankheiten wie Futtermittelallergie, Demodekose oder Symmetrische lupoide Onychodystrophie.
(…)
Da der Inzuchtkoeffizient immer nur eine berechnete Schätzgröße ist, geben DNA‐Untersuchungen zur genetischen Diversität des Individuums natürlich wesentlich genauere Auskunft. Dies ist ein Werkzeug, welches zukünftig intensiver genutzt werden sollte, will man ernsthaft die genetische Diversität der im DWZRV gezüchteten Whippets steigern.“

Es wäre also jetzt Zeit, endlich zu handeln. Und zwar kann man folgendermaßen anfangen:

„• Verbot der Inzestzucht. Verpaarungen mit einem höheren Inzucht-­Koeffizient als 6,25 % über fünf Generationen sind genehmigungspflichtig.

• Festlegung des durchschnittlichen Inzucht-­Koeffizienten für die in einem Jahr geborenen Welpen auf maximal 3,5 % (berechnet auf 7 Generationen).

• Limitierung der Nachkommen eines Elterntieres auf maximal 5 % der in fünf Jahren in europäischen FCI-­Ländern eingetragenen Welpen dieser Rasse.

• Neben diesen rein zahlenbasierten Einschätzungen und Maßnahmen kann man inzwischen auch auf andere Mittel zurückgreifen, um die genetische Diversität bei den einzelnen Verpaarungen zu erhöhen. Die Nutzung eines DLA-­Haplotypen-­Tests (Feragen, MyDogDNA) als Werkzeug zur Paarungsplanung erscheint höchst sinnvoll.“

Ich handle bereits entsprechend.
Lori (Naturatas Don’t Worry Be Happy) war u.a. die erste in Österreich stehende Whippethündin, bei der eine Analyse von MyDogDNA durchgeführt wurde, wie man auch im Artikel sehen kann.
Hier findet sich der Link zu ihrem Profil: MyDogDNA-Analyse Naturatas Don’t Worry Be Happy

Das heißt nicht, dass meine Welpen gesünder sein werden als andere, denn mir stehen auch nur die Hunde zur Verfügung, die andere haben. Wir sitzen alle im selben Boot, schöpfen aus dem selben Genpool und man kann als Züchter nicht alles kontrollieren. Aber man kann sich Mühe geben und lernen.
Die Bedingungen, unter denen wir Hunde züchten, haben sich stark geändert und zum Teil durchaus verschlechtert. Nicht zuletzt aufgrund der Zuchtpraktiken vergangener Jahrzehnte (siehe auch Wie aus dem Nichts? Was wir aus Gendefekten lernen könnten).
Es freut mich daher sehr, dass Loris Züchterin und auch die Besitzerin von Loris „Verlobten“ diesbezüglich so eng mit mir in Austausch stehen.
Vielen Dank für euer Vertrauen, ohne konstruktive Zusammenarbeit sieht es nämlich schlecht aus!

Vielleicht möchten auch andere Züchter zukünftig die Anregungen umsetzen oder vielleicht möchten sogar Zuchtverbände entsprechende Bestimmungen in ihre Zuchtordnungen aufnehmen und mit anderen Zuchtverbänden kooperieren. Es wäre sehr sinnvoll und würde den Zweck eines Zuchtverbandes unterstützen.

Tod durch Kälte – erfrieren Hunde durch kalte Atemluft innerlich?

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Nein!
Selbstverständlich nicht.
Es ist schade, dass diese Meldung bereits so viele Jahre durch das Internet geistert und noch immer Leute darauf hereinfallen oder sie sogar verbreiten.
In den kommenden Tagen soll es wieder einmal sehr kalt werden, also man rechnet mit für diese Region der Erde eigentlich üblichen Nachttemperaturen von -15°C bis -20°C.

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-15°C und Sonne

Das ist ziemlich kalt, aber nicht zu kalt für einen ausgiebigen Spaziergang mit Sprinteinlagen. Also lasst eure Hunde in der kommenden Woche ruhig laufen, aber achtet ggf. auf die Pfoten (Abschürfungen, Schnitte durch Eis oder auch Verletzungen der Sehnen, Bänder, Kapseln durch zu harten Untergrund) und warme Muskeln.

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-5°C und Tendenz fallend

Wann kalt zu kalt wird:
Lungenprobleme aufgrund kalter Luft sind ein großes Thema im Schlittenhundesport und ein großer Kritikpunkt von Tierschützern. Es ist kein Geheimnis, dass menschliche Wintersportler gehäuft an Erkrankungen der unteren Atemwege leiden. Für menschliche Wintersportler gibt es daher auch Atemlufterwärmer, für Hunde selbstverständlich nicht. Hunde brauchen das aber im Normalfall auch nicht, als Ausnahme könnte man neben den Schlittenhunden eventuell (!) brachyzephale Rassen nennen, die extrem verkürzte Schnauzen und deformierte Atemwege haben. Aber selbst da…
2002 wurde jedenfalls eine diesbezüglich interessante Arbeit im American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine veröffentlicht, für die 59 „elite racing sled dogs“, also absolute Spitzensportler, 24 bis 48 Stunden nach einem 1100 Meilen langen Ausdauerrennen mittels Bronchoskopie untersucht.
Diese Hunde liefen also 9 bis 14 Tage lang bei bis zu -40°C über 1770km, oft nachts, und das auf Volllast vor dem Schlitten.
Nach dieser Untersuchung, die verschiedene TS-Organisationen in ihren Protesten zitieren, hatten knapp die Hälfte der untersuchten Schlittenhunde nach einem Bewerb moderate bis ernste Veränderungen in der Lunge.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12231501

Man sollte die Schäden durch diesen Sport also nicht unterschätzen, aber wir reden hier von Temperaturen weit unter dem, was selbst bei uns erwartet wird, und von extremsten körperlichen Leistungen!
Bei -10°C oder auch -15°C mache ich mir bei fitten Hunden noch lange keine Gedanken um die Lungen, da haben sie teilweise nicht einmal einen Mantel oder einen Pulli an.

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-15°C: Auch nach über einer Stunde lachen wir noch.

Also, geht Gassi, solange es euch und den Hunden Spaß macht, oder bleibt einfach im Haus, wenn es euch nicht nach draußen zieht. In beiden Fällen werdet ihr es schadlos überleben 😉

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Dauerfrost und Pulverschnee ❤

MyDogDNA, das Breeder Tool und der Genetic Health Index

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Da erfreulicherweise vereinzelt Whippetzüchter dazu übergehen, ihre Hunde bei MyDogDNA testen zu lassen, möchte ich kurz etwas zum Genetic Health Index schreiben. Das ist die Zahl, die den Leuten als erstes in die Augen fällt, mit der viele aber gleichzeitig auch nur wenig anfangen können.


Ich werde daher an dieser Stelle vorgreifen und nicht darauf eingehen, was genau MyDogDNA wie testet, sondern wirklich nur den GHI thematisieren.

MyDogDNA gibt zum GHI eine gute Erklärung an:

The Genetic Health Index (GHI) describes the relative health level of the dog’s genome in relation to the other tested dogs in the database, considering both disease test results and measured genetic diversity.
The dog’s GHI is not stable and is likely to change when the number of tested dogs increases. The average dog has a GHI value of 100 – the healthier the dog, the higher the index. For instance, severe inherited diseases, as well as low genetic diversity, would lower the index. The GHI value becomes breed-specific when a sufficient number of dogs have been tested within a breed.
Please note that the GHI value should not be used for breeding selections; mating of two dogs with a high GHI will not necessarily lead to healthier offspring as the dogs might be too closely related. Use the Breeder Tool to evaluate the genetic match and to see the estimated genetic health of the offspring.
The genetic health index does not take into account known inherited diseases within a breed for which there are no DNA tests or any test results obtained outside the database.

Auf Deutsch:
Der Genetic Health Index (GHI) beschreibt das relative Gesundheitsniveau des Hunde-Genoms in Relation zu den anderen getesteten Hunde in der Datenbank, wobei sowohl die Testergebnisse auf Erbkrankheiten als auch die gemessene genetische Diversität berücksichtigt werden.
Der GHI des Hundes ist nicht statisch und wird sich wahrscheinlich ändern, wenn die Anzahl der getesteten Hunde zunimmt. Der durchschnittliche Hund hat einen GHI-Wert von 100 – je gesünder der Hund, desto höher der Index. Zum Beispiel würden schwere Erbkrankheiten sowie eine geringe genetische Vielfalt den Index senken. Der GHI-Wert wird rassespezifisch, wenn eine ausreichende Anzahl von Hunden innerhalb einer Rasse getestet wurde.
Bitte beachten Sie, dass der GHI-Wert nicht für die Zuchtauswahl verwendet werden sollte, die Paarung von zwei Hunden mit einem hohen GHI führt nicht notwendigerweise zu gesünderen Nachkommen, da die Hunde zu eng verwandt sein könnten. Verwenden Sie das Breeder Tool, um die genetische Übereinstimmung zu bewerten und die geschätzte genetische Gesundheit der Nachkommen zu sehen.
Der genetische Gesundheitsindex berücksichtigt keine bekannten Erbkrankheiten innerhalb einer Rasse, für die keine DNA-Tests oder Testergebnisse außerhalb der Datenbank vorliegen.

Reicht das jetzt als Info?
Nein 😉

Beim Whippet setzt sich der GHI eigentlich ausschließlich aus der genetischen Diversität zusammen, denn außer der sehr seltenen Myostatin-Mutation und der noch viel selteneren Blutgerinnungsstörung Faktor VII-Mangel wurden beim Whippet noch keine Erbkrankheiten nachgewiesen. PFKD gilt als rassespezifische Erkrankung, meines Wissens gibt es jedoch nur zwei bekannte Fälle, und das waren Brüder. Es ist also unwahrscheinlich, dass man hier etwas findet. Das betrifft die Erbkrankheiten in diesem Panel, bitte NICHT generell!
Je höher jedenfalls die Diversität beim einzelnen Hund, desto höher der GHI. Ein Whippet mit durchschnittlicher Diversität von ca. 31% ohne Erbkrankheit hat also einen GHI von 100. Punkt. Nicht Prozent, nicht sonstwas, nur 100.
Liegt seine genetische Diversität überdurchschnittlich hoch, hat er einen höheren GHI als 100. Liegt sie darunter, ist der Wert niedriger als 100.

Lori hatte einen GHI von 100, ihre genetische Diversität liegt mit 30,7% genau an der Grenze. Da in den letzten Wochen viele Sporthunde getestet wurden, hat sich der Wert aller Whippets jedoch minimal verschoben und sie rutschte auf 99 ab. Kommen in Zukunft wieder mehr Showhunde dazu, wird ihr Wert vermutlich wieder ansteigen, denn Showwhippets haben in der Regel eine geringere Diversität als Rennwhippets (warum, das erkläre ich mal an anderer Stelle, hauptsächlich liegt es aber einfach an der häufiger und intensiver praktizierten Linienzucht = Inzucht bei Showhunden).

Das ist damit gemeint, dass der Wert nicht statisch ist, sondern sich mit den neu getesteten Hunden ändert.

Generell ist anzumerken, dass die genetische Diversität beim Whippet leider bereits vergleichsweise niedrig ist.
Beim Whippet liegt der Median aktuell bei 31,3%.
Bei allen Rassehunden in der Datenbank bei 33,8%.
Bei den Mischlingen bei 43,3%.
Beim Italienischen Windspiel bei 33,7%.
Beim Irish Wolfhound bei 25,2%.
Beim Saluki bei 35,1%.
Und beim Greyhound bei 31,7%.
Etc.

Das deckt sich mit der hier erwähnten Analyse und ist nicht gerade erfreulich, zumal man etwas bedenken muss, das vielen nun auch nicht wirklich schmecken wird: Es sind nicht alle getesteten Whippets als reinrassig einzustufen, auch wenn das auf dem Papier vielleicht so steht.
Einige Whippets zeigen eine außergewöhnliche genetische Nähe zum Greyhound und eine genetische Diversität im Bereich eines Mischlingshundes. Und nein, das geht nicht auf die Entstehung der Rasse zurück und nein, es handelt sich auch nicht um Einkreuzungen, die vor Jahrzehnten vorgenommen wurden.

Diese Hunde drücken einerseits die Werte der reinrassigen Hunde etwas nach unten, heben andererseits aber die rassespezifische Diversität künstlich an und zeichnen damit quasi ein geschöntes Bild.
Es dürfte in Wahrheit also noch ein wenig schlechter um die genetische Vielfalt innerhalb der Rasse stehen.
Was man dagegen tun kann, kann man z.B. hier lesen.

Was fängt man aber nun eigentlich mit diesem Wert an?
Wirklich interessant ist der GHI für Züchter. Denn mittels Breeder Tool lässt sich unter den getesteten und als Zuchthund registrierten Whippets ein Partner finden, der den eigenen Hund möglichst gut ergänzt und Nachkommen mit einer vielfältigen genetischen Ausstattung erwarten lässt.
„Erwarteter GHI“ ist diesbezüglich das Stichwort, denn natürlich kann im Vorhinein nicht gesagt werden, welche Gene ein Welpe nun tatsächlich in welcher Kombination erhält (warum, das steht hier).
Ähnlich wie der COI/Inzuchtkoeffizient gibt das Breeder Tool lediglich einen Anhaltspunkt, allerdings einen, der auf tatsächlich vorhandenen Genen beruht und nicht auf einer mathematischen Formel.
Interessanterweise lassen sich die im verlinkten Beitrag beschriebenen Unterschiede zwischen Geschwistern mit MyDogDNA direkt zeigen.
Aus dem A-Wurf of Goldenblue, dem Y-Wurf und dem Naturatas B-Wurf finden sich Geschwister in der Datenbank, deren GHI-Werte sich deutlich unterscheiden, so z.B. Aramis 100, Avanne 102, Amber 104.
Führt man fiktive Verpaarungen durch, zeigt sich, dass selbst in einem sehr homogenen Wurf mit einem sehr hohen COI von über 10% Schwestern unterschiedlich gut zu ein und demselben Rüden passen. Das Tool greift also tatsächlich auf die analysierten Sequenzen zurück und vergleicht diese mit dem Partner, weshalb es logischerweise sinnvoll ist, vor einem Wurf beide Elterntiere zu testen und nicht nur die Mutter oder den Vater in spe.

Das Tool wird demnach so angewandt: Man klickt auf Breeder Tool oder auf das Herz mit der pink unterlegten Zahl, die angibt, wie viele potentielle Zuchtpartner in der Datenbank vorhanden sind. Die Datenbank sortiert weder Geschwister noch sonstige Verwandte aus, was ich eigentlich ganz sinnvoll finde, denn so sieht man gleich, was bei einer Inzestverpaarung passiert – der GHI sinkt dramatisch ab.

In absteigender Reihenfolge werden also die Partner angezeigt, rechts davon der erwartete GHI der Welpen. Dieser ist besonders hoch, wenn sich die Hunde gut ergänzen und die Nachkommen eine gewisse Vielfalt an Genen mitbekommen können.
Ideal für eine Wurfplanung wäre diesbezüglich, dass der erwartete Wert der Welpen über dem der Eltern liegt. Zumindest sollte er nicht niedriger liegen als bei den Eltern/dem Elternteil mit der niedrigeren Diversität.
Das wäre der Fall, wenn man Hunde verpaart, die entweder tatsächlich in den letzten paar Generationen nah miteinander verwandt sind, oder aber zufällig sehr ähnliche Genkombinationen tragen.
Das wollen wir ja vermeiden, daher ist ein Partner mit hohen Werten zu bevorzugen.
Natürlich wäre das bei einer Verpaarung von Sport- mit Showlinien der Fall, etwas, was schließlich auch immer wieder von Menschen mit einem etwas tieferen Verständnis der Thematik gefordert wird 😉 Es wird dennoch sehr selten durchgeführt, auch bei anderen Rassen, wobei ich hier gerne dieses sehr löbliche Beispiel beim Greyhound anführen möchte.

Naja, und das war’s auch schon.
Über Herzgesundheit, Augengesundheit, das Wesen oder andere Erkrankungen kann man keine Aussage treffen. Diese Dinge muss ein Züchter abklären, so wie er das immer schon gemacht hat. Oder auch nicht gemacht hat. Nur wenn es um Autoimmunerkrankungen geht, da zeigen Studien beim Italienischen Windspiel, Pudel usw., dass Hunde mit einer höheren genetischen Diversität seltener betroffen sind.
Über Größe, Farbe, Morphologie kann man ebenfalls Aussagen treffen, aber das soll hier nicht Thema sein.

Warum ich es sehr wertvoll und spannend finde: Man sieht unmittelbar die Konsequenzen, die züchterische Entscheidungen auf die genetische Vielfalt der Hunde haben und man kann Vergleiche mit der Pedigreeanalyse im Whippet Archive anstellen.
Welche Auswirkungen haben ein hoher COI, ein hoher AVK auf die genetische Diversität? Und welche ein niedriger COI und AVK? Bei welchen Hunden zeigt sich das stärker, bei welchen weniger stark?
Wie verändert sich der niedrige GHI eines Showhundes, wenn man ihn mit einem anderen, nicht verwandten Showhund mit niedrigem GHI kreuzt?
Der kann auf einmal ganz schön ansteigen 🙂
Und das wäre das, was neben den restlichen Gesundheitswerten und dem Wesen eigentlich zählt.
Denn wer bisher noch nicht verstanden hat, warum Inzucht auf Dauer (und wir züchten unsere Whippets nun schon seit über 100 Jahren „in“!) gefährlich ist und warum genetische Verarmung DAS Problem der heutigen Hundezucht ist, dem… Ja, dem ist natürlich schon zu helfen, nur erfordert das auch ein wenig Offenheit und Motivation 😉

Kräuterpesto für Hunde

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Im Frühling nutzen Menschen schon seit vielen Jahrtausenden die frisch austreibenden Kräuter, um Nährstoffdefizite, die sie im Winter durch die weniger abwechslungsreiche Kost erleiden, wieder auszugleichen und den Körper fit für das neue Jahr zu machen.
Viele Kräuter sind reich an Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und an sekundären Pflanzenstoffen, die den Stoffwechsel, die Blutbildung, das Immunsystem usw. anregen und vor allem alternden Hunden oder Hunden mit chronischen Erkrankungen gut tun.

Wichtig ist, dass man auch Kräuter nicht ohne Anleitung in höheren, also medizinisch wirksamen Dosen verabreicht. Nicht alle sind vollkommen harmlos, daher sollte man sich bei Unsicherheiten Rat holen.

Bei der Brennnessel wäre eine medizinisch wirksame Dosis 1 TL getrocknete Blätter pro Tag, damit behandelt man Blasen- und Harnwegsinfekte, stillt Blutungen oder regt die Blutbildung und bei säugenden Hündinnen den Milchfluss an (also generell ein gutes Kraut für Hündinnen, die gerade geboren haben und einen Wurf aufziehen).

1 TL trockenes Kraut ist jedenfalls eine ziemlich große Menge, die man, wie beim Bärlauch oder Knoblauch, nicht mal eben aus Versehen gibt.
Ein bisschen überlegen sollte man aber dennoch und auch mal checken, was im eigenen Fertigfutter eventuell an Kräutern enthalten ist 😉
Es gibt zahlreiche Pflanzenbestimmungsbücher und jeden Frühling auch Führungen, Kräuterwanderungen, Exkursionen etc. von Universitäten, Volkshochschulen und anderen Bildungseinrichtungen oder von Personen, die in diesem Bereich tätig sind. Bei den meisten Kräutern gibt es „todsichere“ Bestimmungsmerkmale und es ist kein „Hexenwerk“, essbare von weniger bekömmlichen Kräutern zu unterscheiden.

Zum Bärlauch und dem Knoblauch hatte ich hier vor einigen Jahren etwas geschrieben, zu anderen, für Hunde geeigneten Kräutern würde ich gerne demnächst noch etwas schreiben. Mal sehen, ob ich dazu Zeit finde.

Kräuter, die ich regelmäßig verfüttere, sind: Bärlauch, Brennnessel, Löwenzahn, Spitz- und Breitwegerich, Giersch, Frauenmantel, Brombeere, Himbeere, Erdbeere, Bärenklau, Schafgarbe, … und Küchenkräuter wie Pfefferminze, Melisse, Basilikum, Majoran, Oregano, Petersilie, Schnittlauch, Koriander etc.

Diese kommen im Normalfall einfach zusammen mit dem Gemüse/Obst in den Mixer und werden zum Fleisch verfüttert.
Alternativ kann man Kräuter trocknen, einfrieren oder ein Pesto zubereiten, so kommt man auch gut über den Winter.

Wikipedia sagt, „das (auch: der) Pesto (von italienisch pestare, „zerstampfen“) ist eine pastose, ungekochte Sauce (…)“, für mich persönlich ist Pesto aber einfach eine praktische Form der Haltbarmachung und auch ein praktisches Ergänzungsfutter, das Hunde gerne annehmen. Die meisten Hunde fressen es pur.

Dazu benötigt man nicht mehr als einen guten Mixer oder einen Pürierstab, eine Flasche Pflanzenöl (ich verwende ein gutes Olivenöl und kombiniere mit Kokos- und Leinöl), ca. zwei große Schüsseln Kräuter und die passenden Gläser mit Deckel.

Zuerst gibt man das Öl in den Mixer, dann nach und nach die Kräuter dazu, bis alles gut püriert ist, füllt alles in Gläser und bedeckt das Pesto mit Öl. Wenn es luftdicht unter Öl liegt, hält es im Kühlschrank problemlos mehrere Wochen. Nach der Entnahme immer wieder mit Öl bedecken.

Denkbar einfach.
Ich gebe dann einen Teelöffel pro Tag.

Eine andere Möglichkeit ist, das Pesto in kleinen Formen (z.B. Eiswürfelformen oder Backmatten) einzufrieren. Man kann die kleinen Würfelchen dann aus der Form lösen und in einem Gefrierbeutel aufbewahren, das spart Platz und lässt sich leicht dosieren.

Beim Sammeln solltet ihr beachten, dass

  • die Kräuter möglichst nicht feucht vom Regen oder Tau sind. Sonst hält das Pesto nicht so gut. Daher auch nicht abwaschen!
  • die Kräuter nicht von gespritzten oder gedüngten Wiesen stammen. Auch sollte nicht in der Nähe von Straßen oder von Schutthaufen gesammelt werden, die Pflanzen nehmen schädliche Stoffe auf, welche sich auch in den Blättern anreichern.
  • nur Pflanzen gesammelt werden, von denen ihr sicher wisst, um welche es sich handelt!
  • Blätter mit Bedacht einzeln gezupft werden. Das dient einerseits der Sicherheit, keine unerwünschten (= giftigen) Pflanzen mit einzusammeln, und andererseits kann so die Pflanze weiterwachsen und geht nicht ein. Außerdem vermeidet ihr so, Insekten, Schnecken und andere Kleintiere versehentlich zu zerquetschen oder aus ihrem Lebensraum zu entfernen.
  • möglichst wenig Blüten vernichtet werden, da diese von Insekten als Nahrungsquelle genutzt werden.
  • nur frische Triebe oder faserarme Pflanzenteile verwendet werden, sonst streikt der Mixer schnell.
  • nicht einfach unerlaubt von fremden Grundstücken gesammelt wird. Gut wäre, wenn man das Einverständnis hat oder zumindest bekannt ist, dass das Sammeln geduldet wird.

Loris Augenuntersuchung

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Als Vorbereitung für Loris ersten Wurf waren wir heute in Oberalm bei Dr. Hannes Meissel, der im In- und Ausland für seine herausragende Kompetenz beim Thema Augen bekannt ist. Ich habe das Glück, nur exakt 50km Anreise bewältigen zu müssen, aber ich kenne auch Hundehalter, die von sehr viel weiter zu ihm kommen, z.B. aus Südtirol.

Dr. Meissel ist Mitglied im Arbeitskreis Veterinär Ophtalmologie (AKVO), im European College of Veterinary Ophthalmologists (ECVO), der European Society of Veterinary Ophthalmology (ESVO) und der Fortbildungsgemeinschaft Veterinärophthalmologie (FVO) und die Untersuchung wurde nach entsprechenden Standards durchgeführt.

Ergebnis: Lori ist frei von allen getesteten Augenerkrankungen 🙂
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In 1-2 Jahren wird die Untersuchung wiederholt.

Warum ist eine Augenuntersuchung vor dem Zuchteinsatz wichtig?

Whippets sind nicht stark von Augenerkrankungen betroffen, dennoch sind mir einige Fälle von erblich bedingten Augenerkrankungen bekannt, die bereits in jungen Jahren zur Erblindung führten oder aber nur mittels kostspieliger Operationen behoben werden konnten. Sowohl Show- als auch Rennlinien sind betroffen und die familiäre Häufung ist, neben der Tatsache, dass der Erbgang auch bei anderen Rassen sehr gut untersucht ist, leider der Beweis für eine erbliche Ursache.
Vor allem PRA oder Kararakte und Glaukome kommen vor.

Eine Studie aus Brasilien (2016) zeigte, dass von 51 routinemäßig untersuchten Whippets erschreckende 16 Hunde an einer erblich bedingten PRA erkrankt waren!

Bei der PRA handelt es sich um das Absterben der Netzhaut und sie führt so gut wie immer zur Erblindung, oft schon früh im Leben eines Hundes. Eine Behandlung ist nicht möglich.

Die Pedigree-Analyse sprach für einen autosomal-rezessiven Erbgang.

Die Retinadystrophie, die hier beim Whippet beschrieben wird, hat einen einzigartigen Phänotyp, gekennzeichnet durch einen initialen Mangel an P-Wellen im ERG, die Entwicklung von Bullae in der Retina und schließlich der Entwicklung einer progressiven generalisierten Degeneration der Retina.

http://www.vetcontact.com/ophthalmologie/art.php?a=7930&t=&f=25

Wer jetzt meint, brasilianische Hunde seien für uns nicht von Interesse, der darf sich gerne einmal die Pedigrees dieser Hunde anschauen – sehr relevant für viele europäische Hunde!
Aber, wie angemerkt, das sind ja nun auch nicht die einzigen betroffenen Hunde…
Darüber hinaus helfen solche günstigen und für den Hund vollkommen harmlose Untersuchungen, mögliche vorhandene Probleme zu erkennen. Sie ermöglichen auch, dass man sofort eingreifen kann und Defekte nicht unerkannt in der Population weiterverbreitet. Nach wie vor ist die bevorzugte Art zu züchten die Linienzucht, was schnell dazu führt, dass sich schädliche Mutationen anhäufen.

Lori wurde zwar auf verschiedene Augenerkrankungen mittels der MyDogDNA Genanalyse getestet, aber ein Gentest kann immer nur eine einzelne Erkrankung, die mit einem Gendefekt einhergeht, aufzeigen. Wie man an der brasilianischen Studie sieht, ist auch nicht jeder Gentest für jede Form der PRA bei jeder Rasse möglich. Es gibt Hunderassen, die mehrere Formen von Katarakt, PRA & Co aufweisen können.
Eine umfassende Augenuntersuchung deckt alles ab, muss aber, für zuverlässige Ergebnisse, später im Leben wiederholt werden.

Zum Ablauf der Untersuchung, die immer bei einem zertifizierten Spezialisten vorgenommen werden muss: Die Sache ist denkbar unaufregend. Geradezu langweilig 😉

Weder muss der Hund nüchtern sein, noch ist etwas anderes zu beachten, als dass nach der Untersuchung 2-3 Stunden Ruhe in einem eher dunklen Raum angesagt sind.
Zuerst werden die Augen im Normalzustand untersucht, anschließend werden Augentropfen eingebracht, um die Pupillen weitzustellen. Das ist nötig, damit der Augenhintergrund beurteilt werden kann.
Der Hund hat dabei keine Schmerzen, lediglich helles Licht sollte vermieden werden, damit er nicht geblendet wird. Es bietet sich also fast an, die Untersuchung auf einen Nachmittag in der Winterzeit zu legen, ansonsten sorgt man für eine abgedunkelte Box auf der Heimfahrt und ein abgedunkeltes Zimmer.
Nebenwirkungen der Augentropfen gibt es nur selten, sie sind darüber hinaus nicht gravierend. Regelmäßige Behandlungen gegen Zecken, Flöhe oder Würmer sind definitiv eine größere Belastung für den Körper, daher muss sich niemand Sorgen machen 😉

Etwa eine Stunde später hält man dann seine Zertifikate in der Hand und kann sich (hoffentlich glücklich) auf den Heimweg machen.

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War halb so wild 😉

Auf dem Konto fehlen lediglich rund 100 Euro (ich habe 98,- bezahlt, in Deutschland sind die Gebühren i.d.R. niedriger), was angesichts der Tatsache, dass die Welpenpreise beim Whippet schon eine ganze Weile bei 1500 Euro und mehr pro Welpe liegen, echt für absolut jeden Züchter leistbar ist! Anders ausgedrückt: Das sind gerade mal die Meldegebühren für zwei CACIB Ausstellungen…

Also, einfach mal machen bzw. beim Züchter des Vertrauens nachfragen, ob er seine Hunde testen lässt.
Es ist auf jeden Fall sinnvoll, unschädlich und kostengünstig, mit einem guten Effekt.


Loris Herzuntersuchung

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Zur Herzuntersuchung war es heute ein Stück weiter als zur Augenuntersuchung vor einer Woche – was daran liegt, dass es in Österreich nur drei Tierärzte gibt, die nach den Standards des Collegium Cardiologicum (Gesellschaft zur Qualitätssicherung kardiologischer Zuchttauglichkeitsuntersuchungen in der Tiermedizin) untersuchen und von diesem zertifiziert sind. Natürlich sind auch andere TÄ kompetent in Sachen Herz, aber wenn ich mir schon die Mühe mache, kann ich es auch gleich richtig machen 😉
Einer dieser drei TÄ ist Dr. Peter Modler in Sattledt, ein sehr sympathischer TA, so wie überhaupt das ganze Personal dieser (für unsere Verhältnisse) riesigen Tierklinik.

Um die 20 TÄ kann man dort konsultieren, die von einer kleinen Armee an Assistenten unterstützt werden. Bei meiner Ankunft taten drei Empfangsdamen Dienst, während zum Vergleich kein einziger der örtlichen bzw. nachbarörtlichen TÄ auch nur eine einzige Assistentin hat…

Auf der hauseigenen Hundewiese konnten wir uns vor und nach der Untersuchung ein wenig die Füße vertreten, ebenfalls ein toller Service!
Überhaupt war die Wartezeit nicht langweilig, durch die großen Fenster konnte man allerlei Spannendes beobachten:

Die Herzuntersuchung selbst findet, wenn ich mich nicht täusche, in diesem Raum statt und sollte für einen Zuchthund keine große Sache sein, auch wenn es natürlich nicht so prickelnd ist, seitlich liegend auf dem Untersuchungstisch fixiert zu werden. Es haben aber bisher noch alle unsere Hunde ohne Trauma überlebt 🙂

Lange Rede, kurzer Sinn: Auch das Herz ist gesund!

Eine solche Untersuchung für die Zucht schlägt mit €160,- zu Buche und sollte, wie vermerkt, alle zwei Jahren wiederholt werden. Auch hier muss ich sagen: Das kann sich wirklich jeder Züchter leisten.

Warum eine so umfassende Herzuntersuchung wichtig ist, und nicht nur ein Abhören (Auskultation)?
Bei Windhunden kann es zu einem gehäuften Auftreten von angeborenen, erworbenen oder genetisch bedingten Herzerkrankungen kommen, der Whippet ist besonders von Mitralklappeninsuffizienzen betroffen.
Dieses gehäufte Auftreten von MI beim Whippet wurde früher damit begründet, dass Sporthunde eben anfälliger seien bzw. die MI eine Art Verschleißerscheinung darstellt. Dies ist so nicht richtig und Studien zeigen eindeutig eine genetische Disposition, insbesondere für das frühe Auftreten einer MI, sodass eine Herzuntersuchung bei einem Spezialisten unbedingt vor einem Zucht- oder Sporteinsatz vorgenommen werden sollte.
Ein mildes Herzgeräusch, das beim Abhören auffällig klingt, ist jedoch noch kein Hinweis auf eine tatsächliche Erkrankung, sondern kann physiologisch bedingt sein. Umgekehrt zeigen sich auch angeborene oder erblich bedingte Auffälligkeiten oft nicht beim Abhören.
Mehr gibt es hier zu lesen.

Bald Thigh Syndrome – Studie und Aufruf zur Fellspende

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Wer mag mitmachen?

Das Bald Thigh Syndrome, also die Haarlosigkeit an den Oberschenkeln, betrifft viele Greyhounds, Whippets und vereinzelt Galgos (eher aus dem TS, Greyeinkreuzung). Manchmal liegt eine undiagnostizierte Schilddrüsenfehlfunktion zugrunde, die behoben werden kann. Dünnes Fell betrifft dann häufig auch andere Regionen (Bauch, Brustkorb oder in schweren Fällen den ganzen Körper). Manchmal sind auch ein Nährstoffmangel oder chronischer Stress Schuld und die Haare wachsen bei guter Pflege wieder nach, insbesondere das Füttern von Haferflocken hat einen sehr positiven Einfluss auf das Fellwachstum an diesen kahlen Stellen.
Manchmal findet man aber keine Ursache und spricht dann vom Bald Thigh Syndrome.

Eine Studie in der Schweiz geht nun diesem Phänomen auf den Grund und benötigt Haar- und eventuell auch Blutproben. Gesucht werden betroffene Hunde und Hunde ohne Fellprobleme.

Was war bisher bekannt?
– Haarausfall hauptsächlich am Oberschenkel
– Gesunde Hunde
– Geschlechtsunabhängig
– Rennhunde und Familienhunde betroffen
– Genetische Komponente

Was haben wir bereits gefunden?
Mittels einer Haaranalyse konnten wir zeigen, dass bei betroffenen Hunden vermehrt abgebrochene Haare und Haare mit strukturellen Defekten vorhanden sind.
Eine Haarzyklusstörung wie bislang vermutet liegt nicht vor.
Die Ergebnisse einer sogenannten Transkriptionsanalyse von Hautbiopsien haben gezeigt, dass bei erkrankten Hunden die genetische Information (RNA), welche zur Bildung von 87 verschiedenen Proteinen führt, deutlich reduziert ist. Diese Proteine sind alle für die für die Struktur und Stabilität von Haaren verantwortlich.
Aus unseren Ergebnissen schliessen wir, dass beim „bald thigh syndrome“ eine verminderte Haarqualität aufgrund einer mangelhaften Synthese von Haareiweissen zu der Haarlosigkeit führt.

Hier könnt ihr den Flyer ansehen und die Kontaktdaten finden.

Ich nehme dann Proben all unserer Hunde mit in die Schweiz, wenn wir zum Decken fahren 😉

Wie wichtig ist Folsäure für die Zuchthündin?

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Folsäure ist ein Vitamin aus dem B-Komplex, das im Körper u.a. für die Blutbildung notwendig ist. Frauen mit Kinderwunsch und schwangeren Frauen wird standardmäßig nahegelegt, Folsäure bereits rechtzeitig vor einer Schwangerschaft und jedenfalls mit Bekanntwerden einer Schwangerschaft einzunehmen.

Folsäure 5mg
Folsäure für die Zuchthündin

Wozu Folsäure supplementieren?
Folsäuremangel (in der Schwangerschaft ist der Bedarf deutlich erhöht und wird nicht durch die Ernährung gedeckt) geht mit einer erhöhten Fehlgeburtsrate, Fehlbildungen der Mittellinie/Neuralrohrdefekte wie Spina bifida (offener Rücken) oder Fehlbildungen des Schädels und Gehirns wie z.B. dem“Wasserkopf“, Gaumen- und Kieferspalten und Fehlbildungen des Herzens einher.

Und beim Hund?
Beim Hund gibt es einige Publikationen, die ebenfalls die zusätzliche Fütterung von Folsäure vor der Trächtigkeit und bis zum 40. Tag der Trächtigkeit nahelegen.
Sämtliche Arbeiten zeigten eine deutliche Verringerung des Auftretens von Gaumen- und Kieferspalten, eine leichtere und schnellere Geburt und eine reduzierte Kaiserschnittrate, und das teilweise über das ganze Reproduktionsalter der Hündin (also über mehrere Würfe hinweg).
Anzumerken ist, dass die zusätzliche Fütterung von Folsäure natürlich nicht alle Mittelliniendefekte beseitigt, denn es gibt unzweifelhaft eine genetische Komponente (man nimmt eine rezessive Variante an) und Umweltfaktoren wie Umweltgifte und chronischer Stress sind immer im Auge zu behalten. Aber eine Verringerung von bspw. 17.6% auf 4.2% oder 8.9% auf 4.4% geborener Welpen mit Gaumenspalten ist doch eine gute Sache, zumal diese Defekt oft tödlich für den Welpen endet.

Quellen:
Klick mich
oder mich
oder mich
Oder Google (Scholar) mit folic acid und cleft palate füttern 😉

Wie nun?
Folsäure ist zwar im Futter enthalten, egal ob standardisierte Fertignahrung oder selbst zubereitet, aber wie beim Menschen nicht in ausreichender Menge. Es empfiehlt sich daher mindestens ab Beginn der Läufigkeit bis zum 40. Tag der Trächtigkeit zuzufüttern.
Aber bitte verwendet Monopräparate! Die Kombinationspräparate für Menschen mit Eisen, Jod und anderem sind nicht geeignet, denn davon hat ein Hund normalerweise in einem ausgewogenen Futter genügend.
Folsäure ist frei verkäuflich und in jedem Supermarkt, Drogeriemarkt und am besten in Apotheken zu bekommen. Es ist ein wasserlösliches Vitamin und wird vom Hund ausgeschieden, falls er weniger benötigt, als wir zuführen. Es kann also nicht zu einer Überdosierung kommen, außer, wir legen es auf eine Vergiftung an und stopfen mehrere Packungen in die Hündin. Das wird niemandem einfallen, also keine Sorge 😉
Die Dosis wird unterschiedlich angegeben, aber mindestens 5mg/Tag scheinen üblich zu sein. Die gibt es praktischerweise auch für Menschen in dieser Dosierung.

Farbzucht beim Whippet? Blauer Whippet gesucht!

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Corazón trägt d/d und ist blaugestromt – und als Welpe noch mit blauen Augen zu bewundern

Tasso e.V., die beliebteste Tierdatenbank, die bei der Suche nach vermissten Haustieren hilft, hat die „Top 5“ der 2018 registrierten Rassen veröffentlicht. Tasso ist ein eingetragener Verein und die Registrierung ist kostenlos, ich empfehle sie immer und habe sie auch für den A-Wurf und alle meine vermittelten Tierschutzhunde durchgeführt. Der B-Wurf war dann bei ifta registriert und der C-Wurf geht überwiegend ins Ausland mit eigenen Datenbanken.
Durchgeführt wird eine Registrierung also nur von den eher verantwortungsvollen Hundehaltern, also von einem Bruchteil. Das muss man beim Lesen der Zahlen berücksichtigen, die weniger verantwortungsbewussten Halter scheinen gar nicht erst auf.

Auf Platz 1 der in 2018 registrierten Hunde: Der Mischlingshund mit 87.000 Neuanmeldungen.
Logisch, darunter fallen die meisten Tierschutzhunde, alle Hoppala-Würfe, alle Designerdogs usw.

Auf Platz 2: Der Labrador Retriever mit 20.548 Hunden.
Auch nachvollziehbar, das Image des sich selbst erziehenden Familienhundes bleibt ihnen trotz zahlreicher gegenteiliger Beispiele. Aber: Aus VDH-Zuchten stammen laut Statistik der letzten Jahre nur rund 2500 Welpen.

Auf Platz 3: Der Deutsche Schäferhund. 13.402 Hunde wurden hier neu gemeldet, im VDH gezüchtet aber nur rund 10.000 (seit 2009 fällt die Anzahl der gezüchteten Welpen beim DSH kontinuierlich, damals waren es noch 15.000 pro Jahr). Die Diskrepanz ist nicht so groß, der DSH aber auch kein klassischer Modehund.

Auf Platz 4: Der Chihuahua mit 12.001 angemeldeten Hunden. Gezüchtet im VDH in 2017: 677 Welpen, Tendenz stark fallend.

Auf Platz 5: Die Französische Bulldogge mit 11.203 Neuanmeldungen und nicht mal 240 unter kontrollierten Bedingungen im VDH gezüchtete Welpen, Tendenz ebenfalls fallend.

Quelle: Welpenstatistik des VDH

Woher stammen all diese Hunde?

Einige wenige stammen aus FCI-Zuchten im Ausland, je nach Rasse vielleicht eine Hand voll oder beim Labrador auch einige Dutzend.
Der Verdacht liegt allerdings nahe, dass die Mehrheit dieser Hunde, ähnlich wie viele „Mischlinge“, aus unkontrollierten Zuchtstätten und vor allem aus Massenproduktionen stammen. Seit Aufklärungskampagnen und Dokumentationen das Leid der Zuchthunde und der Welpen in deutsche Wohnzimmer tragen, dürfte das Bewusstsein dafür zwar gestiegen sein, zu vielen Menschen ist die Herkunft ihres Hundes aber schlichtweg egal. Sie wollen ihn heute und sie wollen ihn in einer speziellen Farbe. Wer liefern kann, bekommt den Zuschlag.
Diese Mentalität macht natürlich auch vor kontrollierten Zuchtstätten innerhalb der FCI nicht Halt, und zwar auf beiden Seiten, bei Käufern und Züchtern.
Die Erfahrung lehrt, dass Hunde mit VDH-Papieren (für Deutschland, ÖKV für Österreich, SKG für Schweiz etc.) nicht zwangsweise verantwortungsvoll (im Hinblick auf Gesundheit und Wesen) geplant und auch gut sozialisiert sind. Ich bin der letzte Mensch, der Züchtern innerhalb der Zuchtverbände einen Persilschein ausstellen würde. Es zeigt sich aber leider immer wieder, dass das noch viel weniger bei Welpen ohne Papiere oder von freien Vereinen außerhalb des internationalen Dachverbandes FCI der Fall ist.
Denn was sind die Beweggründe dafür, außerhalb der FCI zu züchten?
Oft geht es bei der Zucht nur um Optik, besonders spezielle Farben wie Merle oder dilutierte Farben wie Blau, Schoko, Lilac, Silver und wie sie nicht alle heißen, stehen im Vordergrund – und gefährden direkt oder indirekt die Gesundheit der Hunde!
Erst kürzlich wurden eine um durchschnittlich 2 Jahre verkürzte Lebenszeit und vermehrte Gesundheitsprobleme in Zusammenhang mit der Zucht von schokofarbenen Labrador Retrievern nachgewiesen. Diese Hunde sind im Schnitt nachweislich kränker, leben kürzer und haben ein vom Standard abweichendes Verhalten. Letzteres ist unter Labradorhaltern gut bekannt und die Begründung lautete immer: Sie wurden nur auf Optik gezüchtet, nie auf ihre Arbeitsleistung und das entsprechende Wesen.
Kommt einem das als Whippethalter bekannt vor? Oh ja, die Showdogs ohne Jagdambitionen, hah 😉
Schuld ist in diesem Falle nicht direkt die Farbe, sondern das Augenmerk in der Zucht auf der Farbe – und nicht auf Wesen und Gesundheit. Schokobraune Hunde sind aber eine anerkannte Farbe, die immerhin kontrolliert innerhalb der FCI gezüchtet wird. Noch viel schlimmer wird es dann bei den nicht anerkannten Farben, wie bspw. Silber, durch Einkreuzung von Weimaranern entstanden und teilweise mit quälenden Hautproblemen assoziiert. Dass der „Anfängerhund Labrador“ plötzlich Wesenszüge des sehr anspruchsvollen Weimaraners aufweist, kommt nicht selten überraschend für die neuen Halter. Und zack, wieder weg damit.
Ähnlich geht es mit dem beliebten Merle beim Chi und French Bulldog, eine Farbe, die innerhalb der FCI aufgrund der Gesundheitsproblematik (Taubheit, Blindheit) und aufgrund der Tatsache, dass sie durch Einkreuzung in die Rasse kam, nicht erlaubt ist. Oder eben bei vielen Rassen „neu“: Verdünnte Farben mit dem Risiko einer CDA usw.

Aber dieses Problem betrifft auch den Whippet.
Seit Jahren werben Züchter innerhalb und außerhalb des Verbandes mit „seltenen Farben“ wie Blau oder auch mit weißen Hunden.

Lustig daran ist, dass die Mutation für die blaue Farbe beim Whippet aber ausgesprochen verbreitet ist, und selbst wenn man es als Züchter möchte – man kriegt sie kaum raus 😉 Über 50% der bei MyDogDNA getesteten Whippets tragen ein oder zwei Allele dafür (gekennzeichnet mit d für dilute, also verdünnt), vererben also die blaue Farbe oder sind selbst blau.
Interessenten suchen also gezielt nach blauen Hunden und Züchter liefern diese blauen Hunde. Rest egal. Wie beim schokobraunen Labbi. Dass zusätzlich auch beim Whippet Symptome der CDA, also der Color Dilution Alopecia, der Farbverdünnungsalopezie/Farbmutantenalopezie auftreten können, wir gerne unter den Tisch gekehrt. Doch die Fellqualität nicht weniger einfarbig blauer Hunde lässt sehr zu wünschen übrig, man erkennt Haarbruch und manchmal zeigen sich auch Hautprobleme. Besonders oft ist das der Fall, wenn blaue Hunde mit blauen Hunden verpaart wurden. Natürlich ist es möglich, dass dies von einer autoimmunbedingten Schilddrüsenunterfunktion herrührt – aber das wäre nicht so viel besser, denn auch das ist ein züchterisches Problem und tritt dann vermehrt auf, wenn es an genetischer Diversität mangelt, also Hunde mit verwandten Hunden verpaart werden, um bestimmte (optische) Merkmale zu festigen. Wie Farbe bspw., ich weise erneut auf den Labrador hin.
Es ist also beim Whippet ebenfalls nicht prinzipiell die Farbmutation, die Probleme verursacht – wir haben selbst blaupigmentierte Hunde und blaupigmentierte Hunde gezüchtet, die herausragend dichtes und seidiges Fell haben – es ist die Zucht auf ein optisches Merkmal.

Cielo trägt d/d und zeigt damit eine verdünnte, blaue Fellfärbung – ist aber eigentlich, wie der Vater (D/d), rot mit einer dunklen Maske

Die weiße Farbe bzw. die Abwesenheit von gefärbten Stellen geht dagegen vermehrt mit Taubheit einher. Schuld daran ist wohl eine Fehlentwicklung des Innenohrs, oder besser der Härchen, die akustische Reize wahrnehmen und weiterleiten. Sie hängen in ihrer Entwicklung zusammen mit den Melanozyten, also den Pigmentkörperchen, die für die dunkle Pigmentierung bei weißen Hunden verantwortlich ist. Kommt ein blaues Auge hinzu, ist das Risiko groß, einen ein- oder beidseitig tauben Hund vor sich zu haben. Verwechseln darf man hier aber nicht die blauen Augen von dilutierten Welpen mit den blauen Augen der erwachsenen Hunde! Blaue Augen beim Welpen werden immer dunkel, ob bräunlich oder eher ins gelbliche oder gar grünliche Spektrum gehend, hängt von anderen Faktoren ab.
Aus anderen Rassen ist der Zusammenhang zwischen Farbe und Taubheit bekannt (Klassiker Dalmatiner, Pitbull usw.) und in den USA, wo gerne sog. „high whites“, also Hunde mit sehr viel Weißanteil gezüchtet werden, ist ein Hörtest eine der wichtigsten Gesundheitsuntersuchungen. Die Amis sind oft schrecklich konsterniert, wenn sie erfahren, dass wir Europäer nicht das Gehör der Welpen oder Zuchthunde testen – der Bedarf besteht bei uns aber glücklicherweise selten. Es wird übrigens bei der Zucht von high whites immer darauf geachtet, dass zumindest die Ohren gefärbt sind – die Zucht von gänzlich weiße Whippets, wie von manchen gewünscht, scheidet also aus gesundheitlichen Gründen eigentlich aus.

Bluni ist ein Starkschecke (high white) und trägt D/d, also ein Allel für die blaue Farbe – das nicht exprimiert wird

Merle wurde kürzlich explizit als Fehler bzw. als nicht existent im Standard des Whippets fixiert, auch das nicht ohne Grund (KC Standard).

Es spricht in Summe nichts gegen eine verantwortungsbewusste Farbzucht beim Whippet, denn es sind alle Farben außer Merle erlaubt und es gibt durchaus die Möglichkeit, gewisse Farbpräferenzen zu berücksichtigen. Meine Zuchtstätte heißt „de Lobito Azul“, weil ich verdünnte Farben gerne mag. Es fallen aber nur durch Zufall und niemals geplant blaupigmentierte Hunde, meine Würfe sind eher bekannt dafür, kunterbunt gefärbt zu sein. Und ich finde Überraschungen bei der Geburt ohnehin viel spannender, meine Interessenten zum Glück auch.
Wenn aber die Farbe das Alleinstellungsmerkmal eines Züchters ist oder der Fokus auf bedenkliche Art und Weise darauf gelegt wird (eben bspw. auch ohne Rücksicht auf Gesundheitswerte, Untersuchungen, Inzucht etc.), womöglich ein höherer Preis damit gerechtfertigt wird, ist es ratsam, Abstand zu halten.

Bitte schaut darauf, woher ihr eure Welpen holt. Vielleicht habt ihr Glück und alles passt wunderbar für euch und euren Hund, aber viel zu oft ist das nicht der Fall. Die Käufer sind ein wesentlicher Faktor in der Zucht, wenn nicht der bestimmende Faktor. Die Anfragen bestimmen leider die Produktion, das ist wie überall in der Wirtschaft. Was sich ja eindrücklich bei der Farbzucht zeigt…

Anbei noch ein Link zu meinen
Gedanken zu Züchterwahl

Ridge, Cowlick, Nackenwirbel, Fellwirbel beim Whippet?

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In der Schweiz wird eine Untersuchung zum Thema Fellwirbel beim Whippet durchgeführt, es gibt dazu Ausschreibungen in Deutsch, Englisch und Französisch und es wäre schön, wenn meine Leser hier die Information an betroffene Hundehalter und Züchter weiterleiten würden.

Zu finden sind sie hier:

Aufruf zur Beteiligung an der Studie „Nackenwirbel“

 

Liebe Whippetzüchter                                                                      

Liebe Whippet-Liebhaber

Liebe Zuchtverantwortliche der Rasse Whippet          

 

Auf diversen Kanälen wurde und wird in Whippet-Kreisen zum Thema «Haarwirbel auf dem Nacken bei Whippets» (auch Halswirbel, Cowlick, Ridge, usw.) diskutiert.

Es scheint, dass ein genetischer Erbgang dafür verantwortlich sein könnte.

Außerdem interessiert die Frage, ob diese Fellvariante dem FCI-Whippet-Standard entspricht oder nicht, und ob sie gesundheitsrelevant ist.

Wir gelangten daher mit der Frage nach der Entstehung von Haar-/Fell-Wirbeln an die Dermatologen. Diese wiederum haben uns umgehend an die Genetiker verwiesen.

Es ist uns gelungen, die Abteilung Genetik unter Prof Dr. Tosso Leeb an der Universität von Bern/CH auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Diese bietet uns ab sofort die Möglichkeit, betroffene Hunde zu testen. So könnte es möglich sein, den vermuteten Erbgang zu durchleuchten und wenn möglich nicht betroffene Hunde als «Träger» zu identifizieren.

Selbstverständlich ist die sachliche Diskussion offen und wünschenswert, wie mit diesen «Wirbeln» umgegangen werden soll. Auch die Richtergremien sollten zu gegebener Zeit dazu Informationen erhalten für eine einheitliche Handhabung.

 

 

Benötigt werden:

  • 5 ml EDTA Blut
  • Fotos des Wirbels (mit Abtretung des Urheberrechtes zwecks späterer Veröffentlichung von möglichen Studien)
  • Stammbaum des betroffenen Hundes
  • Dabei sind für die Studien weniger die Namen der Hunde von Bedeutung als die verwandtschaftlichen Beziehungen der Hunde. So könnte das z.B. aussehen:


 

Schicken an:
Prof. Dr. Tosso Leeb

Institute of Genetics, University of Bern

Bremgartenstrasse 109a, P.O. Box 3350

3001 Bern, Switzerland

 

Phone: +41 31 631 23 26

E-Mail: Tosso.Leeb@vetsuisse.unibe.ch

www.genetics.unibe.ch

 

Praktischer Hinweis für die Tierärzte :

Hundeblut aus der EU darf ohne besondere Bewilligung in die Schweiz importiert werden. Versand der Blutproben und Unterlagen möglichst als Brief mit geeignetem Verpackungsmaterial (und nicht als Päckchen oder Paket). So oder so sollen die Proben richtig deklariert werden: «Hundeblut zu Forschungszwecken, Wert: 1 CHF». Bitte immer einen geringen Wert angeben, damit kein Zoll bezahlt werden muss.

 

Wir hoffen, mit diesem Aufruf zu möglichst vielen Proben von betroffenen (oder verwandten) Whippets zu kommen.

Wir zählen daher auf Ihre Mithilfe, die Züchter und Besitzer von Hunden in ihrem Land zu motivieren, an diesen Erhebungen raschmöglichst teilzunehmen und bedanken uns jetzt schon für Ihre geschätzte Unterstützung.

 

Whippet- und Windspielclub der Schweiz WWCS     

     

 

Präsident Herr Simon Wullschleger

Zuchtwartin Frau Antje Wullschleger

Egmethof 1

CH- 5064 Wittnau

 

Im November 2018

Genomweite DNA-Analysen als Möglichkeiten in der modernen Hundezucht II

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Aufbauend auf den ersten Teil möchte ich diesmal etwas näher darauf eingehen, was bei sogenannten „genomweiten DNA-Analysen“ in welchem Umfang getestet wird und was verbreitete Vorurteile und Missverständnisse sein können, wenn man von „Gentests“ und deren Anwendung in der Zucht spricht.

Seit Teil I sind gut 2 Jahre vergangen und zwischenzeitlich hat sich viel getan, bezogen auf die Analysen selbst, auf die Stimmung innerhalb der Züchterszene, aber auch im kleinen Rahmen meiner eigenen Zuchtstätte. Der C-Wurf, der bereits Jahre im Vorfeld und unabhängig von Genanalysen geplant war, ist nun bald 4 Monate alt und der erste Whippetwurf (und bisher auch der einzige Wurf generell, den ich finden konnte), der vollständig bei MyDogDNA analysiert wurde und dessen Analysen öffentlich zugänglich sind. Welche spannenden und erfreulichen Ergebnisse die Untersuchungen brachten, werde ich aber in einem anderen Beitrag detailliert darstellen. Die Absichten, die ich mit dieser Wurfplanung verfolgt habe, konnten jedenfalls nachweislich sehr gut erfüllt werden.

Ursprünglich dachte ich, drei Teile zum Thema würden ausreichen – aber die Reaktionen auf Teil I und andere Beiträge wie die Erklärung zum Breeder Tool und Genetic Health Index haben gezeigt, dass es noch sehr viel Erklärungsbedarf gibt. Und weil ich diese genetischen Profile so sinnvoll finde und für zukunftsweisend halte, mache ich mir erneut die Mühe, und entspinne für manche hoffentlich Stück für Stück ein bisschen von diesem Wirrwarr. Das Thema ist jedoch so breit gefächert und umfangreich, dass auch diesmal nur Häppchen serviert werden können.
Wer bereits nach den ersten Zeilen gar nichts versteht, dem sei die Einführung noch einmal dringend ans Herz gelegt.

Ich verwende als Beispiel die Analyse MyDogDNA von Genoscoper aus Finnland, da ich sie mit meinen Hunden durchgeführt habe und es einige Whippets in der öffentlichen Datenbank gibt, die ich als Beispiele nutzen darf. Auch Embark in den USA oder Feragen in Österreich bieten ähnliche DNA-Analysen an, jedoch unterscheiden sie sich in Details, deren Vor- und Nachteile jeder selbst für sich abwägen muss. Unter anderem hätte ich eben nicht die Möglichkeit, Profile einzelner Hunde für jeden zugänglich zu machen und zu erklären. Aber weder bekomme ich für Erwähnungen hier Rabatte, noch werde ich anderweitig gesponsert. Leider 😉
Ich möchte mit diesem Artikel also keinem einen direkten Vorzug geben, wer sich für DNA-Analysen interessiert, muss sich bitte bei den entsprechenden Anbietern schlau machen und das für ihn ideale Angebot auswählen.
Zugegeben, sich unter all den Angeboten zurechtzufinden, ist für Laien nicht ganz einfach. Es tut sich ja viel auf dem Markt, es ist fast eine Art Wettrüsten, und wir sind noch lange nicht am Ende der Möglichkeiten.
Tatsächlich gelang es durch das Engagement einiger Privatpersonen, in den vergangenen ein bis zwei Jahren alleine in Deutschland mehrere hundert Windhunde über MyDogDNA zu testen und deren öffentlich bereitgestellte Daten für populationsgenetische und andere Analysen zu nutzen (siehe die Zuchtberichte zum Whippet und auch zum Greyhound, aber auch intern für bspw. Rassemeetings des DWZRV).
War Lori noch die erste Whippethündin in Österreich, die dort getestet wurde, und ergab die Suche nach Deckrüden im Breeder Tool gerade ein gutes Dutzend Treffer, sind es nun (Stand heute) 81  Rüden. 96 Hündinnen sind als Zuchthündinnen eingetragen. Tendenz stark steigend.
Selbst in Zuchtverbänden wie dem DWZRV oder dem WWCS bekommt die Analyse MyDogDNA langsam Raum und man kann Rabatte nutzen oder einen Link zum Profil des Hundes in der Deckrüdenliste eintragen lassen.

Selbstverständlich ruft das auch Gegenstimmen unter Windhundzüchtern auf den Plan und im vergangenen Jahr sorgte auch ein Artikel im renommierten „Nature“ für Aufregung. Ich habe dazu bereits im Juli 2018 etwas geschrieben, möchte aber erneut darauf hinweisen, da er von Kritikern noch immer unreflektiert genutzt wird.
Der Titel des Artikels „Pet genomics medicine runs wild“ (in etwa zu übersetzen mit „Genomische Tiermedizin außer Rand und Band“) bezieht sich auf die tatsächlich wie Pilze aus dem Boden schießenden Angebote sogenannter „direct-to-consumer (DTC) companies“, die Gentests direkt an Hunde- und neuerdings auch Katzenbesitzer verkaufen.
Diese Kritik ist sehr wichtig und „The Greyhound Show“ hat dankenswerterweise kurz zusammengefasst, was das Problem an der aktuellen Situation ist bzw. wie bereits daran gearbeitet wird, um sie zu verbessern. Beispielsweise mit der „Initiative zur Harmonisierung von Genstests für Hunde“ (HGTD)
Wir selbst als Züchter können nur indirekt zu einer sinnvollen Lösung beitragen, indem wir Labore unterstützen, die gemeinsam (!) an der Qualitätssicherung dieser Tests arbeiten. Eines dieser Labore ist Genoscoper, Anbieter der von uns genutzten Analyse MyDogDNA.
Was aber auch getan werden kann bzw. getan wird, so lange die Forderung nach speziell ausgebildeten Beratern noch nicht umgesetzt wurde, ist selbst beratend tätig zu sein und nicht Zweifel und Missgunst zu schüren.
Hinter „The Greyhound Show“ stehen Menschen, die mit ihrer Expertise auf diesem Gebiet (forschend und lehrend z.B. am Lehrstuhl für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie der LMU München) kompetent genug sind, um Fragen zu beantworten. Sie bieten u.a. die neue Züchterschulung des DWZRV an, ermöglichen Rabattaktionen durch Sammelbestellungen und beraten auch darüber hinaus unermüdlich Interessierte. Für Züchter und Deckrüdenhalter oder einfach nur interessierte Menschen, die ihre Hunde testen lassen, wurde die geheime Facebook-Gruppe „Windhunde bei MyDogDNA“ eingerichtet, in der Ergebnisse, Studien und offene Fragen besprochen werden können – in einem geschützten Rahmen, denn es sind nur Mitglieder erlaubt, deren Hunde nachweislich getestet wurden.
Natürlich sind auch Beiträge wie dieser hier wichtig und selbstverständlich stehe ich besonders für Whippetleute (und zunehmend für Silken Windsprites) immer ausführlich Rede und Antwort. Genoscoper selbst ist sehr hilfsbereit und versorgt jeden Interessierten zuverlässig und schnell mit wissenschaftlichen Publikationen und Informationen, man muss also keine Scheu haben, schließlich ist man dort (potentieller) Kunde.
Aber auch wenn Geld keine Rolle spielt, sollte Hilfe selbstverständlich sein. Angeblich ist Hundezucht ja ein Hobby, und da muss es doch möglich sein, dass man sich gegenseitig unterstützt. Wer allerdings nicht fragt, der wird auch keine Unterstützung bekommen, und dann liest man doch immer wieder die merkwürdigsten Dinge über diese Tests oder über Testergebnisse…
Wir stehen jedenfalls am Beginn einer interessanten und hilfreichen Entwicklung und nur zuzuschauen, oder gar einfach weiterzuwurschteln wie bisher, ist für viele Rassen ein Weg in die Perspektivlosigkeit.
Zu diesem Schluss kommen ja auch die Autoren des Artikels, die dabei nicht nur Tiere im Fokus haben (Übersetzung von mir): „Richtig durchgeführt, kann die Anwendung genetischer Tests bei Haustieren ein wirksamer Weg sein, Menschen besser mit den Möglichkeiten der Behandlung genetischer Erkrankungen vertraut zu machen. Falsch durchgeführt, könnte es das Vertrauen einer zunehmend wissenschaftsskeptischen Öffentlichkeit in die Wissenschaft untergraben.“

Was testen wir also? Oder besser, was testen wir nicht? Und was macht man mit den Ergebnissen?

Vielleicht ist es gut, kurz ein paar Worte zur Analyse an sich zu verlieren:

Mit Profil, Panel, Analyse, Test meine ich das:
Die Analyse von ausgewählten SNPs und von bekannten Mutationen, sei es im Bezug auf Farbe, Morphologie oder mit Erkrankungen verbundenen Mutationen.

SNP, was ist das nun wieder?

SNP steht für Single Nucleotide Polymorphism (oder Einzelnukleotid Polymorphismus), wir nutzen im Sprachgebrauch einfach „Snips“, denn mit dem gesprochenen S N P im Wortfluss bricht sich eines Tages noch jemand die Zunge.
Im Text wird auch der Begriff Marker verwendet, was hier SNPs meint.

Ein Nukleotid ist also eine Struktureinheit der DNS (Desoxyribonukleinsäure, heute eigentlich nur mehr in englischer Form als DNA für acid = Säure bezeichnet) und besteht aus einem Zucker (eben der Desoxyribose), den vier Nukleinbasen A(denin), G(uanin), C(ytosin), T(hymin) und Phosphorsäure.
Diese Basen paaren sich immer miteinander – G paart sich mit C, A mit T – so entsteht die allseits bekannte Doppelhelix der DNA.

Ändert sich eine Base, ändert sich damit auch ihr Gegenpart.
Die Entdeckung dieser Struktur 1953 war, wie man sieht, bahnbrechend für die genetische Forschung und wurde damals übrigens ebenfalls im erwähnten „Nature“ publiziert, auf ganzen zwei Seiten 😉

Gene, bestimmte Abschnitte auf der DNA, codieren jedenfalls bekanntermaßen für Proteine, die den Körper formen und am Leben erhalten (s. Teil I).
Mit einer Änderung von Basenpaaren ändern sich womöglich Funktionen – oder eben auch gar nichts. Das hängt unter anderem davon ab, in welchem Bereich des Genoms Veränderungen stattfinden. SNPs innerhalb codierender Regionen können dazu führen, dass die gebildeten Proteine ein wenig anders aussehen und anders funktionieren, als bei anderen Lebewesen. Wir erinnern uns wieder, dass das ein Vorteil sein kann, aber auch ein Nachteil. Beim Menschen werden bestimmte SNPs mit einem erhöhten Risiko für entzündliche Darmerkrankungen, Diabetes Typ 1, Psoriasis oder andere Erkrankungen mit autoimmunem Hintergrund in Zusammenhang gebracht. Diese Formulierung ist besonders wichtig auch für Züchter, denn es gibt einen Unterschied zwischen einem erhöhten Risiko aufgrund genetischer Disposition und einer Mutation, die immer zu einer Erkrankung führt. Worauf wir Züchter unsere Hunde testen, sind meist solche monogenen (also nur durch ein Gen ausgelöste) Erkrankungen oder Eigenschaften, wie Farben, Felllänge und Struktur etc. Es gibt aber auch Erkrankungen wie Typen der PRA (Progressive Retinaatrophie) oder Cystinurie, bei denen erst die Analyse mehrerer beteiligter Gene/Mutationen Aufschluss bringt. Bei der PRA sind es aktuell über 20 bekannte Mutationen und beteiligte Gene.
Die Stärke der Ausprägung resp. die Schwere der Erkrankung hängt bei manchen Mutationen aber auch wieder von Begleitfaktoren ab, wie wir später am Beispiel des Faktor VII-Mangels sehen werden.

SNPs zeigen aber erst mal nur Variationen in einzelnen Basenpaaren und damit Unterschiede im Genom an, einzelne Nukleotide sind polymorph, also vielgestaltig.

Und diese Unterschiede sind für uns interessant.

Mit der Analyse MyDogDNA werden nicht nur eine ganze Reihe bekannter und problematischer Punktmutationen (an einer Nukleinbase), Indels (also Insertionen = Veränderungen durch zusätzliche Nukleotide oder Sequenzen und Deletionen = Löschung von Sequenzen, s. Teil I), Kopplungsmarker und andere Veränderungen der DNA untersucht, sondern auch über 20.000 standardisierte SNPs.
Besonderes Augenmerk wurde auch auf die DLA-Region, die für das Immunsystem zuständig ist, gelegt. Dazu und zum Rest aber in einem anderen Beitrag mehr.

Aus der Analyse der SNPs lassen sich Aussagen zum Inzuchtniveau/genomischen Inzuchtkoeffizient, zur genomweiten Diversität, zur Diversität innerhalb der Rasse und im Vergleich mit anderen Rassen und zur Verwandtschaften innerhalb der Rasse und zu anderen Rassen treffen.
Denn jede Rasse, die ja eine Subpopulation innerhalb der Haushunde darstellt, hat ihre eigenen populations- bzw. eben rassespezifischen Haplotypen, damit also Gruppen von Individuen, die die selbe Nukleotidsequenz auf einem Chromosom haben.
Ein Knackpunkt. Züchterisch wie allgemein für die Rassen.

Aus dem letzten Absatz ergibt sich auch, wie diese Analysen Einkreuzungen aufzeigen können, und zwar natürlich weit besser, als das der von vielen verspottete MARS-Test zur Rassereinheit mit nur 321 getesteten SNPs konnte. Im Vergleich noch einmal die Erinnerung: MyDogDNA testet aktuell über 20.000 SNPs.

Man könnte nun sagen, und das ist eine beliebte Kritik, 20.000 SNPs sind noch immer nicht genau genug, da muss schon eine komplette Sequenzierung des Genoms her! Oder, zumindest wie beim Menschen, irgendwas in der Größenordnung mehrerer 100.000 bis zu 1 Mio. SNPs.
Das ist jedoch nicht nötig, wie in diesem Artikel „Der Hund als Modell für den Humangenetiker“ ausführlich dargestellt wird. Ein kurzes Zitat:

Für einfach mendelnde Merkmale braucht man nur 10 bis 20 Hunde und einen Chip mit etwa 15.000 bis 30.000 SNPs, um das Merkmal völlig zweifelsfrei im Genom zu kartieren. Mit diesem ersten Schritt ist das Merkmal relativ grob im Genom des Hundes zugeordnet. Für eine exakte Feinkartierung untersucht man in einem zweiten Schritt Tiere von anderen Hunderassen, die zufällig auch dieses Merkmal zeigen. Das klingt zunächst überraschend, weil man glaubt, diese Mutation kommt nur bei der spezifischen Hunderasse vor. Aber dazu muss man wissen, dass nicht Neumutationen zu den heutigen Rassen geführt haben, sondern dass die selektive Züchtung von in der Spezies Hund bereits vorhandenen Varianten zur einheitlichen Rasse führte. Die sehr verschiedenen Hunderassen spiegeln die natürliche Variation in der Ausgangspopulation der Hunde wieder.

Forschung am Hund unterstützt nebenbei bemerkt die Forschung am Menschen und hilft damit tatsächlich nicht nur Hundezüchtern.
Aus den Daten, die wir über MyDogDNA zur Verfügung stellen, werden laufend wissenschaftliche Arbeiten erstellt, die peer-reviewed in Zeitschriften publiziert werden. Auf dem Blog von Genoscoper kann man die Veröffentlichungen und die Arbeiten an Projekten verfolgen.

Ein weiterer Kritikpunkt richtet sich gegen die Tests auf Defekte an sich, besser gesagt, auf die Zuchtplanung anhand von Gesundheitsergebnissen.
Jetzt mag man erst mal meinen, dass das an sich ja nicht schlecht wäre, Zucht nach Gesundheitsergebnissen.
Jein.
Zwar sind viele der bekannten Erkrankungen auf monogene, rezessive Defekte zurückzuführen (s.o.), die Genetikerin Carol Beuchart (Institute of Canine Biology) spricht sogar von etwa 70 bis 80% der Erkrankungen. Der Rest allerdings nicht – und vor allem kennen wir bisher nur einen Bruchteil davon.
Je mehr wir aufgrund von Gentests selektieren und womöglich symptomfreie Träger aus der Zucht ausschließen, desto schwieriger wird es, gesunde Hunde zu züchten. Denn diese Hunde tragen ja nicht nur dieses eine schadhafte Allel, sondern jede Menge wertvoller Gene, die damit verloren gehen.
Natürlich muss man überlegen, womit man es zu tun hat. Handelt es sich um eine Erkrankung wie die beim Whippet neu mit MyDogDNA entdeckte Bluterkrankheit Faktor VII-Mangel, die offenbar nur sehr milde Symptome auslöst und einen sehr geringen Krankheitswert hat, dazu auch nur von ganz wenigen Hunden getragen wird, oder hat man es mit etwas Ernsthaftem zu tun, wie bspw. der Greyhound Neuropathie (siehe Wie aus dem Nichts? Was wir aus Gendefekten lernen könnten)?
Als die Myostatin-Mutation, die für sogenannte „Bully-Whippets“ sorgte (siehe Myostatin-Mutation beim Whippet), vor einigen Jahren aufkam und ein Gentest dafür etabliert wurde, brach unter Whippetleuten ja teilweise rechte Panik aus. Blitzartig wurden Bestimmungen erlassen, alle Hunde in der Zucht und im Sport zu testen, um Träger auszuschließen. Gefunden hat man nur eine Handvoll Hunde (umgangssprachlich, genaue Zahlen sind zumindest mir nicht bekannt), der Verlust für die Rasse hielt sich also in Grenzen. Wirklich gut nachgedacht wurde aber eher nicht.

Der einzige Weg, weg von immer mehr Defekten zu kommen, ist die Zucht auf genetische Diversität.
Rein rechnerisch ist die Sache nämlich recht einfach: Einen großen Anteil der rezessiven, krankmachenden Mutationen kenne ich aktuell noch nicht, kann also nicht darauf testen. Sehen kann ich sie am Träger auch nicht. Züchte ich mit eng verwandten Hunden, bspw. mit einem COI von 25%, erben die Welpen mit einer Wahrscheinlichkeit von 25% zwei identische Kopien eines Allels, sind also homozygot in diesem Bereich. Sind es zufällig Allele, die geschädigt sind, bleibt dem Hund keine „gesunde“ Kopie mehr und eine Erkrankung prägt sich aus.
Gentests schützen also nur bedingt davor, kranke Hunde zu züchten, dennoch sollten sie auf jeden Fall durchgeführt werden, wenn sie rassespezifisch sind. Dazu gibt es auch einen aktuellen Beitrag: Fast 20 Jahre DNA-Tests – was können wir daraus lernen?

Ähnlich wie bei der Problematik um das unübersichtliche Angebot von Genanalysen muss man auch hier sagen, dass sich sehr viele Artikel von Wissenschaftlern und Laien genau auf dieses Thema richten, dass nämlich Tests auf monogene Defekte alleine keine Heilsbringer sind. Wer sich auch nur oberflächlich damit auseinandersetzt oder auseinandersetzen will und nicht mit Scheuklappen an das Thema herangeht, weiß das.

Der dritte große Kritikpunkt wäre die Validität: Sind Tests auf monogene Defekte überhaupt zuverlässig, wie ist es um die Qualität der Tests und der Wissenschaft dahinter bestellt?

Die meisten Defekte, die MyDogDNA testet (es sind aktuell über 150), sind nicht rassespezifisch. Rassespezifisch und nur beim Whippet vorkommend ist aktuell die erwähnte Myostatin-Mutation. Zu PFKD gibt es meines Wissens nur eine Fallstudie mit zwei Brüdern, gelistet wird sie von sämtlichen Laboren jedoch als rassespezifische Erkrankung.
Dennoch laufen alle Mutationen bei den Analysen mit, ganz egal, um welche Rasse oder welchen Rassemix es sich handelt, und das ist gut. Denn so hat man eben bspw. die Bluterkrankheit Faktor VII-Mangel beim Whippet durch eine MyDogDNA-Analyse neu entdeckt. Hunde, die zwei defekte Allele tragen, zeigen Blutgerinnungsstörungen und damit starke Blutungen nach Operationen oder schweren Verletzungen.
Diese Mutation kennt man von anderen Rassen und geht aktuell davon aus, dass es sich um eine recht alte Mutation handelt, die daher in vielen Rassen vertreten sein wird. Nun weiß man, der Whippet trägt sie auch, und er war bei weitem nicht die einzige Rasse, bei der es zur „Neuentdeckung“ durch MyDogDNA kam. Und Faktor VII-Mangel ist auch nicht die einzige Mutation, siehe die Arbeit „Genetic Panel Screening of Nearly 100 Mutations Reveals New Insights into the Breed Distribution of Risk Variants for Canine Hereditary Disorders„, die aus der Auswertung von Probennahmen zwischen 2013 und 2015 erfolgte. Der Whippet war da noch gar nicht dabei.
Interessanterweise scheint es so zu sein, dass der Effekt der Mutation beim Whippet tendenziell gering ist, während er bei anderen Rassen oft zu deutlich ausgeprägteren Symptomen führt. Wie ausgeprägt die Symptome im Einzelfall sind, lässt sich jedoch nicht vorhersagen und hängt vom Individuum selbst ab. Ob die Neigung zu postoperativen Blutungen bei Whippets auch daher rühren kann? Es würde eine Analyse erfordern.
Der Faktor VII-Mangel ist demnach ein Beispiel für eine Mutation, die von weiteren Faktoren beeinflusst wird, und nicht nur von dieser einzelnen Mutation.

Andere Mutationen, wie bspw. der als Medikamentenunverträglichkeit bekannte Defekt des MDR1-Gens (siehe MDR1-Defekt beim Windhund? Nein!), sind mutmaßlich noch älter und finden sich ebenfalls bei zahlreichen Rassen bzw. ganzen Rassegruppen. Gleiches gilt für die CEA, die Collie Eye Anomalie, deren Namen auf die betroffene Rassegruppe hinweist. Sie legen oftmals Zeugnis davon ab, dass bestimmte Rassen bei der Entstehungsgeschichte einer jüngeren Rasse beteiligt waren.
Bei MDR1 ist das im Bezug auf den Windhund konkret beim Silken Windsprite (ehemals Langhaarwhippet) der Fall, dessen Entstehungsgeschichte ja anders ablief, als vom Gründer der Rasse und seinen Anhängern behauptet. Diese Rasse ist nämlich keine langhaarige, aber dennoch reinrassige Varietät des Whippets, sondern entstand aus Whippets, die den Defekt nicht tragen, und Shelties, die diesen Defekt sehr häufig tragen. Vor der Möglichkeit, Hundegenome ganz einfach und kostengünstig analysieren zu lassen, war das Vorhandensein des MDR1-Defekts in der Population der indirekte Nachweis. Heute braucht man sich darüber gar nicht mehr zu streiten, die Analysen sind eindeutig und zeigen die (nur mehr weitläufige, aber dennoch vorhandene) Verwandtschaft zum Sheltie und Barsoi, und Probleme haben damit nur mehr ewig Gestrige.
Zu sehen sind im Vergleich auch hier wieder die Hunde (blaue Punkte sind Silken Windsprites), die sich auf halbem Wege zum Whippet (pink) befinden – es sind Hunde, die aus Einkreuzungen von Whippets zur Erhöhung der genetischen Diversität beim Silken Windsprite hervorgegangen sind. Interessant ist auch die Tabelle, wer sich genauer damit auseinandersetzen will, der kann das direkt unter diesem Link.

Wer sich konkret dafür interessiert, auf welcher Basis die Untersuchungen zu einzelnen Mutationen (Krankheiten, Medikamentenunverträglichkeiten) durchgeführt werden, welche Marker untersucht werden usw., wird in der öffentlichen Datenbank von MyDogDNA schnell fündig. Unter jeder Mutation findet sich ein Link zu einer pdf-Datei, in der das Merkmal in seinen Eigenschaften kurz beschrieben wird, betroffene Rassen genannt werden und es Verweise zu den herangezogenen Studien gibt.

Beispiele sind:
PFKD, beim Whippet in zwei Fällen beschrieben, aber dennoch rassespezifisch:
https://www.mydogdna.com/crm/disorders/128_PFKM_3breeds/en/128_PFKM_3breeds.pdf

Myostatin-Mutation aka Bully Whippet Syndrom, bisher exklusiv bei der Rasse Whippet aufgetreten:
https://www.mydogdna.com/crm/disorders/129_MSTN_new/en/129_MSTN_new.pdf

Faktor VII-Mangel:
https://www.mydogdna.com/crm/disorders/163_cFVII/en/163_cFVII.pdf

Wird, wie oben erwähnt, eine Mutation neu in einer Rasse entdeckt, kommt sie auf die „Watchlist“ und es werden tiefergehende Analysen vorgenommen. Daraus entstehen dann auch Arbeiten wie die weiter oben verlinkte, die ebenfalls wieder veröffentlicht werden. Für die Rasse selbst werden sie als „new potential disorders in the breed“, also potentiell neue rassespezifische Erkrankungen geführt. Stellt es sich heraus, dass die Mutation in der Rasse tatsächlich vorkommt und nicht auf kürzlich vorgenommene Einkreuzungen zurückzuführen ist, wird sie irgendwann den Status der „known disorders in the breed“, also bekannte Erkrankungen geführt.

Es wird außerdem ausgewiesen, und das gilt ebenfalls für die unter „Traits“ angeführten Farben, Felllänge, Größe etc., wie viele untersuchte Hunde der Rasse und allgemein in der Datenbank diese Mutation aufweisen. 2018 wurde auch die Arbeit „Frequency and distribution of 152 genetic disease variants in over 100,000 mixed breed and purebred dogs“ veröffentlicht, die auf die US-amerikanische Version MyBreedData zurückgreift.
Für den Dilute-Faktor, der zur Farbverdünnung und damit zu „blauen“ Whippets in allen Spielarten führt, liest man bspw.:

Der allerdings wirklich wichtige Aspekt bei der Analyse ist, und das möchte ich wieder einmal betonen, die ermittelte genetische Diversität und das Breeder Tool, das die analysierten Daten der Hunde miteinander abgleicht. Das ist etwas, was wir ohne DNA-Analysen nicht tun können und es zeigt sich immer wieder, und auch bei meinem C-Wurf, dass die mathematische Theorie hinter Inzuchtkoeffizient und Ahneverlust eben nur Anhaltspunkte liefert, aber nicht die Realität abbilden kann. Die Unterschiede zwischen Geschwistern sind teilweise erstaunlich und faszinierend sind die Vergleichsmöglichkeiten.
Siehe dazu auch noch einmal den Beitrag MyDogDNA, das Breeder Tool und der Genetic Health Index.

In Summe bieten sich also eine Fülle an Möglichkeiten, die gar nicht auf einen Schlag zu überblicken sind, und es gibt genauso zahlreiche Möglichkeiten, sich zu informieren und sich Hilfe zu holen, wenn es Fragen oder Verständnisprobleme gibt.
Ich finde, dass eine gute Portion Skepsis eine sehr wertvolle Eigenschaft darstellt und die sollte man sich immer behalten. Einfach neue Möglichkeiten in der Hundezucht ungenutzt an einem vorbeiziehen zu lassen, ist dagegen keine gute Idee. Vielleicht hat dieser Beitrag für manche ein wenig Hilfe bereitgestellt oder auch die Neugier geweckt, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich auf einen neuen Weg zu machen. Aufhalten kann man diese Entwicklung zumindest nicht mehr 🙂

Gesundheitsinformationen aus The Breed Archive

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Die Breed Archives machten in den vergangenen Jahren eine sehr gute Entwicklung durch und dienen mittlerweile nicht mehr nur Whippetzüchtern als Hilfe bei der Wurfplanung und Zucht. Immer wieder werden neue Features implementiert, und einige betreffen auch die Gesundheit. Man muss also Gesundheitsinfos zu seinen Hunden und Welpen nicht mehr unbedingt auf der Homepage veröffentlichen, sondern kann sie mit wenigen Klicks der ganzen Welt zugänglich machen. Ausgesprochen sinnvoll und wertvoll, wenngleich die Nutzung momentan noch nicht so verbreitet ist, wie ich es mir wünschen würde. Aber das hat auch immer mit der Angst zu tun, womöglich für etwas stigmatisiert zu werden, was in Wahrheit alle Züchter etwas angeht. Ganz banal wäre hier der Hodenhochstand zu nennen, sehr verbreitet beim Whippet und, wie häufig bei erblichen Anomalien, möglicherweise mit erwünschten Merkmalen assoziiert – aber eben noch immer kein Thema, mit dem offen umgegangen wird.
Wie auch immer, vergangene Woche kontaktierte mich eine Interessentin, und da ich gerade auf dem Weg aus der Türe war, konnte ich ihr auf ihre beiden sehr klugen Fragen nur den Verweis auf meine Homepage geben. Die erste Frage lautete sinnvollerweise, ob ich denn Whippets züchten würde 😉 Und die zweite, da bereits Whippeterfahrung vorhanden war und der erste Whippet leider verstorben war, wie es mit der Gesundheit aussähe.
Wow, eine Frage, die ausgesprochen selten gestellt wird!
Oft herrscht ja die Annahme vor, Züchter würden strengen Kontrollen unterliegen und man dürfe ohnehin nur mit „erbgesunden“ Hunden züchten.
Nein, dem ist nicht so.
Beim Whippet ist in der Regel keine Gesundheitsuntersuchung vorgeschrieben, das bleibt dem Züchter überlassen. Und „erbgesund“ kann kein Hund sein, jedes Lebewesen trägt genetische Defekte mit sich, wann und wie sie ausgeprägt werden, lässt sich züchterisch nur in einem gewissen Rahmen steuern. Empfehlungen gäbe es z.B. wie hier erwähnt, Stichwort genetische Diversität.

Wie kann ich jetzt aber das Whippet Breed Archive nutzen, um mir als Interessent oder Züchter einen Überblick zu verschaffen?

Als Beispiel sei hier meine nächste Wurfplanung genutzt.
Link zum Testmating/Pedigree Enzo x Lori, der Einfachheit halber auf 3 Generationen beschränkt

 

Klickt man nun auf die blau unterlegten Namen, kommt man zum Profil des jeweiligen Hundes. Hier gibt es entweder die Möglichkeit, direkt zum Hund gehörend die Gesundheitsinfos durchzugehen, oder aber auf Gesundheitsanalyse zu klicken.

 

Diese Gesundheitsanalyse zeigt zusätzlich die Informationen der Eltern an, und wenn man auf dieser Seite weiter nach unten scrollt, werden hier auch die Informationen von Geschwistern und Halbgeschwistern angezeigt. Das alles natürlich nur, wenn möglichst viel eingetragen wurde. Diese Eintragungen kann übrigens jeder vornehmen, der einen Account besitzt, also jeder neue Besitzer und jeder Züchter. Es wird natürlich in einem Logbuch ersichtlich, wer wann welche Änderungen vorgenommen hat, so können auch Falschmeldungen zugeordnet werden. Manche Hunde sind auch gesperrt, an ihnen dürfen nur bestimmte Personen Änderungen vornehmen.

 

That’s it!
Ganz simpel und für jeden nachvollziehbar. Wenn für eine Verpaarung keine Informationen vorliegen, heißt das nicht, dass es keine gibt. Dann hilft vielleicht ein Blick auf die Homepage des Züchters weiter. Bei mir stehen die Ergebnisse der Untersuchungen z.B. auf den Erfolgsseiten der jeweiligen Hunde bzw. der Würfe.
A-Wurf (Enzos Geschwister)
C-Wurf (Loris erster Wurf)

Man findet dort unter „Informationen zu Würfen“ auch Infos wie diese:
„Informationen zur Zuchtstätte

Die Zuchtstätte “de Lobito Azul” steht vor allem für gesunde, langlebige und sportliche Whippets, alle Zuchthunde und nach Möglichkeit deren Nachkommen werden umfassenden genetischen Untersuchungen sowie Herz- und Augenuntersuchungen bei zertifizierten Spezialisten unterzogen.
Diese Untersuchungen erfolgen freiwillig, die Gesundheitsergebnisse meiner Hunde und deren Nachkommen werden auf den jeweiligen Erfolgsseiten und im Breed Archive veröffentlicht und sind jedem zugänglich. (…)
Da mir die Gesundheit der Rasse Whippet sehr am Herzen liegt, enthält das Welpenpaket seit dem C-Wurf auch einen Gutschein für eine Gesundheitsuntersuchung (einzulösen auf Herz- und Augenuntersuchungen oder eine genomweite DNA-Analyse).“

Wenn man aber gar nicht fündig wird, hilft letztlich eh nur mehr die Kontaktaufnahme und die Frage: „Wie schaut’s denn mit der Gesundheit aus?“


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